ASSET MANAGEMENT - IM INTERVIEW: WOLFGANG ENGSHUBER, UN-PRI

Nachhaltigkeit kann die Performance treiben

Der Vorsitzende der von der UN gegründeten Organisation für verantwortungsvolles Investieren über zögerliche deutsche Anleger

Nachhaltigkeit kann die Performance treiben

Unter Führung der UN haben Vertreter der zwanzig weltweit größten institutionellen Investoren vor gut fünf Jahren einen Best-Practice-Standard für verantwortungsbewusstes Investieren entwickelt. Rund 950 Gesellschaften mit 30 Bill. Dollar an Assets verpflichten sich inzwischen, diese UN Principles for Responsible Investment (UN-PRI) einzuhalten. Doch in Deutschland überwiegt noch die Zurückhaltung.- Herr Engshuber, Sie sind seit Jahresbeginn Chairman der UN-PRI. Für was steht Ihre Organisation?Die UN-PRI wurden vor etwas mehr als fünf Jahren durch die Vereinten Nationen gegründet. Es handelt sich um einen privatwirtschaftlichen Zusammenschluss von Investoren, Asset Managern und Service Providern, der durch die UN gefördert wird. Gemeinsam ist diesen Gesellschaften, dass sie verantwortungsbewusst handeln wollen und bei ihren Investments Umwelt- und soziale Themen sowie den Bereich Corporate Governance berücksichtigen. Dazu wurden sechs Prinzipien – PRI steht übrigens für Principles for Responsible Investment – entwickelt, denen sich jeder Unterzeichner verpflichtet. Somit sollen die Themen Environment, Social und Corporate Governance, die sogenannten ESG-Themen, möglichst weltweit Einzug in den Investmentprozess halten.- Warum sollten sich institutionelle Anleger denn überhaupt mit Themen wie Klimawandel oder Corporate Governance beschäftigen?Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Kapitalanlage trägt aus meiner Sicht klar langfristig zur Performance bei. Es geht also nicht darum, etwas zu tun, um das Gewissen zu beruhigen. Vielmehr führt es langfristig zu einem Vorteil für den Anleger, wenn ESG-Kriterien bei der Anlageentscheidung berücksichtigt werden.- Nach einer Umfrage von Union Investment lehnen institutionelle Investoren in Deutschland nachhaltiges Investment aber vor allem deswegen ab, weil sie schlechtere Renditen fürchten.Meines Erachtens kommt es bei dieser Frage ganz entscheidend auf den Anlagehorizont an. Wenn man sich auf mittel- bis langfristige Investments konzentriert, gibt es sehr viele Studien, die nachweisen, dass sich nachhaltiges Investieren rentiert. Kurzfristig mag der Markt von anderen Faktoren getrieben sein, da stimme ich Ihnen zu.- Wie viele institutionelle Anleger haben sich denn bereits verpflichtet, Nachhaltigkeit in ihren Prozess zu integrieren?Weltweit wachsen wir stark und haben inzwischen rund 950 Unterzeichner der UN-PRI. Davon stammt etwas mehr als die Hälfte aus dem Bereich Investment Managers. Diese Gesellschaften stehen gemeinsam für 30 Bill. Dollar an Vermögen.- In Deutschland konnten Sie bisher nur sehr wenige Gesellschaften von Ihrer Idee überzeugen.Ja, da haben Sie leider recht. Wir haben bisher hierzulande 22 Unterzeichner. Das hat meines Erachtens aber auch ganz praktische Gründe. Bis vor kurzem hatten wir in Deutschland noch kein eigenes Netzwerk, an das zum Beispiel auch Fragen zum Beitritt gerichtet werden konnten. Interessierte mussten sich daher direkt nach London wenden. Damit hatten wir bereits eine sprachliche Barriere aufgebaut. Und zudem – ich will auch etwas Selbstkritik üben – haben wir nicht genügend Informationen über den Beitritt und die damit verbundenen Verpflichtungen, aber auch Vorteile bereitgestellt. Jetzt haben wir ein deutsches Netzwerk und sind massiv dran, auch hierzulande mehr Unterstützer zu gewinnen.- Welche Verpflichtungen haben Investoren, wenn sie die UN-PRI unterzeichnen?Grundsätzlich verpflichten sie sich als Gesellschaft, die sechs Prinzipien des verantwortungsbewussten Investierens zu beachten. Darunter fallen der Einbezug von ESG-Themen in die Entscheidungsprozesse im Investmentbereich, aber etwa auch die Verpflichtung, ein aktiver Aktionär zu sein. Über die Aktivitäten und Fortschritte müssen die Gesellschaften einmal im Jahr im Rahmen einer Befragung Bericht erstatten. Wenn sie nicht oder nicht umfassend und aussagekräftig berichten, erfolgt der automatische Ausschluss. Seit diesem Jahr kommt als Verpflichtung eine Gebühr hinzu, mit der sich die Organisation finanziert. Diese richtet sich nach dem Volumen der Assets der beigetretenen Gesellschaft und kann von 300 bis 10 000 Dollar reichen.- Können Sie denn damit sicher sein, dass Gesellschaften mit Ihrem Gütesiegel kein Greenwashing betreiben?Wir lesen die Berichte der Gesellschaften sehr sorgfältig, Unstimmigkeiten fallen also auf. Zudem prüfen wir bei jährlich rund 40 % der Unterzeichner die Angaben telefonisch nach. So kommen wir auch denjenigen auf die Schliche, die falsche Angaben machen. Auch haben wir zum Teil sehr kritisches Feedback zu unseren Fragebögen erhalten. Derzeit überarbeiten wir die Evaluation und wollen die neuen Fragebögen möglichst straff halten und an die Gegebenheiten der unterschiedlichen Mitgliedsgruppen anpassen. Wenn eine Gesellschaft zum Beispiel nur Drittverwaltung macht, erübrigen sich viele Fragestellungen. Dann beschränkt man sich etwa darauf nachzuforschen, wie die Auswahl der Asset Manager vonstatten geht. Bei einer Gesellschaft, die viel Geld selbst verwaltet, ist das natürlich anders.- Sie werben vor allem damit, dass sich die Unterzeichner miteinander vernetzen können. Was können die Gesellschaften konkret voneinander lernen?Das kommt in gewisser Weise auch auf die Fragestellung der Gesellschaft an. Wenn Sie ein kleiner Pensionsfonds sind, der alle Gelder von Dritten verwalten lässt, geht es primär darum, welche Fragen man dem Asset Manager stellen sollte, damit man sicher sein kann, dass ESG-Themen Beachtung finden. Als Beispiel nenne ich da mal die Kompensationsstruktur der Mitarbeiter. Für breiter aufgestellte Gesellschaften findet der Austausch hauptsächlich themenbezogen statt. Vor kurzem wurden zum Beispiel in Gemeinschaftsarbeit umfassende Prinzipien zu nachhaltigem Investieren in landwirtschaftliche Flächen erstellt. Darin enthalten sind dann auch Antworten auf ganz praxisrelevante Fragestellungen. Jedem Interessenten stehen diese nun zur Verfügung.- Was bringt dem Privatanleger solch ein UN-Gütesiegel? Kann er konkret davon ausgehen, dass Gesellschaften, die sich den UN-PRI verpflichtet haben, das ihnen anvertraute Geld zum Beispiel nicht in Hersteller von Streubomben investieren?Im Rahmen unserer Initiative verpflichten sich die Gesellschaften auf die Grundprinzipien, die wir aufgestellt haben. Weiter sammeln wir in den Netzwerken unverbindlich Ideen, wie sich nachhaltiges Investieren umsetzen lässt. Dabei geben wir lediglich die normative Richtung vor, üben aber auf keinen unserer Unterzeichner Zwang aus, konkrete Dinge umzusetzen. Die Frage nach den Streubomben müssen Sie als Anleger daher mit dem Asset Manager direkt klären.- Aus wie vielen Mitarbeitern besteht Ihre Organisation, und wie finanziert sie sich?In der Vergangenheit haben wir uns über freiwillige Beiträge unserer Unterzeichner finanziert. Seit Anfang April nehmen wir von unseren Mitgliedern eine feste Gebühr. Das schafft uns eine stabile Einkommensbasis, sodass wir die verschiedenen Mitarbeiter und Projekte bezahlen können. In London, unserem Hauptsitz, haben wir 35 Mitarbeiter, und etwa 10 weitere sind über die Welt verstreut.- Ihre Organisation besteht jetzt seit fünf Jahren. Welche Ziele haben Sie sich für die nächsten Jahre vorgenommen?Erst einmal sehe ich es als meine Aufgabe, diese junge Organisation auf stabile Füße zu stellen. Da ist noch relativ viel zu tun. Zudem ist es unser Anspruch, global vertreten zu sein. Das sind wir aber bisher noch nicht, einzelne Regionen sind deutlich unterrepräsentiert. Dazu zähle ich zum Beispiel Asien, aber auch Deutschland. Auch wollen wir alle Assetklassen abdecken und dazu entsprechende Empfehlungen erstellen. Wichtig ist, dass wir durch die Aktivitäten unserer Unterzeichner und durch unsere Unterstützung auch wirklich etwas bewirken. Dieser sogenannte Impact wird eine wichtige Messlatte sein. Sie sehen, es bleibt viel zu tun.—-Das Interview führte Julia Roebke. ——Deutsche Teilnehmer- Allianz SE- Bayerische Versorgungskammer- Dreilinden- KfW Bankengruppe- LBBW- Munich Re- Aquila Capital Green Assets- BPE Fund Investors- Deutsche Asset Management- Endeavour Capital- Finance in Motion- GLS Bank- Palero Capital – Union Asset Management- WestLB Mellon AM- 3P Finanz- Forest Cerbon Group- Funds@Work- Imug Beratungsgesellschaft- Oekom Research- SD-M Sustainable Development Management- VIP eV——