RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: MANUEL NODOUSHANI

Nach wie vor Unsicherheit bei stillen Einlagen

Unklare Vorgaben durch Basel III - Gezerre im Stresstest

Nach wie vor Unsicherheit bei stillen Einlagen

– Herr Dr. Nodoushani, die European Banking Authority (EBA) hat durch ihren Stresstest erneut den Blick auf stille Einlagen gelenkt. Werden stille Einlagen auch unter Basel III noch zum Kernkapital zählen?Ja, allerdings nur unter verschärften Voraussetzungen. Unter Basel III müssen stille Einlagen ein ebenso “harter” Eigenkapitalbestandteil sein wie Aktien und Rücklagen. Leider sind die entsprechenden Voraussetzungen nicht gerade stringent formuliert. Das liegt wohl daran, dass stille Einlagen eine deutsche Besonderheit sind. Folgendes lässt sich aber sagen: Unter Basel III müssen stille Einlagen einem Institut unbefristet zur Verfügung stehen und nicht mehr, wie bislang, lediglich für mindestens fünf Jahre. Außerdem macht Basel III weitergehende Vorgaben für ihre Verzinsung und Verlustbeteiligung. Damit stille Einlagen auch in Zukunft als Kernkapital anerkannt werden, müssen diese “gehärtet” werden, indem das für sie geltende Regelwerk an die Basel-III-Vorgaben angepasst wird.- Wann werden die Basel-III-Vorgaben verbindlich?Die Vorgaben sollen zum 1. Januar 2013 in das nationale Recht umgesetzt werden. Ob sich dieser Zeitplan einhalten lässt, wird man sehen.- Soll es einen Bestandsschutz für bestehende stille Einlagen geben?Jedenfalls einen temporären Bestandsschutz. Voraussetzung ist, dass stille Einlagen bereits derzeit dem Kernkapital zugerechnet werden. In diesem Fall sollen sie ihre Kernkapitalqualität nicht sofort komplett verlieren, wenn Basel III verbindlich wird, sondern jedes Jahr ratierlich 10 % ihrer Kernkapitalqualität einbüßen. Dieser Bestandsschutz soll jedoch nicht für Banken gelten, die als Aktiengesellschaften organisiert sind.- Mit welcher Begründung?Sonderlich durchdacht ist Basel III in diesem Punkt nicht. Warum soll eine Landesbank in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts von dem Bestandsschutz profitieren, nicht aber eine als Aktiengesellschaft geführte Landesbank? Eine stabile Kernkapitalquote ist für jedes Institut unabhängig von seiner Rechtsform von zentraler Bedeutung. Es wäre zu wünschen, dass Basel III an dieser Stelle korrigiert wird und der Bestandsschutz rechtsformunabhängig für stille Einlagen aller Banken gilt.- Stichwort Landesbanken, hat die EBA bei ihrem Stresstest stille Einlagen bei Landesbanken bereits an Basel III gemessen?Sie spielen auf die Situation bei der Nord/LB und der Helaba an und legen den Finger in die Wunde. Einerseits hat die EBA bei ihrem Stresstest stille Einlagen bereits an den verschärfenden Anforderungen von Basel III gemessen. Andererseits hat sie ausgeblendet, dass Basel III zugunsten der Banken einen temporären Bestandsschutz für existierende stille Einlagen vorsieht. Die EBA hat Basel III somit nicht nur präjudiziert, sondern auch noch zusätzlich verschärft.- Die deutsche Reaktion auf den Stresstest war auffallend heftig. Warum?Weil die EBA im Alleingang willkürlich eine neue Eigenkapitaldefinition geschaffen hat. Daher die Kritik seitens der Helaba, die ihre Teilnahme am Stresstest vorzeitig beendete. Und daher auch die heftige Kritik hochrangiger Vertreter der deutschen Bankenaufsichtsbehörden. Selbst Gewerkschaftsvertreter sind in die Reihe der EBA-Kritiker eingetreten. Sie haben die Vermutung geäußert, dass Landesbanken der EBA generell ein Dorn im Auge sind, weil hinter ihnen die öffentliche Hand steht. Fakt ist: Die EBA hat im Nachhinein selbst eingeräumt, dass der Stresstest auf ihrer Seite teilweise “chaotisch” verlaufen ist. Begründung: Sie sei noch eine junge Institution. Es ist zu bezweifeln, dass die EBA unter diesen Umständen das Risikoprofil deutscher Landesbanken in jedem Einzelfall angemessen bewerten konnte.- Rechnen Sie damit, dass stille Einlagen für Banken trotz Stresstest und Basel III weiterhin eine Rolle spielen werden?Ja, damit ist zu rechnen. Banken mit stillen Einlagen im Bestand haben ja auch schon Vorkehrungen für eine “Härtung” ihrer Einlagen getroffen. Sie wollen also an ihnen festhalten. Stille Einlagen werden auch künftig eine Rolle spielen, weil mit dieser Finanzierungsform keine Stimmrechte verbunden sind. Für Banken, bei denen es im Anteilseignerkreis im besonderen Maße auf ein austariertes Machtverhältnis ankommt, bleiben sie daher attraktiv, allen voran für Landesbanken, Genossenschaften und Sparkassen.—-Dr. Manuel Nodoushani ist Rechtsanwalt bei Broich Bezzenberger. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.