Recht und Kapitalmarkt

Mifid wirft Fragen für Bestausführung bei Anleihen auf

Papier der britischen Finanzmarktaufsicht FSA entfacht Diskussion über Auslegung der "Best Execution" im Rentenhandel

Mifid wirft Fragen für Bestausführung bei Anleihen auf

Von Herbert Rögner *) Die britische Marktaufsicht Financial Services Authority (FSA) hat vor kurzem ein Diskussionspapier zum Thema “Best Execution” veröffentlicht. Darin findet sich ein Vorschlag zu sog. Dealer Markets, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Auswahl von “Execution Venues” (Ausführungsalternativen) auf die Offerten anderer Anleihehändler beschränkt sind. Für solche Märkte empfiehlt die britische Aufsicht, die Bestausführung mangels anderweitiger Angebote an möglichen Börsenpreisen an anderen Benchmarks auszurichten. Damit soll die bestmögliche Ausführung von Kundenorders gegen das eigene Handelsbuch vom Vorwurf des Interessenkonflikts befreit werden. Welches diese anderen Benchmarks – Referenzpreise – sein sollen, bleibt ausdrücklich offen. Das Diskussionspapier der FSA wird im britischen Markt allerdings so verstanden, dass wohl die mit der EG-Richtlinie für Märkte in Finanzinstrumenten vom 21. 4. 2004 (Mifid) eingeführte Verpflichtung zur Vorhandelstransparenz (Art. 27) der Execution Venues auf den Handel mit Schuldverschreibungen erstreckt werden soll, obwohl die Mifid eine Vorhandelstransparenz für systemische Internalisierer ausdrücklich nur für Aktien vorsieht. Es ist nach offiziellen Äußerungen zuletzt auf dem Eurobörsentag in Frankfurt nicht zu erwarten, dass im Rahmen der noch zu verabschiedenden EG-Durchführungsverordnung zur Mifid Regelungen getroffen werden, die weder in der Mifid vorgesehen sind noch dass das deutsche Umsetzungsgesetz über die Mindestanforderungen der Mifid hinausgeht. Allerdings ist nicht völlig auszuschließen, dass im Nachgang zur Mifid Forderungen nach einer Vorhandelstransparenz von Execution Venues im Anleihehandel gestellt werden. Dennoch hat dieses FSA-Papier die Diskussion in Deutschland über die Auslegung der Best Exceution im Anleihehandel in Gang gebracht. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die Diskussion in England und Deutschland kulturell unterschiedlich geführt wird, was die Einbindung von Aufsichtsbehörden vor der Umsetzung sekundären Gemeinschaftsrechts in das nationale Recht der EG-Mitgliedstaaten betrifft. In Deutschland ist es nicht ohne weiteres vorstellbar, dass sich die BaFin vor einem Gesetzgebungsverfahren mit einem Diskussionspapier an Marktteilnehmer über die Auslegung eines künftigen Rechtsbegriffs wendet.Zur Sache: Die Mifid sieht vor, dass künftig ein Kundenauftrag zu den für ihn bestmöglichen Konditionen von den Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten ausgeführt werden muss, und zwar unabhängig davon, welches Finanzinstrument diesen Aufträgen zugrunde liegt. Unter bestmöglicher Ausführung werden die Kriterien Preis, Kosten der Ausführung, Schnelligkeit und Wahrscheinlichkeit der Ausführung herangezogen, wobei für den Kunden die Gewichtung dieser Kriterien durchaus unterschiedlich sein kann. Weisung hat VorrangIm börslichen Interbankenhandel ist dies kein Thema, weil er nicht dem Anwendungsbereich der Mifid unterfällt, und zwar auch dann, wenn der Kunde der Bank im Kommissionshandel und im Eigenhandel für andere eine Weisung erteilt. Diese Weisung hat Vorrang vor der Bestausführungsverpflichtung. Liegt keine Weisung vor, erfüllt die Bank ihre Bestausführungsverpflichtung künftig mit ihrem Kunden in der Weise, dass sie mit ihm im Rahmen der allgemeinen Geschäftsbedingungen eine sog. “Execution Policy” vereinbart, nach der sie nicht die Beachtung sämtlich zugänglicher Execution Venues schuldet, sondern auf die im Handelssystem Xetra verfügbaren Quotes verweisen kann. Gibt es keine Execution Venues wie im außerbörslichen Rentenhandel, wird es wie bisher genügen müssen, Orders gegen das eigene Handelsbuch als Festpreisgeschäfte auszuführen, der sog. Eigenhandel für andere. Gemäß Erwägungsgrund 69 des Entwurfs der EG-Durchführungsrichtlinie zur Mifid unterliegen Festpreisgeschäfte gegen das eigene Handelsbuch der Pflicht zur Bestausführung. Ein Festpreisgeschäft ist im Gegensatz zum Finanzkommissionsgeschäft ein Kaufvertrag über ein Wertpapier zu einem zuvor fixierten Preis, während der Kommissionär (ohne Selbsteintritt) nur zur Herausgabe des aus dem Kommissionsgeschäft Erlangten verpflichtet ist. Kauf und Dienstleistung schließen sich zivilrechtlich denklogisch aus, nicht jedoch aufsichtsrechtlich, da mit dem Kaufvertrag gegen das eigene Handelsbuch in der Systematik der Finanzdienstleistungen zugleich eine Dienstleistung erbracht wird, Eigenhandel für andere, § 1 Abs. 1a Nr. 4 KWG. Die Mifid zielt im Interesse eines lückenlosen Anlegerschutzes als Ausgleich für die Aufhebung des Börsenzwangs darauf ab, die Verpflichtung zur Bestausführung umgehungsfest zu machen, und gilt daher für beide Arten der Dienstleistung. Von der Bankenlobby wird die Anwendung der Best-Execution-Regel auf systemische Internalisierer jedoch strikt abgelehnt, denn andernfalls müssten Banken, die sich im Interbankenhandel keine Bestausführung schulden, dennoch diese Verpflichtung einhalten, wenn hinter diesen Eigengeschäften Kundenaufträge stehen, die als Festpreisgeschäfte ausgeführt werden. Fraglich ist nur, wie dieses Ergebnis durch eine Mifid-kompatible Auslegung erreicht werden kann. Aus der Praxis wird der Vorschlag gemacht, wegen der Besonderheiten des deutschen außerbörslichen Rentenhandels die Verpflichtung zur Bestausführung teleologisch zu reduzieren und die Marktgerechtigkeitsprüfung fortzusetzen. Eine Marktuntersuchung der Europäischen Zentralbank unterstützt diesen Ansatz; sie kommt zu dem Ergebnis, dass ein Mehr an Transparenz der Preisbildung nicht notwendigerweise zu liquidieren Märkten führt, weil der Abbau von asymmetrischen Informationshierarchien tendenziell die Gleichgerichtetheit des Marktverhaltens fördert, anstatt Marktteilnehmer zu veranlassen, sich gegen diesen Trend durch Abgabe entsprechender Gegenaufträge zu stellen. In weniger liquiden Märkten ist damit ein sog. Market Making unerlässlich und der Interessenkonflikt zum Kunden nicht auszuschließen, wenn Marktstrukturen keine produktbezogene Benchmark bereitstellen. Erwägungsgrund 70 des aktuellen Entwurfs der EG-Durchführungsverordnung zur Mifid eröffnet deshalb den EG-Mitgliedstaaten die Möglichkeit, auf die Besonderheiten der Marktstrukturen in einem Finanzinstrument flexibel zu reagieren und insoweit andere Standards festzulegen, als sie für liquidere Märkte gelten. In Deutschland sollte von dieser Regelung für den außerbörslichen Rentenhandel Gebrauch gemacht werden, die es ermöglicht, die bestehenden Standards fortzusetzen, namentlich die Spreads in diesem Marktsegment hausintern von Compliance zu überwachen. Als Beurteilungskriterien für die Ordnungsmäßigkeit der Marktgerechtigkeitsprüfung dienen der Bund Future und die Zinsswap-Kurven. Die Einführung neuer Standards, etwa der Einführung einer Preiskontrolle im Verhältnis zum Kunden durch Auslagerung der Bestausführung auf Dritte, wird dadurch hinfällig, die im Ergebnis dazu führte, dass die Preisspannen in einem margenarmen Geschäft noch enger würden. Vergütung bleibt verborgenZudem wird im deutschen Markt nicht angestrebt, die Vergütung der Bank für die Orderausführung, sog. Inducement, als Teil ihrer Bestausführungsverpflichtung offen zu legen, was andernfalls den anderen Marktteilnehmern Einblicke in ihre Handelsstrategie erlaubte, ohne im Übrigen von ihren Kunden für die Offerte engerer Preisspannen gesondert vergütet zu werden. Es darf vermutet werden, dass sich an der derzeitigen Praxis der Intransparenz der Preisspannen im Handel gegen das eigene Handelsbuch zumindest vorläufig nichts ändern wird. Es wäre zu begrüßen, wenn die Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute dazu verpflichtet würden, die Bestausführung im Rentenhandel gegen das eigene Handelsbuch lediglich nach den Wohlverhaltensregeln der Mifid (Art. 19) zu schulden. Die Interessenkonflikte im Verhältnis zum Kunden verbleiben und sind in diesem Handelssegment nicht auszuschließen, solange der Kunde für den Service engerer Preisspannen nicht zu zahlen bereit ist. *) Herbert Rögner ist Rechtsanwalt in Frankfurt und hat die EU-Kommission in Fragen des Haager Wertpapierübereinkommens beraten.