ASSET MANAGEMENT - GASTBEITRAG

Nachhaltigkeit zahlt sich aus

Börsen-Zeitung, 18.10.2011 Spätestens die aktuelle Schuldenkrise hat gezeigt, dass die Finanzanalyse alleine als Frühindikator nicht funktioniert. Traditionelle Kreditratings wirkten in jüngster Vergangenheit in vielen Fällen eher wie eine...

Nachhaltigkeit zahlt sich aus

Spätestens die aktuelle Schuldenkrise hat gezeigt, dass die Finanzanalyse alleine als Frühindikator nicht funktioniert. Traditionelle Kreditratings wirkten in jüngster Vergangenheit in vielen Fällen eher wie eine Begleiterscheinung der Gegenwart und nicht als Indikator für die Zukunft. Nachhaltigkeitskriterien liefern hier eine sinnvolle Ergänzung – und zahlen sich aus.Sowohl in Industrie- als auch in Schwellenländern war die Wertentwicklung von Staatsanleihen nachhaltiger Länder in den letzten Jahren überdurchschnittlich. Während nachhaltige Industriestaaten vor allem von der aktuellen Schuldenkrise weitgehend verschont blieben, lieferten nachhaltige Schwellenländer eine deutlich bessere Wertentwicklung als nicht nachhaltige Staaten aus derselben Ländergruppe.Der Grund hierfür: Nur nachhaltig wirtschaftende Länder sind auf Dauer in der Lage, ihre staatlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Als “nachhaltig” gelten Länder, die entweder in hohem Maß über Ressourcen verfügen und/oder diese effizient nutzen. Wirtschaftliche Aktivität setzt die Verfügbarkeit von Ressourcen voraus. Die Grundlage bilden dabei natürliche Ressourcen, die in den meisten Fällen nur begrenzt verfügbar sind, beispielsweise Boden oder Wasser. Ergänzend hinzu kommen Sach- und Humanressourcen. Durch ihren Einsatz werden Güter und Dienstleistungen produziert, die einerseits die Lebensqualität fördern und andererseits wiederum zur Vermehrung der Sach- und Humanressourcen beitragen. Sparsame VerwendungGleichzeitig führt die laufende Steigerung des Wohlstandes zur Verknappung natürlicher Ressourcen. Für eine nachhaltige Entwicklung müssen die natürlichen Ressourcen also möglichst sparsam verwendet werden, wozu effiziente Rahmenbedingungen in Wirtschaft, Regierung und sozialem Umfeld beitragen.Zu den Ländern mit einer hohen Ressourcenverfügbarkeit gehören beispielsweise Schweden, Australien und Brasilien. Ressourcenarm aber hoch effizient sind Japan, die Niederlande und Deutschland. Zu den ineffizienten – und damit nicht nachhaltigen – Ländern zählen unter anderem Griechenland, Portugal und die Vereinigten Staaten von Amerika.Ein Vergleich der Wertentwicklung der im World Government Bond Index von Citigroup enthaltenen Staatsanleihen zeigt, dass sich nachhaltiges Wirtschaften nicht nur für die Staaten selbst auszahlt, sondern auch einen positiven Einfluss auf die Performance ihrer Staatsanleihen hat.Über die vergangenen fünfeinhalb Jahre beträgt die durchschnittliche jährliche Überrendite der Anleihen von nachhaltigen Industriestaaten 2,4 %. Die Anleihen von nachhaltig wirtschaftenden Ländern entwickeln sich also deutlich positiver. Entkopplung seit 2009Hervorzuheben sind hier beispielsweise die Schweiz, Schweden oder Australien. Eine signifikante Entkopplung der Anleihen von nachhaltigen und nicht nachhaltigen Ländern tritt ab Mitte des Jahres 2009 ein und wird besonders deutlich im Jahr 2010. Dafür gibt es folgende Gründe: Insbesondere in der südlichen Eurozone sind die Kurse infolge der Schuldenkrise massiv eingebrochen. Die betroffenen Länder leben seit vielen Jahren nicht nur über ihre finanziellen, sondern auch über ihre ökologischen Verhältnisse.Verstärkend wirken die Überalterung der Gesellschaft und eine wenig effiziente Ressourcennutzung, die wiederum zu einer niedrigen Wettbewerbsfähigkeit führt. Doch auch Defizite in den politischen und sozialen Rahmenbedingungen sind nicht zu unterschätzen.Bei den Schwellenländern zeigt sich der positive Einfluss von Nachhaltigkeit auf die Wertentwicklung von Staatsanleihen sogar noch deutlicher. Die Anleihen von als nachhaltig eingestuften Staaten im Government Bond Index – Emerging Markets von J.P. Morgan erwirtschaften gegenüber den nicht nachhaltigen Staatsanleihen eine durchschnittliche jährliche Überrendite von 8,1 % bei marktgewichtetem Index und 6,6 % bei gleichgewichtetem Index. Als nachhaltige Schwellenländer heben sich vor allem südamerikanische Staaten wie Brasilien oder Peru hervor. Unterschiedliche FaktorenDer positive Einfluss von Nachhaltigkeit auf die Performance von Staatsanleihen ist zwar sowohl bei Industriestaaten als auch bei Schwellenländern gegeben. Bei den Einflussfaktoren gibt es jedoch Unterschiede. Für Industriestaaten sind Verschuldung, Bildungseffizienz, ökologische Schutzgebiete und die Effektivität der Regierung von besonderer Bedeutung.Der Zusammenhang ist klar ersichtlich: So wird das Bedienen von Staatsanleihen bei einer steigenden Verschuldung laufend schwieriger. Hohe Schulden können ab einem gewissen Niveau sogar die Produktion hemmen. Oft sind die Schulden aber auch erst aufgrund geringer Produktivität entstanden.Demgegenüber ist ein innovationsfreudiges Land mit einer gut ausgebildeten Bevölkerung produktiver und deshalb eher in der Lage, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Durch die Verfügbarkeit und die gleichzeitig sparsame Verwendung von Ressourcen werden auch die Produktionsmöglichkeiten erweitert. Und schließlich sorgt eine gute Staatsführung für eine effiziente Verteilung der Ressourcen und für einen reibungsarmen Ablauf der wirtschaftlichen Aktivitäten.Für Schwellenländer ist das ökologische Kapital besonders bedeutend. Ökologische Reserven, Wasserknappheit und Biokapazität spielen eine übergeordnete Rolle. Doch auch soziale Faktoren, wie die Effizienz des Gesundheits- oder Bildungssystems, haben einen Einfluss auf die Wertentwicklung der Anleihen. Der Zusammenhang liegt auf der Hand: Ein “Startbonus” vieler Schwellenländer für ihre wirtschaftliche Entwicklung ist die großzügige Verfügbarkeit ökologischer Ressourcen. In den Bereichen Gesundheit und Bildung führen bereits kleine Verbesserungen zu relativ großen Produktivitätssteigerungen. Junge GesellschaftDarüber hinaus begünstigt der vergleichsweise hohe Anteil jüngerer Generationen eine dynamische Wirtschaftsentwicklung. Ein zu starker Überhang von Kindern und jungen Erwachsenen wirkt sich allerdings wieder eher nachteilig aus, beispielsweise durch hohe Ausbildungskosten und steigenden Druck auf die natürlichen Ressourcen.Die zunehmende Ressourcenknappheit wird den Trend zukünftig noch weiter verstärken, dass die Anleihen nachhaltiger Emittenten eine bessere Wertentwicklung verzeichnen als die der nicht nachhaltigen. Langfristig werden im globalen Wettbewerb nur Länder mit einer hohen Ressourcenverfügbarkeit und/oder -effizienz erfolgreich und leistungsfähig bleiben. Und nur erfolgreiche und leistungsfähige Länder sind in der Lage, ihre staatlichen Verpflichtungen – wozu auch die planmäßigen Zins- und Tilgungszahlungen auf Staatsanleihen gehören – nachhaltig zu erfüllen.