Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Klaus-Marinus Hoenig

"Mehr Verwaltungsaufwand für Unternehmen und Ministerium"

Konzerninterner Anteilserwerb bei Restrukturierung von AWG-Novelle erfasst

"Mehr Verwaltungsaufwand für Unternehmen und Ministerium"

Am 24. April 2009 ist die viel diskutierte 13. Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) in Kraft getreten. Der neu eingefügte 53 AWV eröffnet dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) die Möglichkeit, den Erwerb deutscher Unternehmen durch nicht EU-ansässige Investoren, also Gebietsfremde, zu untersagen oder Anordnungen zu erlassen, wenn der Anteilserwerb zu einer Beteiligung des Gebietsfremden von über 25 % führt und die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden würde. Klaus-Marinus Hoenig von Linklaters hat den japanischen Elektronikkonzern TDK zuletzt bei der Übernahme von Epcos beraten. Die Übernahme erfolgte Ende Oktober 2008 also vor Inkrafttreten der Novelle.- Herr Dr. Hoenig, mussten Sie sich dennoch mit den Neuerungen auseinandersetzen?TDK nimmt derzeit die im Rahmen des Übernahmeangebots angekündigten Restrukturierungen der Sparte Elektronische Bauelemente vor. Bei dieser Ausgliederung zur Neugründung nach japanischem Recht wird ein wesentlicher Teil des Bereichs unter einem Dach konzentriert und dazu konzernintern auf eine neu zu gründende Tochter übertragen. Im Zuge dieser Restrukturierung wird eine neue 100 %ige Tochter von TDK entstehen, welche die bislang von TDK direkt gehaltenen etwa 50 % Epcos-Aktien und Stimmrechte sowie alle Geschäftsanteile der TDK Germany erwerben wird.- Also rein intern?Ja, dies ist eine rein konzerninterne Umstrukturierung, bei der Anteile an gebietsansässigen Rechtsträgern von einem Gebietsfremden auf einen anderen Gebietsfremden – derselben Rechtsordnung und desselben Konzerns – übertragen werden. Wir waren daher der Ansicht, dass eine solche konzerninterne Transaktion nach dem Zweck der AWG-Novelle kein prüffähiger Erwerb sei, fragten aber vorsichtshalber beim BMWi an.- Mit welchem Ergebnis?Nach Ansicht des BMWi ist auch bei einer konzerninternen Restrukturierung der Anwendungsbereich des 53 Abs. 1 AWV eröffnet. Das Tatbestandsmerkmal des Erwerbs wird formal verstanden. Demzufolge wird nicht nur dann geprüft, wenn erstmals eine Beteiligung von 25 % überschritten wird, sondern auch nachfolgend bei jeder Erweiterung einer bestehenden relevanten Beteiligung.- Was ist die Begründung dafür?Das BMWi nennt als maßgeblichen Grund, dass bei 53 AWV das Vorliegen einer Gefährdungslage vorrangig vor dem Hintergrund des Geschäftsbereichs des ansässigen Unternehmens zu beurteilen ist. Im Zuge einer Aufstockung könne sich die Grundlage für diese Bewertung mit einer weitergehenden Beteiligung gerade nochmals entscheidend verändern. Der Umstand, dass trotz Veränderung der Beteiligungsstruktur keine “grundlegende” Änderung auf Erwerberseite eintritt, sei nicht für die Anwendbarkeit, sondern erst für die Bewertung erheblich.- Was bedeutet das für die Praxis?Wesentlich mehr Transaktionen als bisher angenommen fallen unter den Untersagungsvorbehalt. Konzerninterne Restrukturierungen dürften allerdings unproblematisch positiv beschieden werden, denn für eine neue entstehende Gefährdungslage müssten schon sehr ungewöhnliche Umstände vorliegen. Das BMWi sagt ja ausdrücklich, dass es auf materiellrechtlicher Ebene sehr wohl eine Rolle spielt, wenn eine Restrukturierung interner Natur ist. In erster Linie bedeutet dies ein Mehr an Verwaltungsaufwand für alle Beteiligten. Unternehmen haben zudem unter Umständen wochenlange Rechtsunsicherheit.- Lässt sich diese vermeiden?Ja, wenn man vorab eine Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragt. Wir haben sie hilfsweise beantragt und binnen weniger Tagen erhalten.- Welche Auswirkungen hat die AWG-Novelle generell auf Investitionen in Deutschland?Das lässt sich so konkret noch nicht sagen. Es ist sicher hilfreich, dass im Gesetzgebungsverfahren erreicht werden konnte, dass das Verfahren im Wesentlichen im Gleichlauf mit dem kartellrechtlichen Freigabeverfahren erfolgt. Aber klar ist: Mandanten außerhalb der EU haben die neue Regelung mit Missfallen zur Kenntnis genommen.—-Dr. Klaus-Marinus Hoenig ist Partner von Linklaters. Die Fragen stellte Walther Becker.