Kapitalanlage

Mehr Rendite-Genuss für Privatanleger

Designated Sponsors und eigenes Marktsegment sollen die Attraktivität der Genussscheine steigern

Mehr Rendite-Genuss für Privatanleger

Von Armin Schmitz, FrankfurtOhne Genussscheine könnten heute keine Schiffe durch den Suezkanal fahren. Diese Finanzierungsform wurde erstmalig 1858 zur Finanzierung des Baus des Schifffahrtsweges herausgegeben. Genussscheine wurden damals in erster Linie als Abfindungen für Aktionäre bei zeitlich limitierten Gesellschaften, bei Sanierungen, Fusionen oder Abwicklungen von Gesellschaften eingesetzt. Genussscheine fristen heute ein Schattendasein in Deutschland. Scheine von gerade 30 Unternehmen notieren in einem fast umsatzlosen Handel an der Börse. Das ist unverständlich, denn die Assetklasse bietet überdurchschnittliche Renditen. Der Bertelsmann-Genussschein (DE0005229900) schüttet eine Rendite von 8,42 % aus – deutlich mehr als eine Bundesanleihe. Doch Anleger haben es nicht einfach, an die gewünschten Papiere zu kommen. Mitunter braucht es mehrere Handelstage, bis die gewünschte Stückzahl zusammenkommt. Da der überwiegende Teil der Emissionen bisher an institutionelle Investoren ging, blieb für den Privaten häufig nur ein kläglicher Rest. Ein Nachteil für den täglichen Handel. Geht es nach René Parmantier, Close Brothers Seydler in Frankfurt, wird dieser Zustand bald der Vergangenheit angehören. Zukünftig soll der Ein- und Ausstieg bei Genussscheinen genauso einfach sein wie bei Aktien. Als Designated Sponsor hat sich Seydler das Ziel gesetzt, das Segment zu beleben und verlässliche Kauf- und Verkaufskurse zu stellen. Sollten die Papiere zukünftig auch auf Xetra notieren, ist der Handel so transparent wie bei Aktien. Das wären dann die besten Voraussetzung für ein wichtiges neues Marktsegment. Die Vorteile liegen auf der Hand. Privatanleger bekommen Zugang zu einer renditestarken Assetklasse, Firmen erhalten dagegen eine attraktive Finanzierungsmöglichkeit. Denn die veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen und Neuregelungen zur Kreditvergabe haben die Stärkung der Eigenkapitalbasis in den Blickpunkt von mittelständischen Unternehmen in Deutschland gerückt. Genussscheine sind eine Möglichkeit, die Eigenkapitalbasis zu stärken und dennoch unternehmerisch unabhängig zu bleiben. Den Anfang hat Seydler bereits gemacht und zwei Immobilienfirmen, die GWB (siehe Börsen-Zeitung vom 23. Juli) und Windsor, in den vergangenen Wochen mit Genussscheinen an die Börse begleitet. Weitere werden in den nächsten Monaten hinzukommen. Der Handel in den Scheinen von Bertelsmann, Drägerwerk und Edeka soll ebenfalls liquider werden und das G für Geldkurs bald der Vergangenheit angehören. Der Anleger kommt dann in den Genuss überdurchschnittlicher Renditen, die er steuerfrei vereinnahmen kann. Der rechnerisch auflaufende Zins wird in den jeweiligen Kurs hineingerechnet. Nach Ablauf der Spekulationsfrist ist der Kursgewinn steuerfrei.Vor dem Kauf ist ein Blick auf die Ausgestaltung sinnvoll. Nicht bei allen Produkten ist die Ausschüttung ein fixer Bestandteil. Es gibt Scheine, die einer Aktie ähnlich sind und keine limitierte Laufzeit besitzen. Die Ausschüttung ist variabel und richtet sich nach der Gewinnentwicklung des Unternehmens. Die anleiheähnlichen Scheine haben dagegen ein festes Laufzeitende, an dem die Gesellschaft den Nominalbetrag zurückbezahlt. Sie sind mit einem festen Zinskupon ausgestattet, den das Unternehmen ausschüttet, wenn es einen Gewinn erzielt hat. Endet das Geschäftsjahr mit einem Verlust, kann die Ausschüttung ausfallen. Lässt es das Ergebnis in den darauf folgenden Jahren zu, kann die Gesellschaft die ausgefallene Ausschüttung nachholen. Ist der Verlust größer, kann die Firma den Anleger daran beteiligen, indem sie den Nominalwert herabsetzt. Auch Mischformen sind möglich. Sie sind mit einer gewinnabhängigen Ausschüttungskomponente ausgerüstet und einer fixen Verzinsung. Der Genussscheininhaber hat, im Gegensatz zum Aktionär, kein Stimmrecht in der Hauptversammlung und auch kein Recht zur Teilnahme an der Hauptversammlung. Kommt es zum Konkurs, wird das Genussscheinkapital nach den Forderungen des Anleihehalters bedient, allerdings vor den Aktionären.