Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Ralf Ek

Missbräuchliche Anfechtungsklagen bleiben Thema

ARUG erschwert mit Freigabe-Beschleunigung das Geschäft der Opponenten

Missbräuchliche Anfechtungsklagen bleiben Thema

– Das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) soll nach der Sommerpause verabschiedet werden. Herr Dr. Ek, worum geht es dabei?Durch das ARUG werden wichtige Bereiche des Aktienrechts reformiert. Dabei sind viele der Neuregelungen für Emittenten von Vorteil. So werden Ermächtigungsbeschlüsse zum Erwerb eigener Aktien, die bislang auf 18 Monate beschränkt sind, nun für bis zu fünf Jahre gelten. Im Bereich der Hauptversammlungen werden die Unternehmen jedoch mit einer Vielzahl weiterer Detailregelungen konfrontiert werden. – Wo steckt das Gesetzgebungsverfahren momentan, womit können die Emittenten wann rechnen? Am 26. März 2009 fand die Berichterstattung des Rechtsausschusses statt. Der Bundestag wird nun über die Beschlussempfehlung des Ausschusses beraten. Nach jetzigem Erkenntnisstand soll das ARUG in der ersten Juli-Woche verabschiedet werden. Das ARUG wird dann für alle Hauptversammlungen gelten, die vom 1. November 2009 an einberufen werden. – Wäre es nach dem bisher vorliegenden Gesetzesentwurf möglich, missbräuchlichen Anfechtungsklagen einen Riegel vorzuschieben?Der Gesetzgeber versucht, die Emittenten im Kampf gegen Berufsopponenten, die vom Gesetzgeber selbst als “räuberische Aktionäre” bezeichnet werden, weiter zu stärken. So wird ihr Geschäftsmodell durch das ARUG erschwert werden. Ich gehe jedoch davon aus, dass es in Zukunft genauso viele missbräuchliche Anfechtungsklagen wie bisher geben wird. – Worauf basiert Ihre skeptische Einschätzung? Wichtige Grundlagenbeschlüsse können von Aktionären mit Kleinstbeteiligung weiterhin über Monate blockiert werden. Außerdem wird nahezu jeder Gesetzes- oder Satzungsverstoß weiterhin dazu führen, dass Hauptversammlungsbeschlüsse für nichtig erklärt werden können. – Erhalten Gerichte eine klare Entscheidungslinie, um legitime von missbräuchlichen Anfechtungsklagen trennen zu können?Der Gesetzgeber hat sich zu Recht dazu entschieden, keine detaillierten Vorschriften zur Missbräuchlichkeit von Anfechtungsklagen in das Aktiengesetz aufzunehmen. Er vertraut den Gerichten, sachgerechte Einzelfallentscheidungen zu treffen. Da die Gerichte bislang sehr restriktiv bei der Annahme von Rechtsmissbrauch waren, hat der Gesetzgeber jedoch im Gesetz und in der Begründung zum ARUG klargestellt, dass er sich von den Gerichten ein härteres Vorgehen gegen räuberische Aktionäre wünscht. – Ist die Beschleunigung des Freigabeverfahrens ausreichend?Die Beschleunigung des Freigabeverfahrens durch eine Vielzahl von insbesondere prozessualen Maßnahmen ist für die Emittenten positiv und stellt das Kernstück im Kampf des Gesetzgebers gegen räuberische Aktionäre dar. In einem zügigen Freigabeverfahren kann der Emittent mit einer rechtskräftigen Entscheidung vier bis sechs Monate nach der Hauptversammlung rechnen. Bislang war eine Verfahrensdauer von neun bis zwölf Monaten üblich. – Die Neuregelung hilft also den Emittenten?In Krisensituationen, in denen zum Beispiel die Eintragung einer Kapitalerhöhung im Handelsregister innerhalb weniger Tage erfolgen muss, hilft dies aber weiterhin nicht. Bis zum Abschluss des Freigabeverfahrens und der bestandskräftigen Eintragung des Beschlusses ist die Gesellschaft längst insolvent. – Was müsste nach Ihrer Einschätzung darüber hinaus geregelt werden, um räuberischen Aktionären das Geschäftsmodell auszutrocknen? Aus einem Bündel an Maßnahmen möchte ich zwei herausgreifen. Erstens dürfen Anfechtungsklagen nur dann Erfolg haben, wenn wesentliche Verstöße der Emittenten bewiesen werden. Kleinere Formverstöße dürfen nicht zu einer Nichtigkeit von Beschlüssen führen. – Und zweitens?Zweitens dürfen Anfechtungsklagen Eintragungen von Beschlüssen im Handelsregister nicht blockieren. Hier wäre zum Beispiel vorstellbar, dass eine Eintragung nur dann unterbleibt, wenn ein Aktionär gegen den Emittenten eine einstweilige Verfügung erlangt hat. – Was sollten die Emittenten nach Einführung des ARUG gegen räuberische Aktionäre tun? Sie sollten versuchen, die Vorbereitung und Durchführung ihrer Hauptversammlungen weiter zu perfektionieren. Selbst wenn keine Verstöße vorkommen, hindert dies räuberische Aktionäre nicht daran, Anfechtungsklagen einzureichen, um einen Lästigkeitswert zu erreichen. Hier müssen die Gesellschaften nicht nur das vereinfachte Freigabeverfahren zügig durchführen, sondern das gesamte Instrumentarium gegen räuberische Aktionäre nutzen. – Und zwar?Dazu gehört die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen und im Einzelfall auch die Erstattung von Strafanzeigen. —- Dr. Ralf Ek ist Partner bei Jones Day in Frankfurt.Die Fragen stellte Walther Becker.