ANLAGEPRODUKTE

Marktturbulenzen setzen Bonuszertifikaten zu

Viele Papiere verlieren ihre Teilschutzfunktion - Kein Totalverlust - Alternativen zum Sofortverkauf prüfen

Marktturbulenzen setzen Bonuszertifikaten zu

Aufgrund der hohen Kursschwankungen an den Finanzmärkten sind die Risikopuffer von Teilschutzprodukten wie Bonuszertifikaten aufgebraucht. Die Zahl der Schwellenereignisse bei dieser Produktform hat in den vergangenen Tagen deutlich zugenommen. Diese Papiere werden dann zwar nicht wertlos, aber sie verlieren ihr Anrecht auf einen Bonus und die Teilschutzfunktion. Vor einem Verkauf sollte der Anleger allerdings noch einmal die Kennzahlen überprüfen.Von Armin Schmitz, FrankfurtDie Staatsschuldenkrise in Europa und ein wachsender Konjunkturpessimismus haben die Aktienmärkte massiv unter Druck gesetzt. Seit Anfang Juli hat der deutsche Leitindex Dax mehr als 30 % verloren. Ein Ende der Talfahrt in Europa ist noch nicht abzusehen. Unter den Marktturbulenzen litten neben den Knock-out-Produkten insbesondere die Papiere mit Teilschutzfunktion wie zum Beispiel Bonuszertifikate oder Protect-Discount-Zertifikate. In den vergangenen Wochen haben nach Schätzungen von Experten wie der deutschen Ratingagentur Scope mehr als 20 % der am Markt angebotenen Produkte die für die Zahlung des Bonus relevante Schwelle verletzt.Bonuszertifikate sind gerade wegen dieser Teilschutzfunktion bei den Anlegern beliebt. Diese Produktstruktur hat laut Erhebung des Deutschen Derivate Verbandes (DDV) mit einem Volumen von 6 Mrd. Euro einen Marktanteil von 6 % am Gesamtvolumen des Zertifikatemarktes. Dennoch schätzen Experten wie Heiko Weyand von HSBC Trinkaus (siehe nebenstehendes Interview), dass nur in 20 bis 25 % der mehr als 100 000 gelisteten Bonuspapiere Anlegergelder verwaltet werden.Bonuspapiere versprechen einerseits die volle Partizipation an der positiven Kursentwicklung des Basiswerts. Andererseits sollen sie bis zu einem Sicherheitslevel Kursverluste abpuffern. Verletzt der Kurs der Aktie, des Index oder des Rohstoffs die Bonusschwelle, verliert der Anleger im Unterschied zu Knock-out-Produkten allerdings nicht seinen gesamten Einsatz, sondern nur seinen Anspruch auf die Bonusprämie und die Teilschutzfunktion.Durch die Umwandlung in ein Partizipationspapier hat der Anleger unter Berücksichtigung der fehlenden Dividendenzahlung ähnliche Verluste erlitten wie ein Aktionär. Ist es zu einem Schwellenereignis gekommen, kann der Zertifikateanleger wie ein Aktionär theoretisch von einer Erholung des Aktienkurses profitieren.Der Bonuszertifikate-Index, der vom DDV und von dem Institut für Zertifikateanalyse (IZA) berechnet wird, zeigt, dass sich die Bonuszertifikate dank der Teilschutzfunktion gerade in den vergangenen Monaten besser entwickelt haben als der europäische Leitindex Euro Stoxx 50 (siehe Grafik).Die Bonusstruktur ist aus zwei derivativen Komponenten aufgebaut. Gewöhnlich besteht sie aus einem sogenannten Zero-Strike-Call auf das Underlying und einem Down-and-out-Put. Durch das Schwellenereignis verfällt diese Form der Put-Option (Verkaufsoption). Es bleibt schließlich der Zero-Strike-Call auf das Underlying übrig. Diese Call-Option hat einen Basispreis 0. Sie bildet die Kursbewegungen der Aktie jedoch ohne einen Anspruch auf die Dividendenzahlung ab. Der Anleger besitzt also quasi ein Partizipationszertifikat mit einem Abschlag zum Underlying. Der Abschlag richtet sich nach der bezogen auf das Laufzeitende diskontierten Dividendeneinschätzung des Emittenten. Und die kann von Bank zu Bank sehr unterschiedlich sein. Größere Sicherheit wählenInsgesamt ist es für Anleger ratsam, Bonuszertifikate mit einem ausreichenden Abstand zur Schwelle durch Stop-Loss abzusichern. Zwar wird in die Bonuspapiere mit intakten Schwellen die Dividendenschätzung eingepreist, aber ein rechtzeitiger Wechsel in andere Bonus-Zertifikate mit intakten Barrieren und größeren Sicherheitspuffern ist häufig angebracht.Vor dem Verkauf bzw. Tausch lohnt ein Blick auf die Aufgelder dieser Produkte. Bei einigen Papieren ist sogar der Kauf nach dem Schwellenereignis sinnvoll, um von der künftigen Aktienentwicklung zu profitieren. Das zeigt eine Studie (“Bonuszertifikate mit verletzter Kursschwelle”) der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt aus dem Jahr 2010. Die Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass in mehr als zwei Drittel der untersuchten Fälle der gebotene Rückkaufwert unter dem fairen Wert lag. Andererseits zeigt es sich, dass bei 30 % der untersuchten Papiere Anleger nach dem Schwellenbruch sogar mehr als den fairen Wert erhalten. Ein Vergleich des Bonuspapiers mit der Aktie ist also wichtig.Die extrem volatile Entwicklung an den Finanzmärkten in den vergangenen Wochen zeigt also, dass auch Bonuspapiere mit einem großen Puffer ihre Teilschutzfunktion verlieren und damit Verluste entstehen können. Für Anleger, die grundsätzlich keine Einbußen in Kauf nehmen wollen, sind eher Kapitalschutzpapiere oder gar Anleihen guter Emittenten die Produkte der Wahl.