RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: MARKUS HEIDER

"Mieter sind bereits umfassend vor Verdrängung geschützt"

Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen soll erschwert werden

"Mieter sind bereits umfassend vor Verdrängung geschützt"

Herr Heider, die Bundesregierung will die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erschweren. Wie sehen die Pläne im Einzelnen aus?Durch den neuen § 250 im Baugesetzbuch (BauGB-E, Regierungsentwurf vom 4.11.2020) soll die Bildung von Wohnungseigentum bei bereits bestehenden Wohngebäuden in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten einer Genehmigung bedürfen. Die Festlegung dieser Gebiete erfolgt durch die Landesregierungen im Wege einer Rechtsverordnung, deren Geltung zunächst bis zum 31.12.2025 beschränkt sein soll. Der Entwurf sieht zudem Tatbestände vor, bei denen eine Genehmigung zu erteilen ist, wie etwa wenn eine Veräußerung zur Eigennutzung an mindestens zwei Drittel der Mieter erfolgen soll. Wie bewerten Sie den damit verbundenen Eingriff in Eigentumsrechte?Faktisch wird durch die Regelung die Umwandlung in Wohnungseigentum in den betroffenen Gebieten unterbunden und kommt einem kompletten Umwandlungsverbot nahe. Dadurch werden die Verkehrsfähigkeit der Immobilie und somit auch das Recht aus Art. 14 Grundgesetz sehr eingeschränkt. Ist der Gesetzentwurf geeignet, Mieter besser zu schützen?Es soll der Verdrängungsgefahr begegnet werden, die aus der mit der Umwandlung einhergehenden Änderung der Eigentümerstruktur und eventuell anschließenden Eigenbedarfskündigungen folgt. Die eigentliche Gefahr für Mieter besteht nicht in der Begründung von Wohnungseigentum, sondern vielmehr in den für sie negativen Konsequenzen der Veräußerung. Bereits durch bestehende Regelungen, wie § 577a Abs. 2 Satz 1 BGB, sind Mieter vor dem Risiko der Verdrängung umfassend geschützt. Es bestehen daher Zweifel, ob das neue Gesetz zu einem besseren Mieterschutz führt, zumal es auch Fälle erfasst, in denen keinerlei Verdrängung zu befürchten ist. Zudem wird etwa der Eigenerwerb der Wohnung durch den Mieter verhindert. Lässt das geplante Gesetz Schlupflöcher für Eigentümer?Um ein Erschleichen einer Genehmigung zu verhindern, sah der Referentenentwurf vor, dass die Genehmigung erst erteilt werden darf, wenn bis auf die Eintragung im Grundbuch alle Voraussetzungen der Rechtsänderung unwiderruflich erfüllt sind. Dies wurde jedoch im aktuellen Regierungsentwurf gestrichen, so dass der Zeitpunkt der Genehmigung im Veräußerungsverfahren nicht mehr festgeschrieben ist. Inwiefern das Vorliegen der Voraussetzungen der Genehmigung, also etwa der Erwerb durch Familienangehörige zur Eigennutzung, nachzuweisen ist, ist jedoch nicht geregelt. Ist die Genehmigung einmal erteilt, könnte es sein, dass Voraussetzungen im Nachhinein (rechtswidrig) nicht erfüllt werden. Welche Auswirkungen ergeben sich für den dringend notwendigen Neubau von Wohnungen?§ 250 BauGB-E soll nur für Bestandsgebäude gelten, so dass Neubauten nicht direkt betroffen sind. Somit stellt das Gesetz nur dann eine Hemmschwelle für Investoren dar, wenn sie bei der Errichtung der Wohngebäude noch kein Wohneigentum bilden wollen, sich aber vorbehalten wollen, bei einer späteren Veräußerung durch eine Aufteilung und den Verkauf von Eigentumswohnungen höhere Erlöse zu erzielen. Das Gesetz mag somit gewisse negative Auswirkungen auf den Neubau von Wohnungen haben, für die generelle Entwicklung aber nicht entscheidend sein. Wie bewerten Sie die geplanten neuen Möglichkeiten, ein Baugebot zu verhängen?Das bestehende Baugebot des § 176 Abs. 1 BauGB soll dahingehend erweitert werden, dass ein Eigentümer verpflichtet werden kann, sein Grundstück mit Wohneinheiten zu bebauen, wenn es sich um ein Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt handelt. Dadurch wird der Eingriff in die Privatautonomie und die Eigentumsfreiheit des Eigentümers weiter verschärft und ihm werden wirtschaftliche Entscheidungen auferlegt, die in dem Maße auch nicht durch einen steigenden Wohnbedarf zu rechtfertigen sind. Beispielsweise würde auch eine nach dem Bebauungsplan zulässige andere Nutzungsart des Grundstücks (etwa in Mischgebieten) vereitelt. Die bestehende Regelung in Verbindung mit weitsichtigen Bebauungsplänen ist mehr als ausreichend. Dr. Markus Heider ist Partner im Bereich Immobilienwirtschaftsrecht von Görg.Das Interview führte Helmut Kipp.