Anlageprodukte

Neue Produkte mit alten Problemen

Volatilität gilt als eigene Assetklasse - ETN und Zertifikate eignen sich nicht zur Depotabsicherung

Neue Produkte mit alten Problemen

Von Armin Schmitz, FrankfurtDer deutsche Aktienmarkt hat sich in den vergangenen fünf Monaten in einem Korridor seitwärts bewegt. Diese Marktphase lässt viele Anleger vergessen, dass der Dax doch ein sehr volatiles Jahr hinter sich hat. So ist der VDax, der die vom Markt erwartete Schwankungsbreite im deutschen Leitindex misst, im April auf 16,5 % gesunken. Das war der tiefste Stand seit der Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers. Der drohende Staatsbankrott Griechenlands und der Vulkanausbruch in Island trieben das Angstbarometer dann aber auf mehr als 34 %. Die Pendelbörse hat den VDax in den vergangenen Wochen auf Werte zwischen 19 und 24 % fallen lassen.Die Volatilität gibt die Höhe der Kursausschläge an und nicht die Richtung des Marktes. Aktienkurse fallen durch das Auslösen von Stop-Loss-Orders meistens schneller als sie steigen. Daher wächst der Volatilitätswert in der Baisse stärker als während einer Rally. Die Spezialisten unterscheiden zwei Arten von Volatilität: Die implizite Volatilität wird als die vom Markt bzw. den Anlegern erwartete Schwankungsbreite der Kurse definiert. Sie lässt sich aus den Optionen auf die Indizes ableiten. Die historische Volatilität ist die Schwankungsbreite, die tatsächlich stattgefunden hat. Da fallende Aktienkurse mit einem Anstieg der Volatilität einhergehen, werden gerne Volatilitätsprodukte empfohlen, um im Idealfall die Verluste von Aktien im Portfolio auszugleichen. Anleger können allerdings meist nicht direkt in Volatilitätsindizes wie den VDax oder auch den US-Volatilitätsindex VIX investieren. Der VIX bildet die impliziten, also die vom Markt erwarteten Volatilitäten des S & P 500 ab. Investoren können über Terminkontrakte auf die Entwicklung dieser Indizes setzen. Ein Einstieg für Privatanleger ist auch über Zertifikate, Exchange Traded Notes (ETN) und Exchange Traded Funds (ETF) möglich.Zertifikate haben in der Vergangenheit enttäuscht. Die klassischen “Vola-Zertifikate” haben den zeitnahen Anstieg der Volatilität nur selten eins zu eins abgebildet. Während sich ein Volatilitätsanstieg lediglich auf die kurzen Laufzeiten der Terminkontrakte auswirkte, hinkte die Performance in den längeren Laufzeiten nach. Seit Dezember 2009 bietet Barclays mit dem S & P 500 Vix Short-Term Futures Index ETN (DE000BC1C7Q6) und dem S & P 500 Vix Mid-Term Futures Index ETN (DE000BC1C7R4) zwei ETN an, die durch die Verpackung der Schuldverschreibungen einem Zertifikat gleichen und damit ein Emittentenrisiko haben. Diese “Notes” spiegeln die Wertentwicklung der Volatilitätsindizes S & P 500 VIX Short-Term Futures Index TR sowie S & P 500 VIX Mid-Term Futures Index TR wider und ermöglichen es, an der Entwicklung der impliziten, also vom Markt prognostizierten Volatilität des S & P 500-Index zu partizipieren. Im Unterschied zu den Zertifikaten bildet beispielsweise der iPath VStoxx Short-Term Futures TR ETN ein hypothetisches Portfolio ab, das durch faktisch tägliches Rollen immer einen VStoxx-Futures mit exakt einmonatiger Restlaufzeit erzeugt. Auf diesem Wege sollen Rollverluste minimiert werden. Das Rollen erfolgt zudem zu durchschnittlichen Marktpreisen, sodass der Spread im VStoxx-Future sich nicht negativ auf die Performance auswirkt. Trotzdem besteht wie bei den Zertifikaten das Problem, dass in Phasen mit niedriger Volatilität die weiter in der Zukunft liegenden Futures-Kontrakte bereits deutlich höher als die aktuellen notieren. Die als Contango bezeichnete Situation führt beim Wechsel von einem zum nächsten Termin zu Rollverlusten. Häufig sind diese Rollverluste größer als der Anstieg der Volatilität. Bei längerfristigen Engagements in diese Produkte kann es dann zu Verlusten kommen. Da sich die Volatilität seit Oktober 2008 fast kontinuierlich zurückgebildet hat, musst der Anleger mit einem Buy-and-Hold-Ansatz dann auch unweigerlich Einbußen hinnehmen.Ein Blick auf die Charts der ETN zeigt, dass die Anstiegsphasen des Kurses kurz und steil sind. Aktive Trader können in diesen kurzfristigen Phasen durchaus hohe Gewinne erzielen. Letztlich eignen sich diese Produkte für ein kurzfristiges taktisches Engagement, aber weniger als Instrument zur Depotabsicherung.