ASSET MANAGEMENT - GASTBEITRAG

Mit Wandelanleihen den Aktienschwung nutzen

Börsen-Zeitung, 5.3.2013 Die Finanzmärkte befinden sich unter dem starken Einfluss des reflationären Umfelds, also der aggressiven, auf die Vermeidung einer Deflation ausgerichteten Wirtschaftspolitik. Dabei strebt ein Staat die Verhinderung von...

Mit Wandelanleihen den Aktienschwung nutzen

Die Finanzmärkte befinden sich unter dem starken Einfluss des reflationären Umfelds, also der aggressiven, auf die Vermeidung einer Deflation ausgerichteten Wirtschaftspolitik. Dabei strebt ein Staat die Verhinderung von allgemeinen, anhaltenden Preisrückgängen an. Instrumente der Reflation sind eine expansive Geld- und Fiskalpolitik. Nebst den USA und Europa ist vor ein paar Wochen auch Japan ins Reflationsszenario eingestiegen, indem die Bank of Japan damit angefangen hat, den Markt mit Liquidität zu überfluten.Insgesamt bewegen wir uns somit in einem Umfeld, das von folgenden Parametern geprägt ist: steigende Aktienmärkte, zunehmende Dynamik der globalen Wirtschaft, stark wachsende Geldmengen und eine Geldstabilität, die aufgrund der vorher genannten Faktoren zunehmend in Frage gestellt wird. Für die Optimisten unter den Anlegern klingt dies nach einem Schlaraffenland für Aktien, denn die unbeschränkte Liquidität, das Wirtschaftswachstum in den USA und den Emerging Markets (allen voran China) sowie attraktive Bewertungen könnten in den nächsten Monaten für die Fortsetzung des Börsenbooms sorgen.Pessimisten hingegen stellen sich auf den Standpunkt, dass die Banken-, Staatsschulden- und makroökonomische Krise nicht überwunden sind und die Aktienmarktkorrektur nicht mehr lange auf sich warten lässt. Wie also investieren? Asymmetrisches VerhaltenBeim Abwägen aller fundamentalen Daten und dem politischen Umfeld heißt die Erkenntnis für die Zukunft: Alles ist möglich. Kein Wunder also, dass bei vielen Marktteilnehmern unverändert ein Klima der Unsicherheit herrscht. Dagegen hilft das asymmetrische Kursverhalten der Anlageklasse Wandelanleihen. Darunter versteht man den positiven, da automatischen Timingeffekt dieser Papiere. Bei fallenden Aktienmärkten besteht ein Schutz, da die Anleihe bei Fälligkeit zum Nennwert zurückbezahlt wird. Bei einem steigenden Börsenkurs der unterliegenden Aktie partizipiert die Wandelanleihe, da sie immer mehr den Aktiencharakter annimmt. Diese Asymmetrie entspricht einer dynamischen Portfolio-Insurance-Strategie, ohne mit deren Nachteilen (Kosten, Handelbarkeit, Gap Risk) verbunden zu sein. Zusätzliche RisikoprämienAufgrund ihrer speziellen Struktur – Verzinsung, garantierte Rückzahlung und Wandelrecht – bieten Wandelanleihen nicht nur Sicherheit, sondern auch eine Reihe zusätzlicher Risikoprämien, die ausschließlich über den Kauf von Wandelanleihen genutzt werden können. Im Einzelnen sind es folgende vier Prämien: die Liquiditätsprämie (40 bis 80 Basispunkte p. a.), die Prämie aufgrund der lang laufenden Call Option (Wandelrecht) mit 40 bis 50 Basispunkten im Jahr, die Kreditrisikoprämie auf der Option (10 bis 20 Basispunkte p. a.) und die Growth-Prämie (über die Struktur des globalen Wandelanleihenmarkts) mit 20 bis 60 Basispunkten jährlich.Die Liquiditätsprämie ergibt sich aufgrund der festen Verknüpfung von Wandelrecht und Anleihe. Beide Teile müssen als Paket gekauft werden und können nicht separat gehandelt werden. Somit sind sie etwas weniger liquide als ihre Einzelteile. Dafür erhält der Investor aber einen Renditevorteil von 40 bis 80 Basispunkten p. a. Das bedeutet: Die Wandelanleihe ist rund 1 bis 3 % günstiger als die Summe einer vergleichbaren Anleihe plus Call-Option. Dies ist einer der Hauptgründe für das äußerst interessante langfristige Chancen-Risiko-Profil der Wandelanleihe gegenüber gemischten Aktien- und Anleihenportfolios. Höhere GewinnchancenDie Prämie aufgrund der lang laufenden Call-Option ergibt sich aus dem sogenannten Fat Tail, das heißt aus der Erkenntnis, dass langfristig größere Marktausschläge auftreten, insbesondere nach unten, als es wegen der allgemein angenommenen Normalverteilung zu erwarten wäre. Deshalb müssten Call-Optionen respektive Wandelrechte teurer sein, als es die heute gängigen Standardmodelle errechnen – weil bei größeren Marktausschlägen höhere Gewinnmöglichkeiten mit Optionen entstehen. Je länger eine Option läuft, desto stärker wirkt sich dieser Effekt aus. Wandelanleihen haben in der Regel sehr lang laufende Wandelrechte von drei bis fünf Jahren. Kreditrisiko bei WandelrechtDie Kreditrisikoprämie auf der Option (Wandelrecht) ist eine weitere Eigenschaft. Das Wandelrecht hängt von der Zahlungsfähigkeit (beziehungsweise der Fähigkeit zur Aktienlieferung) des Anleihenschuldners ab. Deshalb unterliegt auch das Wandelrecht einem Kreditrisiko. Somit ist der Wert (implizierte Volatilität) eines Wandelrechts niedriger als eine vergleichbare standardisierte Call Option. Auch hier gilt, dass dieser Effekt mit zunehmender Laufzeitlänge der Option zunimmt.Die sogenannte Growth-Prämie ist besonders bedeutsam für Wandelanleihen aus den USA und Asien. In diesen Regionen kommen viele Wachstumsunternehmen mit Wandelanleihen an den Markt. Investoren sollen hier über eine direkte Partizipation am Aktienpreis im Erfolgsfall entschädigt werden. Ein Investment in den globalen Wandelanleihenmarkt liefert daher über die Zeit einen gewissen Bias zu interessanten Wachstumsgesellschaften. Wenig NeuemissionenDer Markt der Wandelanleihen gehört zwar nach wie vor zu den kleineren Segmenten in der großen Anlagewelt, doch er ist trotzdem sehr liquide und es ergeben sich immer wieder interessante Kaufgelegenheiten. Auch die ruhige Neuemissionstätigkeit in den vergangenen zwei Jahren tat hier keinen Abbruch. Ursache für die geringe Zahl an Neuemissionen war die Tatsache, dass sich Unternehmen mit klassischen Unternehmensanleihen günstiger refinanzieren konnten.Dies dürfte sich nun in einem Umfeld weiter steigender Aktienmärkte jedoch wieder ändern. Bereits seit September 2012 ziehen die Neuemissionen an und wir rechnen damit, dass sich dieser Trend auch im laufenden Jahr fortsetzen wird. Nachfrage höher als AngebotMomentan übersteigt die Nachfrage das Angebot und Emittenten bringen ihre neuen Papiere relativ problemlos an den Markt. Gründe dafür sind neben den steigenden Aktiennotierungen auch der Zinsvorteil und der Inflationsschutz. Da Investoren mit dem Kauf eines Wandlers ein zusätzliches Wandelrecht erhalten, geben sie sich mit tieferen Zinsen zufrieden. Dieser Zinsvorteil bei Wandelanleihen hat sich in den letzten Jahren aufgrund des tiefen Zinsniveaus abgeschwächt. Dieser Effekt dürfte sich bei steigenden Zinsen jedoch wieder ins Positive drehen.Noch gar nicht im Markt eingepreist ist das Inflationsrisiko, das durch die Investition in Wandelanleihen teilweise abgefedert werden kann. Während bei Unternehmensanleihen die Gefahr besteht, dass ein Teil der Verzinsung der Inflation zum Opfer fällt, liefert die Aktienkomponente der Wandelanleihe einen Schutz gegen die Teuerung.