Frank Thelen

Leben, um zu wagen

Investor Frank Thelen, bekannt aus „Die Höhle der Löwen“, setzt auf eine technologische Revolution. Damit tut er es einem seiner großen Vorbilder gleich.

Leben, um zu wagen

Von Jan Schrader

 

Es klingt so leicht: „Wir wollen in vier bis acht Jahren das Geld verdreifachen“, sagt Investor Frank Thelen über seinen Fonds. Denn als Investor, so führt er im Interview im Youtube-Kanal „Mission Money“ aus, hätten er und sein Investorenkreis schon enorm hohe Renditen erzielt und auch ein kleiner Teil der Venture-Capital-Fonds gelinge das immer wieder. Jetzt soll der Aktienfonds 10xDNA die Chancen disruptiver Technologien erkennen und durch frühzeitige Investitionen profitieren.

Unternehmertum ist natürlich alles andere als leicht. Als junger Erwachsener fuhr Thelen mit einem Partner ein Unternehmen vor die Wand. Die Firma Twisd, die eine kleine Box anbot, die lokale Netzwerke mit dem Internet verband, sammelte um die Jahrtausendwende zunächst Geld ein, ehe mit Kollaps des Neuen Marktes keine Investoren mehr bereitstanden. Hochverschuldet zog der damalige Mitzwanziger wieder bei seinen Eltern ein. Doch er bejaht das Wagnis. „Wir brauchen auch Leute, die scheitern“, sagt er im Gespräch mit rendite. Jahre später führte er über Umwege die Firma Scanbot zum Erfolg, die eine Lösung für Datenerfassung für Smartphone-Apps anbietet. Zudem gründete er gemeinsam mit Partnern die Freigeist Capital, die in junge Technologiefirmen investiert.

Fasziniert blickt Thelen auf technologische Veränderungen, zeigt sich fest von einem tiefgreifenden Wandel überzeugt. „In den nächsten zehn Jahren wird sich unsere Welt umfangreicher und tiefgreifender verändern als in den letzten 100 Jahren“, lautet die Investmentthese des Fonds. Thelen verweist auf allerhand junger Technologien, die – so sagt er – ihren Durchbruch vermutlich noch vor sich haben: Blockchain, synthetische Biologie, 3D-Druck, künstliche Intelligenz, Roboter und so weiter und so fort. „Ich mache Technologie. Ich lebe Technologie.“ Der Fonds ist ein Wagnis und eine Lebensphilosophie.

Als junger Unternehmer, angesteckt von der damaligen Dotcom-Euphorie, sei er wie auch seine Partner vom „grenzenlosen Optimismus“ geprägt gewesen, „leider aber auch mit einer Prise Übermut und Überheblichkeit“, wie er in seiner Biografie schreibt. Als Juror in der Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“ wurde er berühmt, war verdutzt über etliche Anfragen für ein gemeinsames Foto von fremden Menschen – und will heute, so macht er deutlich, Überheblichkeit vermeiden. Eine normale Ansprache auf Augenhöhe ohne überzogenen Respekt vor Autoritäten sei ihm wichtig. Thelen duzt sämtliche Gesprächspartner, um den Anschein von Distanz zu vermeiden. Das Medieninteresse habe sich merkwürdig angefühlt, sagt er.

 

Fan von Elon Musk

 

Der in Bonn verwurzelte Investor hat ein Vorbild: den Milliardär und Tesla-Gründer Elon Musk. „Ja, ich bin ein Elon & Tesla Fan!“, schrieb er schon 2019. Im Fonds ist Tesla stark gewichtet. Der Elektroautohersteller sei führend in der Batterietechnik und habe die Technologie für ein automatisches Fahren bereits weit entwickelt und mit einem Straßendatensatz und leistungsstarken Computerchips unterfüttert, wie Thelens heutige Fondsgesellschaft 10xDNA Capital Partners ausführt. Doch der mehr als 1 Bill. Dollar schwere Börsenwert spaltet die Investorenschar. Vielen ist das aberwitzig hohe Kursgewinnverhältnis von geschätzt mehr als 250 bezogen auf das laufende Jahr und die auf Musk zugeschnittene Firmenkultur suspekt. Thelen hält nicht viel davon, der Tesla-Aktie eine Bewertungsblase zu unterstellen. Das Unternehmen sei gemäß klassischer Kennzahlen hoch bewertet, aber das Potenzial spiegele sich hier nicht wider. „Überbewertet? Das ist ein schwieriger Begriff.“ Auch der US-Datenspezialist Palantir, die Kryptohandelsplattform Coinbase und der chinesische Internetriese Tencent haben im Fonds Gewicht.

All diese Unternehmen faszinieren ihn mehr als Kräuter, Suppen und Pizza, wie Thelen sagt und damit auf „Die Höhle der Löwen“ anspielt. In der Show nahm Thelen neben Persönlichkeiten wie dem langjährigen Finanzvertriebsunternehmer Carsten Maschmeyer, dem Öger-Tours-Gründer Vural Öger und der Sängerin und Mode- und Schmuckunternehmerin Judith Williams auf dem Sessel Platz. Sie bewerteten die Ideen zahlreicher Gründerinnen und Gründer. Von den anderen Juroren habe er viel gelernt und die Geschäftsideen der Bewerber als Geldgeber aufmerksam studiert, sagt er. Da es stets um ein echtes Investment gegangen sei, habe er sich sehr auf die Fragen konzentriert. Doch die dort präsentierten Geschäftsmodelle bezögen sich auf alltägliche Produkte, die für die meisten Menschen greifbar seien – dabei interessiere er sich mehr für umwälzende Technologien. Die von Thelen mitgegründete Investmentfirma Freigeist Capital hat nicht nur Unternehmen wie den Elektroflugzeug-Entwickler Lilium, den Robotermodul-Hersteller Robco oder die Blockchain-Plattform Neufund finanziert, sondern in Folge der Fernsehshow auch  Adressen wie die Müslimixer 3Bears, die Suppenküche Little Lunch und den Kräuterglasanbieter Ankerkraut.

Enthusiasmus für Technologie und ein überaus optimistischer Geist stecken laut Thelen auch hinter den Begriff „10xDNA“. Die eine Hälfte des Schlagworts – „10x“ steht für „zehnmal“ – hat Thelen unter anderem einer Aussage des deutschstämmigen Raketeningenieurs Wernher von Braun entliehen, der zum Mondprojekt der USA in den 1960er Jahren erklärte, die Raketen müssten noch mindestens zehnmal leistungsfähiger werden. Das ehrgeizige Projekt habe Technologien wie den Microchip befördert und eine Geisteshaltung in den USA geprägt, schreibt er. Die DNA sei wiederum eine Metapher für einen Code, der das Denken prägt. Einen Bruder im Geiste erkennt Thelen im Berliner Start-up-Investor Jan Beckers, der über die BIT Capital mit den Fondsvarianten „Global Internet Leaders“ ebenfalls in die Vermögensverwaltung eingestiegen ist. „Jan macht einen super, super Job.“

Einen super Job muss auch Thelen machen, will er sein Fondsziel erreichen. 14,7% Rendite müsste sein Fonds rechnerisch mindestens pro Jahr abwerfen, um den Wert wie versprochen in maximal acht Jahren zu verdreifachen. Zum Vergleich: Der Dax brachte es in drei Jahrzehnten bis Ende 2020 im Durchschnitt auf jährlich 7,9 % Rendite. Fondskosten kommen wie üblich noch hinzu. Kein Zweifel: Thelen liebt gewagte Wetten.

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