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Milliardengeschäft mit Chinas Spielsucht

Lotterien haben im Reich der Mitte großen Zulauf - Die Fußball-WM verspricht hohe Wachstumsraten

Milliardengeschäft mit Chinas Spielsucht

Von Armin Schmitz, Frankfurt Knapp sechs Monate nach dem Rekord ist der Jackpot beim Lotto in Italien schon wieder auf einen dreistelligen Millionenbereich gestiegen. Zuletzt lagen 103,5 Mill. Euro beim SuperEnaLotto im Jackpot. Obwohl die Wahrscheinlichkeit auf den Hauptgewinn noch geringer ist als in Deutschland, löste der Jackpot bereits wieder einen kleinen Lotto-Tourismus aus, wie er zuletzt im August zu sehen war. Damals warf der Topf beim SuperEnaLotto satte 147 Mill. Euro ab. In Italien müssen die sechs Richtigen aus 90 Zahlen getippt werden. Die Wahrscheinlichkeit, die richtigen sechs Lottozahlen zu tippen, ist geringer als 1 : 620 Millionen.Ursprünglich im 15. Jahrhundert in Genua erfunden, als durch Lose neue Ratsmitglieder bestimmt werden sollten, hat sich die Lotterie zu einem weltweiten Phänomen entwickelt. Besonders süchtig auf Wetten und Lottospielen sind die Chinesen. Früher wurden Glücksspiele in China durch die kommunistische Regierung streng verboten. Erst Anfang der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts durften im Zuge der Reform- und Öffnungspolitik wieder Wetten abgeschlossen werden. Inzwischen haben sich Wettspiele zu einem Milliardengeschäft entwickelt.Die Chinesen geben laut Internationalem Währungsfonds (International Monetary Fund) pro Jahr knapp 12 Dollar (umgerechnet 8,4 Euro) pro Kopf für ihre Lottowetten aus. Kein hoher Betrag auf den ersten Blick, denn jeder Deutsche lässt durchschnittlich 230 Dollar (161 Euro), die Griechen sogar 668 Dollar (468 Euro) pro Kopf beim Lotto. Doch der Lottoeinsatz der Chinesen pro Jahr entspricht 0,4 % des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf, während die Quote in Deutschland bei 0,5 % liegt. Monopol liegt beim StaatDie legalen Glücksspiele in China sind Wohlfahrtswetten (Marktanteil 57 %) und die Sportlotterie (43 %). Der Staat hat das Monopol darauf. Mit den Einnahmen soll das chinesische Sport- und Wohlfahrtssystem saniert werden. Erlaubt sind klassische Zahlenlotterien und Sportwetten. Fußballwetten stehen in der Gunst der Chinesen ganz oben. Beliebtes Ziel sind die ausländischen Teams, weil der Fußball in China noch nicht weit verbreitet ist. Allerdings sind Wettskandale an der Tagesordnung, was leider auch hierzulande zu spüren ist. Vor der Fußballweltmeisterschaft 2010 soll der chinesische Lotteriemarkt durch eine Reihe von Änderungen und Regularien an Attraktivität gewinnen.Skye Chen, Analystin bei der BNP Paribas, schätzt, dass der chinesische Lotteriemarkt nach einem Wachstum von 22 % auf 19 Mrd. Dollar im laufenden Jahr um rund 55 % im Jahr 2010 wachsen wird. Für 2011 wird ein weiteres Wachstum von 22 % angenommen. Vier Einflussfaktoren schaffen die geeigneten Rahmenbedingungen. So haben die Asiaten die Mobiltelefone als neuen Absatzkanal für die Lotterie-Tickets entdeckt. Dank der Verbreitung der Handys werden 190 Millionen Chinesen künftig die Möglichkeit haben, über ihre Telefone Lotterie-Tickets zu kaufen. Zusätzlich sollen im kommenden Jahr die Menschen neben den bekannten Verkaufsstellen in mindestens 100 000 Postfilialen und Tankstellen die Tickets kaufen können. Neue Gewinnspiele sollten auch im Sportbereich folgen. Zusätzliche Umsätze werden bei Video-Lotterie-Terminals angestrebt.Die mehrere Monate untersagten Hightech-Terminals hatten bis zu ihrer Unterbrechung einen Anteil von 15 % am chinesischen Lotteriemarkt. Die Regierung hat ferner die Gewinnsummen im traditionellen Lottospiel (CTG) angehoben, was die Attraktivität des Lotto erheblich steigern wird. Die Staatslotterie hat einen Anteil von 80 % am gesamten chinesischen Lotteriemarkt.Wie in vielen anderen Ländern gibt es auch in China börsennotierte Lottoanbieter. Nach Ansicht der BNP-Analystin wird China RexLot Holdings am stärksten von dem überdurchschnittlichen Wachstum des Marktes profitieren. Das Unternehmen besitzt eigene Absatzkanäle, mit denen es den Markt kontrollieren kann. Darüber hinaus ist RexLot im Wohlfahrts- und im Sportlotto stark vertreten. Die Wohlfahrtlotterie hat einen Anteil von fast 75 % an den Unternehmensumsätzen, 14 % der Sportsektor. RexLot ist mit einem Marktanteil von 50 % der dominierende Anbieter bei den Video-Lotterie-Terminals. Die BNP Paribas rechnet für 2010 mit einem Umsatzwachstum von 56 % und einem Anstieg des Gewinns um 120 %.Nicht ganz so breit aufgestellt ist China LotSynergy. Das Unternehmen hat 2009 seine Stellung besonders im Bereich der Video-Terminals ausgebaut. Große Hoffnung wird hier in den Verkauf von Lotterielosen über das Mobiltelefon gelegt. Sponsor für diesen Service ist China Mobile. Nach einer Verlustphase rechnet die BNP-Paribas-Analystin Chen 2010 mit einer Rückkehr in die Gewinnzone. Der Wert wird als Turnaround-Kandidat gehandelt.