Neue Strukturen in LBO-Finanzierungen
Von Sandra Pfister *)Auch in unbeständigen Märkten ist die LBO-Finanzierung eines Unternehmenserwerbs, also die Finanzierung eines Kaufpreisteils über Fremdkapital, aus Sicht der Käufer von Leveraged Buy-outs (LBO) wegen des damit zu erzielenden Hebeleffekts attraktiv. Vor dem Hintergrund insbesondere der andauernden europäischen Staatsschuldenkrise und der gestiegenen regulatorischen Anforderungen haben sich die wirtschaftlichen Parameter und die Dokumentation der Finanzierung solcher LBOs jedoch im Vergleich zu den Vorkrisenjahren wesentlich geändert. Mehr EigenkapitalSo müssen Käufer heute regelmäßig zwischen 30 % und 50 % Eigenkapital aufbringen im Vergleich zu etwa 10 bis 25 % in früheren Jahren. Auch legen die finanzierenden Institute bei den vorrangigen Krediten vermehrt Wert darauf, dass ein Teil der Termindarlehen bereits während der Laufzeit und nicht erst am Ende getilgt werden. Daher hat die Bedeutung der Tilgungstranche, der Tranche A, im Vergleich zu den Boomjahren vor der Krise erheblich zugenommen. Neben den vertraglich vereinbarten regelmäßigen Tilgungsraten sind die Kreditnehmer verpflichtet, überschüssige Liquidität zur Tilgung des Kredits zu nutzen (so genannte Cash Sweeps). Gleichzeitig schwindet das Angebot der langfristigen und endfälligen Terminkredit-Tranche C – nicht zuletzt, weil das Volumen des Fremdmittelanteils heute geringer ist. Hinzu kommt, dass der Syndizierungsmarkt für LBO-Finanzierungen seit Mitte vergangen Jahres wieder zurückgeht, und das trotz nahezu historisch hoher Margen.Aber die Strukturänderung betrifft auch die Nachrangfinanzierung: PIK-Kredite (Payment in Kind), bei denen der Kreditnehmer am Ende einer Zinsperiode die Wahl hat, ob er die Zinsen bar zahlt oder die aufgelaufenen Zinsen auf den ursprünglichen Kreditbetrag aufgeschlagen werden, und Second-Lien-Kapital, also Fremdmittel, die bezüglich der laufenden Zahlungen den vorrangigen Krediten gleichgestellt sind, aber nur einen nachrangigen Zugriff auf die Sicherheiten bieten – sind zumindest als langfristige nachrangige Finanzierungsinstrumente bedeutungslos geworden. Dafür ziehen LBO-Käufer vermehrt alternative Quellen in Betracht, darunter Kaufpreisstundungen, das heißt Verkäuferdarlehen (Vendor Loans) und hochverzinsliche Anleihen (High-Yield-Bonds).Wesentlich aus Sicht des Kreditinstituts und des Investors ist die Sicherung des freien Cash-flow auf der Ebene der Zielgesellschaft; der Kreditvertrag muss daher das Risikoprofil und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Darlehensnehmer widerspiegeln. Gab es früher so genannte Covenant-light-Kredite, führt in der aktuellen Dokumentation von LBO-Krediten kein Weg an gut durchdachten und umfassenden Frühwarn- und Risikosteuerungsmechanismen vorbei.Von besonderer Bedeutung sind dabei die Financial Covenants, also die Finanzkennzahlen oder Kapitalstrukturauflagen. Sie beziehen sich auf die finanzielle Situation des Kreditnehmers und verpflichten daher die Zielgesellschaft, während der Laufzeit des Kredits fest vereinbarte Kennzahlen einzuhalten. Die in der Praxis wesentlichen Covenants sind der Verschuldungsgrad oder die Leverage Ratio, bei dem das Verhältnis von Nettoverschuldung zum Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) betrachtet wird, der Kapitaldienstdeckungsgrad oder die Cash-flow Cover Ratio, also das Verhältnis von operativem Cash-flow zum Schuldendienst, und der Zinsdeckungsgrad (Interest Cover Ratio), also das Verhältnis von Zinsaufwand zum operativen Ergebnis Ebitda. Die Sicherheitsaufschläge (Headroom) zwischen dem Wert der jeweiligen Finanzkennzahl nach den Berechnungen des Managements und dem festgelegten Financial Covenant ist, ohne dass sich dies wie früher positiv auf den Zinssatz auswirken würde, derzeit recht knapp bemessen. Allgemeine AuflagenZur Sicherung des Cash-flow werden die Kreditnehmer zudem über die General Covenants, also allgemeinen Kreditauflagen, verpflichtet, zum Beispiel die generelle Natur des operativen Geschäfts, wie sie zum Zeitpunkt der Kreditgewährung bestand, nicht beziehungsweise nur mit Zustimmung der Mehrheit der Kreditgeber zu ändern. Dies betrifft sowohl die Aktivitäten der Obergesellschaft als auch die unter dem Kreditvertrag verpflichteten Gruppengesellschaften und die Unternehmensgruppe insgesamt. Gleichzeitig werden Akquisitionen, Verkäufe von Vermögenswerten, Firmengründungen einschließlich Joint Ventures und andere Geschäftsvorgänge unter Auflagen gestellt.Den dritten Sockel der Frühwarn- und Risikosteuerungsmechanismen bilden die Informationsauflagen. Diese Information Covenants beziehen sich vorrangig auf die Offenlegung interner Unternehmensdaten und Finanzinformationen, darunter die Jahresabschlüsse, Quartals- und Monatsberichterstattung und ein Business Plan mit Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanz und Cash-flow-Rechnung sowie Investitionsplanung für mindestens drei Jahre.Neben den Financial Covenants und den weiteren Auflagen sehen LBO-Finanzierungen weitere Beschränkungen vor, darunter oft die so genannte Material Adverse Change oder MAC-Klausel. Bei einer anhand spezifischer Beispiele definierten wesentlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen beziehungsweise rechtlichen Verhältnisse der Zielgesellschaft und/oder der Unternehmensgruppe insgesamt kann die Zielgesellschaft oder auch eine andere Gruppengesellschaft dazu verpflichtet werden, weitere Sicherheiten zu bestellen. Die MAC-Klausel ähnelt dabei im Grundsatz dem außerordentlichen Kündigungsrecht, welches das deutsche Recht in § 490 BGB für Kreditverträge vorsieht, geht jedoch im Regelfall darüber hinaus. Isolierte AusnahmenDie Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Financial Covenants oder die weiteren Auflagen des LBO-Kreditvertrags können vielschichtig sein und reichen bis hin zum letzten Mittel: Kündigung und Fälligstellung des gesamten Kreditengagements. Allerdings kann es – wenngleich dies seit Beginn der Finanzkrise eher ungewöhnlich geworden ist – sinnvoll sein, etwa bei einer Zielgesellschaft mit einem zyklischen Geschäftsmodell, aber mit ansonsten grundsätzlich stabilem Cash-flow und einer starken, diversifizierten Kundenbasis, im Einzelfall und eventuell unter strengen Auflagen und gegen Zahlung einer erhöhten Marge, isolierte Ausnahmen (Mulligans) oder Zahlungen der Gesellschafter (Equity Cures) zuzulassen. Dabei wird die Anzahl möglicher Equity-Cure-Rechte stark beschränkt und ihre Heilungswirkung auf die Vergangenheit beschränkt sein. Nach- und gleichrangigSofern die alternativen Finanzierungsquellen nicht an die Stelle der Kreditfinanzierung treten, sondern sie ergänzen oder – gerade im Fall der High-Yield-Bonds – diese teilweise ablösen, stellt sich die Frage nach dem Verhältnis aller Finanzierungsquellen untereinander. Vendor Notes sind immer nachrangig und aufgrund der damit verbundenen Komplikationen im Regelfall nicht besichert. High-Yield-Bonds hingegen sind heute gerne mit der LBO Kreditfinanzierung gleichrangig und durch dieselben Sicherheiten besichert.Dies wirft insbesondere Fragen bezüglich der Kontrolle und Steuerung der Verwertung der Sicherheiten auf. In der Praxis wird die Verwertung durch den Sicherheitentreuhänder unter der LBO-Kreditfinanzierung betrieben. Allerdings wird den Gläubigern der hochverzinslichen Anleihen häufig ein Mitbestimmungsrecht eingeräumt, sobald die Kredite auf einen bestimmten Prozentsatz der Gesamtfinanzierung zurückgeführt worden sind. Auch wird es interessant sein zu sehen, wie die Loan Market Association (LMA) mit diesen Themen in der bevorstehenden Neuauflage des von ihr veröffentlichten Musters einer Gläubigervereinbarung (Intercreditor Agreement) umgeht.Neben all diesen strukturellen Änderungen dürften auch die Kosten der LBO-Finanzierung weiter steigen. Denn sowohl die Auflagen aus Basel III und die Kapitaladäquanzrichtlinie (CRD IV) in Europa als auch der Dodd-Frank Act in den USA erhöhen die Eigenkapitalanforderungen der Banken.—-*) Sandra Pfister ist Partnerin im Frankfurter Büro von Kaye Scholer.