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Lebensversicherungen rechtzeitig verschenken

Auch nach dem neuen Gesetz lässt sich mit der Übertragung Erbschaftsteuer sparen - Höhere Freibeträge

Lebensversicherungen rechtzeitig verschenken

Von Detlef Pohl Wer seine Police noch vor Ablauf des Vertrags an seinen Ehepartner oder ein Kind verschenkt, konnte bislang kräftig Steuern gegenüber einer späteren Vererbung sparen. Die Möglichkeiten sind nun begrenzt. Was erlaubt das neue Erbschaftsteuergesetz, was nicht? Das alte Erbschaftsteuergesetz musste weichen, weil das Bundesverfassungsgericht die bisherige Bewertungspraxis für Erbe und Schenkung zerpflückt hatte (Az.: 1 BvL 10/02). Somit musste auch das Bewertungsgesetz geändert werden. Hintergrund: Um die Steuer zu ermitteln, ist bei Objekten, die nicht als Geldsumme vorliegen, die Umrechnung in einen Geldwert erforderlich. Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz bestimmt, dass sich die Bewertung nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes richtet. Die Werte der einzelnen Vermögensgegenstände werden danach auf unterschiedliche Art und Weise ermittelt. Regelfall ist der gemeine Wert, also der Verkehrswert. Spezielle BewertungDer Wert des Erbes oder einer Schenkung – beides wird gleichartig besteuert – bemisst sich also nach dem Verkehrswert. Stein des Anstoßes war, dass spezielle Bewertungsverfahren bisher dazu führten, dass zum Beispiel Häuser häufig nur mit der Hälfte ihres eigentlichen Wertes angesetzt werden, während Bargeld, an der Börse notierte Aktien und Bankguthaben zu 100 % in die Berechnung der Steuer eingehen. Diese Praxis war mit dem Urteil vom 7.11.2006 als verfassungswidrig eingestuft worden, durfte aber bis zur Neuregelung weiter angewendet werden. Nahezu punktgenau setzte der Gesetzgeber die Forderung der obersten Verfassungsrichter um, eine Neuregelung des Erbrechts spätestens bis zum 31.12.2008 zu treffen. Seit Neujahr 2009 gilt nun: Neben Immobilien sind auch Lebensversicherungen bei Erbe bzw. Schenkung schlechter gestellt worden. Der Zeitpunkt zähltBei der Übertragung einer Lebensversicherung, die noch nicht zur Auszahlung fällig ist, konnte Schenkungsteuer gespart werden, wenn der Policenwert statt mit dem Nettoinventarwert (aktueller Rückkaufswert) alternativ mit zwei Dritteln der eingezahlten Beiträge angesetzt wurde (nach altem Bewertungsgesetz). Da der Beitragswert der Police sich linear entwickelt, der Rückkaufswert aber erst zum Ende hin stark steigt, ließ sich bei längerer Laufzeit mit der Wahl des Zwei-Drittel-Wertes immer mehr Schenkungsteuer sparen. Dieses Schenkungsteuer-Sparmodell – auch Bewertungsprivileg genannt – war bislang ein wichtiger Baustein bei der Schenkungsteuer schonenden Übertragung von Unternehmer-Vermögen und anderem Großvermögen auf die nächste Generation und betraf die “oberen zehn Prozent der Bevölkerung”, schätzt Rechtsanwalt Johannes Fiala. Das Modell ist aber jetzt Geschichte. Denn nun sind nicht fällige Ansprüche bei der Schenkung oder im Erbfall stets mit dem Rückkaufswert anzusetzen (nach § 12 Abs. 4 neues Bewertungsgesetz). Den Verlust nach neuem Recht hat Christian von Oertzen, Partner in der Kanzlei Flick, Gocke & Schaumburg, beziffert: Während die Policen bis kurz vor Ablauf durchaus mit nur 20 bis 25 % des aktuellen Rückkaufswertes übertragen werden konnten, werden nun 100 % des Rückkaufswertes angesetzt. Wenn jedoch zum Zeitpunkt der Übertragung erst wenige Jahre Beitrag gezahlt worden ist und der Ablauf des Vertrages noch in weiter Ferne liegt, war und ist für den Beschenkten der Rückkaufswert attraktiv, weil wegen der zumeist anfangs vollständig fälligen Vertriebsvergütung in den ersten zehn Jahren kaum ein nennenswerter Rückkaufswert aufgebaut wird. Früher wie heute gilt: Die Police darf noch nicht fällig sein, wenn sie übertragen wird. Und: “Der Beschenkte sollte alle künftig noch zu bestreitenden Beiträge selber einzahlen”, so der Fachanwalt für Steuerrecht. Pech für den SchwiegervaterFür die einzelnen Steuerklassen ergeben sich in Abhängigkeit von der Höhe der Erbschaft bzw. Schenkung Steuersätze zwischen 7 und 50 %, wobei seit der Erbschaftsteuerreform auch innerhalb derselben Steuerklasse erhebliche Unterschiede bei den Freibeträgen gemacht werden. Deutlich höhere Steuersätze gibt es nun für Beschenkte und Erben der Steuerklassen I und II, insbesondere für Geschwister, Nichten und Neffen, Schwiegereltern sowie auch Lebenspartner. Dafür wurden die Freibeträge ebenso erhöht. Grundsätzlich gilt, je näher die Verwandtschaft, desto geringer sind die Steuersätze. Freibeträge für Schenkungen räumt der Fiskus alle zehn Jahre aufs Neue ein. Dem Ehepartner können Sie so alle zehn Jahre Werte bis zu 500 000 Euro steuerfrei schenken (siehe Tabelle).In der günstigsten Steuerklasse I bleibt nahezu alles beim Alten. Als Verlierer stehen überwiegend Erben und Beschenkte der Steuerklassen II und III da. Unterm Strich bleibt auch das selbst bewohnte Eigenheim steuerfrei – für Ehepartner in beliebiger Größe, bei Kindern allerdings nur bis zu 200 Quadratmeter Wohnfläche – und sofortiger Selbstnutzung für mindestens zehn Jahre. Regelmäßig bescherenSollte der Witwer vor Ablauf von zehn Jahren wegen erheblicher Pflegebedürftigkeit (Stufe 3) in ein Heim umziehen, muss keine Steuer nachentrichtet werden. Neben den genannten Freibeträgen gibt es für Erben weitere Freibeträge, darunter so genannte Versorgungs-Freibeträge – insbesondere für die Witwe und die Kinder. Alle Freibeträge und auch die Besteuerungsgrundlagen gelten für jede materielle Form von Erbe oder Schenkung, insbesondere aber für Geldvermögen samt geldwerter Ansprüche wie Lebensversicherungen, für Immobilien, Kunst und Antiquitäten, Mobiliar und Autos, Edelmetalle und Schmuck. Regelmäßiges Schenken kann sich also auch nach der Reform noch lohnen: Gegenüber dem Erbe auf einen Schlag wird es gerade für Vermögende deutlich günstiger. Künftig soll es auch Lebensversicherungen geben, bei denen von vornherein ohne Rückkaufswert kalkuliert wird. Diese Policen wären dann bei Erbe und Schenkung steuerfrei.