Recht und Kapitalmarkt

Management bei Firmenkäufen in der Zwickmühle

Führungsriege kommt im M & A-Prozess wesentliche Rolle zu - Kann der Käufer von Informationsvorsprung profitieren?

Management bei Firmenkäufen in der Zwickmühle

Von Meiko Zeppenfeld und Caspar Frhr. v. Schnurbein *) Hauptparteien eines Kaufvertrages sind grundsätzlich Käufer und Verkäufer. Soll allerdings ein Unternehmen gekauft werden, kommt meist noch ein weiterer Akteur hinzu: die Manager des Kaufobjekts, die das Geschehen bis zum Vertragsabschluss erheblich beeinflussen können. Dies gilt besonders dann, wenn um das Unternehmen ein Bieterkampf zwischen mehreren Kaufinteressenten entbrannt ist.Um die Sonderrolle des Managements zu verstehen, lohnt es, sich die oft widerstreitenden Interessen vor Augen zu führen. In erster Linie ist das Management den Interessen seines Unternehmens verpflichtet – auch wenn es verkauft werden soll. Und das heißt schlicht und einfach, dass der Gewinn des Unternehmens maximiert werden muss. Im Sinne des Shareholder-Value-Gedankens, der in den letzten Jahrzehnten stark an Bedeutung gewonnen hat, sind davon auch die Interessen der Gesellschafter, also der Verkäufer, betroffen. Sie wollen mit dem Verkauf ihres Unternehmens einen möglichst hohen Kaufpreis erzielen. LoyalitätskonfliktDie Praxis zeigt jedoch sehr häufig, dass sich Manager diesem Interesse nicht bis zum Schluss verpflichtet fühlen, sondern im Laufe der Vertragsverhandlungen im Geiste zu demjenigen Kaufinteressenten überlaufen, der voraussichtlich den Zuschlag erhält. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Verbleibt das Management nach Übergang des Unternehmens in der Geschäftsführung, ist es von Wohl und Wehe des Käufers abhängig. Dieser kann als neuer Gesellschafter die Manager entlassen sowie über deren Vergütung und insbesondere Boni bestimmen. Der so entstehende Loyalitätskonflikt führt besonders häufig bei Buy-outs ins Dilemma. Hier investieren die Manager zusammen mit dem erwerbenden Finanzinvestor in das von ihnen geführte Unternehmen oder treten sogar gleichzeitig selbst als Käufer auf. Die Interessen des Unternehmens und seiner Gesellschafter treten bei einer solchen Konstellation oft in den Hintergrund. MachtfülleNoch schwieriger wird es, wenn das zu verkaufende Unternehmen bereits von einem Finanzinvestor gehalten wird und im Zuge eines sogenannten Secondary Buy-out an den nächsten Private-Equity-Fonds weitergereicht werden soll. Das am Unternehmen beteiligte Management will auf der einen Seite zusammen mit dem verkaufenden Finanzinvestor seine Beteiligung an der Gesellschaft höchstbietend versilbern, auf der anderen Seite aber gemeinsam mit dem erwerbenden Finanzinvestor wieder in die Gesellschaft investieren. Bildlich gesprochen sitzen sich die Manager dann am Verhandlungstisch selbst gegenüber.Besonders brisant macht das Thema, dass dem Management zugleich eine große Machtfülle zukommt. Wegen seiner “Insiderstellung” ist es in der Regel besser über den wirklichen Wert des Unternehmens unterrichtet als die veräußerungswilligen Gesellschafter. Der Verkäufer ist daher auf das Management angewiesen, um die Informationen für die Due Diligence – die Prüfung des Unternehmens durch die potenziellen Käufer – zusammenzutragen oder einen Business-Plan für die Zukunft des Unternehmens zu erstellen.Durch gezielte Steuerung des Informationsflusses gegenüber den Kaufinteressenten hat das Management zahlreiche Möglichkeiten, im Vorfeld des Verkaufs erheblichen Einfluss auf die Vertragsverhandlungen zu nehmen und sogar eine entscheidende Rolle für das Zustandekommen des Vertrages zu spielen. Schließlich wird kein ernsthaft interessierter Bieter das Unternehmen erwerben wollen, ohne zuvor mit dem Management intensive Gespräche geführt zu haben. Führen die Verkäufer exklusive Vertragsverhandlungen mit einem potenziellen Käufer, können die Manager dem Kaufinteressenten Informationen zukommen lassen, die ihm Argumente für eine Kaufpreisminderung an die Hand geben. Gibt es – etwa in einer kontrollierten Auktion – mehrere Kaufinteressenten, hat das Management viele Möglichkeiten, seinen Favoriten nach vorne zu bringen. Das Zuspielen von Informationen an den Favoriten, mit denen dieser den Kaufpreis mindern könnte, ist in dieser Situation natürlich wenig hilfreich. Bietet der Favorit nämlich infolge dieser Informationen weniger, führt dies zu einem Sinken seiner Chancen, im Bieterverfahren zum Zuge zu kommen. Das Management kann umgekehrt aber bestimmte Informationen zum Wert des Unternehmens, zum Beispiel über einen unmittelbar bevorstehenden wichtigen Vertragsabschluss, ausschließlich seinem Favoriten zukommen lassen und ihm so die Möglichkeit geben, sachlich fundiert einen höheren Kaufpreis zu bieten. Rechtliche GrauzoneWeitere Einflussmöglichkeiten des Managements ergeben sich aus der Bewertung von Risiken im Unternehmen. Die Bieter werden bei ihrer Due Diligence häufig das Management zu Rate ziehen müssen, um die zur Verfügung gestellten Informationen im Hinblick auf Risiken besser einschätzen zu können. Kann das Management hier gegenüber seinem Favoriten das Risiko eher herunterspielen, kann es dieses gegenüber einem anderen Bieter aufbauschen. Gute Kommunikationsfähigkeiten werden in dieser Situation zu einer entscheidenden Managementqualität, die eine Kaufentscheidung und insbesondere die Kaufpreisfrage beeinflussen kann.Rechtlich bewegt sich das Management mit einem derartigen Verhalten freilich in einer Grauzone. Grundsätzlich müssen die Manager die Interessen des Unternehmens wahren, bei dem sie angestellt sind. Darüber, ob diese Treuepflicht auch die Interessen der Anteilseigner und damit der Verkäufer einschließt, schweigt sich der Gesetzgeber allerdings aus. Den Verkäufern einer GmbH etwa muss das Management nur auf deren Verlangen hin Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft erteilen. Im Fall einer AG haben die Verkäufer ohnehin nur eingeschränkte Auskunftsrechte im Rahmen der Hauptversammlung. Das Management ist also nicht verpflichtet, die Verkäufer von sich aus über wertsteigernde Faktoren zu informieren. Andererseits muss das Management genauso wenig die Kaufinteressenten auf wertmindernde Faktoren hinweisen. Beim Offenlegen von Geschäftsgeheimnissen gegenüber den Kaufinteressenten kann sich das Management hingegen schadenersatzpflichtig und unter Umständen sogar strafbar machen. In der Praxis kommt dies jedoch kaum vor, weil üblicherweise der Verkäufer den Kontakt zwischen Kaufinteressent und Management herstellt und dann auch überwacht.Kaufinteressenten sollten die Einflussmöglichkeiten des Managements auf den Verkaufsprozess stets vor Augen haben und können diese sogar für sich nutzen. So empfiehlt es sich, neben den Gesprächen mit dem Verkäufer so früh wie möglich den Kontakt zum Management zu suchen und mit ihm eine Vertrauensbasis aufzubauen. Hilfreich ist hier natürlich, wenn dem Management eine attraktive Beteiligung am Unternehmen angeboten werden kann. Je mehr das Management darin eine klare Perspektive für sich erkennt, desto eher wird der Kaufinteressent aus Sicht der Manager die Favoritenrolle einnehmen. Bei der Planung sollte allerdings beachtet werden, dass das Ausarbeiten und Verhandeln der Managementbeteiligung im ohnehin hektischen Verkaufsprozess zusätzliche Zeit und Ressourcen in Anspruch nimmt. Frage der Konditionen Finanzinvestoren haben oft Vorteile gegenüber strategischen Käufern, da sie dem Management in der Regel deutlich lukrativere Beteilungskonditionen anbieten können als strategische Investoren. Darüber hinaus kann das Management unter der Führung eines Finanzinvestors meist wesentlich unabhängiger agieren, als dies üblicherweise bei der Eingliederung in einen größeren Konzern der Fall ist. Kaufinteressenten, die das Wohlwollen des Managements gewinnen, erreichen nicht selten einen entscheidenden Informationsvorsprung. So kann bei einer besseren Einschätzung der tatsächlichen Risiken und Probleme des Unternehmens im Einzelfall auf entsprechende Absicherungen im Kaufvertrag verzichtet werden. In einem Kopf-an-Kopf-Rennen der Bieter kann genau dieser Verzicht schon den Zuschlag bedeuten.*) Dr. Meiko Zeppenfeld ist Partner, Dr. Caspar Frhr. v. Schnurbein ist Associate für Private Equity und M & A im Münchener Büro von Ashurst.