Recht und Kapitalmarkt

Märkte sind schwer von Bad Bank zu überzeugen

Deutsches Modell hat Chancen, erfolgreicher als US-Pendant zu werden - Technische Nachbesserungen angemahnt

Märkte sind schwer von Bad Bank zu überzeugen

Von Simon Grieser und Jörg Wulfken *)Das im Oktober 2008 verabschiedete Finanzmarktstabilisierungsgesetz hat dazu beigetragen, die Lage auf dem deutschen Finanzmarkt wesentlich zu verbessern. Gleichwohl haben Gesetzgeber und Bundesministerium der Finanzen weiteren Handlungsbedarf gesehen und Entwürfe für ein erstes und zweites Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung vorgelegt, die unter anderem Konzepte für sogenannte Bad Banks enthalten.Für eine Bewertung der deutschen Regelungen ist es interessant, die ersten Erfahrungen mit dem Public Private Partnership Investment Program in den USA näher zu betrachten. Dort hat das Finanzministerium in Zusammenarbeit mit dem Einlagensicherungsfonds und der US-Notenbank bereits im März 2009 ein Konzept vorgelegt, das mit der Bad Bank vergleichbar ist. Danach haben Banken, die der Einlagensicherung in den USA unterliegen, die Möglichkeit, in einem von der Einlagensicherung organisierten Versteigerungsprozess sogenannte toxische Kredite und Wertpapiere an Zweckgesellschaften zu veräußern. EigenkapitalcharakterDer Rahmen dieses Unterstützungsprogramms beträgt insgesamt 1 Trillion Dollar. Davon werden bis zu 50 % durch das US-Finanzministerium zu jeweils aktuellen Marktkonditionen finanziert, mindestens 50 % sollen durch private Investoren beigesteuert werden. Die Preise für den Ankauf der Kredite und Wertpapiere werden in einem marktwirtschaftlichen Bieterverfahren festgelegt, in dem private Investoren Gebote für einen von der veräußernden Bank festgelegten Asset Pool abgeben können. Die Investitionen der privaten Bieter haben Eigenkapitalcharakter, sie tragen daher etwaige Ausfälle zuerst. Gehen mehrere Gebote ein, kann die veräußernde Bank das beste auswählen oder, sofern sie die Gebote für unzureichend erachtet, von einem Verkauf Abstand nehmen.Die verkauften Assets werden von Zweckgesellschaften erworben und von Fondsmanagern verwaltet. Diese müssen von Finanzministerium, Einlagensicherung und Zentralbank ernannt werden. Die Fondsmanager arbeiten auf Provisionsbasis und legen letztendlich den vom Finanzministerium finanzierten Fremdkapitalteil fest, der 50 % der Gesamtinvestitionssumme aber nicht übersteigen darf. Geplant ist, für die gesamte Verwaltung des Public Private Partnership Investment Program fünf Fondsmanager zu ernennen. Auf die diesbezügliche Ausschreibung sind mehr als 100 Bewerbungen eingegangen. Die Ernennung der Fondsmanager wird kurzfristig noch im Juni 2009 erwartet. Mit deren Auswahl werden voraussichtlich weitere Einzelheiten des Public Private Partnership Investment Program geregelt. In jedem Fall werden sie strengen Regeln in Bezug auf Interessenkonflikte, Berichtspflichten und die Einhaltung von Marktkonditionen unterworfen.Die in Deutschland vorgelegten Gesetzesentwürfe konzentrieren sich im Gegensatz dazu auf das Konzept einer sogenannten Bad Bank. Durch die angestrebten Änderungen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes soll Kreditinstituten die Möglichkeit eröffnet werden, strukturierte Wertpapiere wie Asset Backed Securities oder Collateralized Debt Obligations mit einem Abschlag vom Buchwert an Zweckgesellschaften oder an eigens hierfür errichtete teilrechtsfähige Abwicklungsanstalten, die eigentlichen Bad Banks, zu übertragen. So sollen sich Banken von Bilanzaktiva befreien können, deren Wert sich aufgrund der gegenwärtigen Marktverwerfungen stark verringert hat. Der am 4. Juni vorgelegte Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung sieht neben dem Abbau toxischer Wertpapiere die Möglichkeit eines Abbaus von Krediten und nicht strategischen Geschäftsbereichen u. a. auch im Wege der Umwandlung vor. Da mit der Übertragung auch das Ausfallrisiko der Risikoaktiva auf die Zweckgesellschaft bzw. Abwicklungsanstalt übergeht, wird die Bilanz des Instituts bereinigt und es muss insoweit seitens des Kreditinstituts kein Eigenkapital mehr vorgehalten werden. Damit ist auch in Deutschland die ursprünglich vorgesehene Beschränkung auf toxische Wertpapiere entfallen.Im Gegenzug erhalten die Kreditinstitute bzw. deren Eigentümer in entsprechender Höhe vom Finanzmarktstabilisierungsfonds garantierte Anleihen, die von den jeweiligen Zweckgesellschaften begeben werden oder, sofern die Übertragung der Aktiva durch gesellschaftsrechtliche Umwandlung erfolgt, Anteile an der Abwicklungsanstalt. Die Garantie ist gebührenpflichtig, zudem zahlt das Institut die Differenz zwischen dem Übertragungswert und dem von Sachverständigen ermittelten wahrscheinlichen Wert bei Fälligkeit der übertragenen Wertpapiere. Die staatliche Garantie hat zur Folge, dass die von der Zweckgesellschaft begebenen Schuldverschreibungen keinen Kreditrisiken ausgesetzt sind und dass Bewertungsrisiken entfallen, die den übertragenen Wertpapieren innewohnen. Zudem sind so die Voraussetzungen für eine EZB-Repofähigkeit der Schuldverschreibungen gegeben, was es den Banken ermöglicht, Liquidität zu beschaffen.Sowohl das deutsche Konzept für Bad Banks als auch das US Public Private Partnership Investment Program streben an, Kreditinstitute von den weiteren Risiken ihrer toxischen Aktiva zu befreien. Ein grundlegender Unterschied beider Ansätze liegt in der Art und Weise, wie der Wert der Aktiva ermittelt wird. Das US-amerikanische Konzept setzt auf einen ausgeprägt marktwirtschaftlichen Ansatz, bei dem der Preis für den Verkauf der Wertpapiere oder Kredite sich in einem kompetitiven Bieterverfahren herausbildet.Demgegenüber setzt das deutsche Konzept bei dem letzten geprüften Jahresabschluss der veräußernden Bank an, so dass hier die Bank in Zusammenarbeit mit den beteiligten Wirtschaftsprüfern bei der Ermittlung des Preises die größte Rolle spielt. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Kreditverwaltung hier weitgehend bei der veräußernden Bank bleibt, während in den USA die Asset-Management-Branche in das Konzept einbezogen ist.Die zahlreichen Bewerbungen für die Fondsmanagerpositionen zeigen, dass Asset Management im Rahmen des Public Private Partnership Investment Program in den USA als eine attraktive Tätigkeit angesehen wird. Dieser Bereich wird der deutschen Asset-Management-Branche vorenthalten. Andererseits wird dem US-Programm aber von Marktteilnehmern viel Skepsis entgegengebracht. Interessanterweise werden politische Risiken und Unsicherheiten als Haupthindernisse für einen erfolgreichen Start genannt. Zudem scheint es Konflikte zwischen den verschiedenen Regierungsbehörden zu geben. So plant die Einlagensicherung ein Pilotprojekt ohne Teilnahme des US-Finanzministeriums, um den politischen Bedenken gegenüber dem Programm Rechnung zu tragen. Insgesamt ist der Start dieses Teils des US-Rettungspakets sehr viel schleppender als ursprünglich erwartet. Die deutschen Regelungen haben insofern durchaus die Chance, erfolgreicher als das US-Pendant zu werden. Aber auch hier steht der Praxistest noch aus. Technische Nachbesserungen des Gesetzestextes, insbesondere eine Verbesserung der Thesaurierung von Gewinnen bei der veräußernden Bank und Klarheit über die Bildung von Rückstellungen, werden angemahnt. Auch eine Klarstellung zur Vereinbarkeit des Bad-Bank-Konzepts mit den beihilferechtlichen Maßstäben der Europäischen Kommission ist geboten. Diese hatte bereits im Februar 2009 Grundsätze für eine beihilferechtliche Vereinbarkeit nationaler Vorschriften aufgestellt. Die Aussicht auf Einzelfallprüfungen von Maßnahmen durch die Kommission dürfte die Akzeptanz des Bad-Bank-Konzepts nachhaltig beeinträchtigen. Das Beispiel USA zeigt, dass die Märkte nur schwer von den Vorteilen einer Bad Bank zu überzeugen sind, zumal sich die Kapitalmärkte auch für den angeschlagenen US-Finanzsektor wieder öffnen.—-*) Dr. Simon Grieser und Dr. Jörg Wulfken sind beide Rechtsanwalt und Partner bei Mayer Brown LLP.