Finanzen persönlich

Nettobezüge entscheiden über Rente

Studien schocken mit Bruttorechnungen - Versorgungslücke aber meist geringer

Nettobezüge entscheiden über Rente

Von Andreas Kunze Private Altersvorsorge ist wichtig, keine Frage. Allerdings sind die Werbemethoden einiger Finanzunternehmen fragwürdig: Sie rechnen die stets erschreckend klingenden “Versorgungslücken” brutto vor – für die Rentner kommt es indes darauf an, was netto übrig bleibt. Und das ist deutlich mehr, als Studien häufig skizzieren.Kaum ein Monat vergeht ohne neue Studien zur Altersvorsorge. Die Ergebnisse sind praktisch immer gleich: Ohne weitere private Altersvorsorge droht den Bundesbürgern bittere Altersarmut. Meist sind es Unternehmen wie Versicherungen oder Banken, die diese Studien in Auftrag geben und ganz offensichtlich für den Verkauf von Altersvorsorgeverträgen nutzen wollen. Erschreckende SzenarienTypisch dabei ist, dass die “Versorgungslücke” in Prozent zum letzten Bruttoeinkommen eines Berufstätigen angegeben wird. So vermeldete jüngst eine Fondsgesellschaft, mit Rentenbeginn könne der durchschnittliche Bundesbürger lediglich 56 % seines letzten Bruttoeinkommens erwarten – eine Versorgungslücke mithin von 44 %. Dem späteren Rentner kann der Unterschied zum bisherigen Bruttoeinkommen aber ziemlich egal sein. Für den Alltag maßgeblich ist das Nettoeinkommen. Und netto betrachtet sieht die Lage der Rentner besser aus, als die Auftragsstudien üblicherweise weismachen wollen. Das hat mehrere Gründe.Als Erstes zu nennen wäre die Einkommensteuer. Aufgrund der Steuerprogression in Deutschland steigt die Steuerlast mit steigendem Einkommen überproportional an – andererseits fällt sie überproportional, wenn das Einkommen sinkt. Das kommt den Rentnern zugute. Denn vereinfacht gesagt: Wenn sich das Einkommen halbiert, wird sich die Steuer mehr als nur halbieren. Sozialabgaben entfallen Auch verbessert sich die Lage der Rentner, da der Abzug von Sozialabgaben für gesetzliche Renten- und Arbeitslosenversicherung entfällt. Denn allein der Arbeitnehmeranteil an der gesetzlichen Rentenversicherung schmälert das Bruttoeinkommen eines Berufstätigen derzeit um knapp 10 %. Unterm Strich bleibt mehrDie Nettoeinbuße im Vergleich zum letzten Arbeitseinkommen fällt dadurch spürbar geringer aus. Der Fachinformationsdienst Fintext.de, Düsseldorf, hat errechnet: Auf Basis heutiger Steuertabellen kommt ein Rentnerehepaar mit 75 % des vorherigen Bruttoeinkommens etwa auf so viel Nettoeinkommen wie zuvor im Berufsleben (vgl. Tabelle). Dabei wurde ein Renteneintritt 2007 unterstellt, bei dem 54 % der gesetzlichen Rente versteuert werden müssen. Laut Fintext-Steuerexperte Hans W. Fröhlich steigt der steuerpflichtige Anteil in den nächsten Jahren an und erreicht 2040 schließlich 100 %. Volle Besteuerung ab 2040Auch das Szenario einer vollen Rentenbesteuerung für Neurentner im Jahr 2040 hat Fintext.de durchgerechnet. Mit 75 % des bisherigen Bruttoeinkommens käme das Rentnerehepaar noch auf etwa 90 % des letzten Nettoeinkommens. Bezieht das Beispielehepaar nur die Hälfte seines bisherigen Bruttoarbeitseinkommens, bleiben netto immerhin noch etwa zwei Drittel des bisherigen Nettoeinkommens. Niemand kann seriös sagen, wie sich das Nettoeinkommen eines Rentners in 30 oder 40 Jahren berechnet. Bis dahin kann der Gesetzgeber viel ändern. Aber dass die Versorgungslücke netto geringer sei als brutto, dürfte immer so bleiben, sagt Fröhlich.