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Neuer Optimismus in Japan

Der Abwärtstrend der Wirtschaft nach der Katastrophe scheint gestoppt zu sein - Unternehmen gelten als günstig bewertet

Neuer Optimismus in Japan

Das Erdbeben, der Tsunami und die nachfolgende Atom-Katastrophe in Japan haben neben der Bevölkerung auch die Wirtschaft des Landes hart getroffen. Die Kosten werden auf bis zu 400 Mrd. Euro geschätzt: Die Produktionsausfälle in der japanischen Industrie bedrohen das hart erarbeitete Standing des Landes als Exportnation. Allerdings gibt es auch Grund für Optimismus.Von Martin Hampel, FrankfurtDer Blick auf die Gewinnprognosen japanischer Unternehmen ist zunächst einmal düster. Einen Rückgang um rund 20 % im Bereich des verarbeitenden Gewerbes prognostiziert die Deutsche Bank für das laufende Jahr (siehe Grafik). Allerdings wird dieses Minus den Erwartungen der Analysten zufolge in den Jahren 2012 und 2013 wieder gutgemacht. Für 2012 rechnet die Deutsche Bank mit einem Anstieg der Gewinne um mehr als 55 % im industriellen Sektor. Für das Jahr darauf wird das Gewinnwachstum auf noch einmal gut 30 % geschätzt. Kräftiges ExportwachstumZu den positiven Prognosen hinzu kommt der Umstand, dass die Aktien in Japan nach Jahren der Rezession und weiteren starken Kursverlusten infolge der Naturkatastrophe im März dieses Jahres verglichen mit anderen Märkten ziemlich günstig bewertet sind. Und die makroökonomische Seite scheint die Wirtschaft nun ebenfalls zu stützen. Vergangene Woche berichtete das Finanzministerium in Tokio über ein Exportwachstum im Mai, und auch für die Juni-Zahlen sind Analysten positiv gestimmt. Die Commerzbank konstatierte angesichts der Steigerung in der Industrieproduktion im Mai: “Der japanischen Industrie gelingt es offenbar immer besser, die durch die Naturkatastrophe unterbrochenen Zulieferketten wieder aufzubauen.” Nichtsdestoweniger sei im Schnitt für das zweite Quartal noch mit einem Minus in der Industrieproduktion zu rechnen, selbst wenn im Juni eine weitere Steigerung gelingen sollte. Denn das Minus in der Folge der Katastrophe sei zu scharf gewesen. Zumindest der Abwärtstrend scheint vorläufig gestoppt. Impulse im zweiten HalbjahrDie Analysten der DZ Bank sehen Japan wegen des Erdbebens zwar derzeit in einer Rezessionsphase. Im zweiten Halbjahr sollte aber der Wiederaufbau allmählich positive Konjunkturimpulse geben, heißt es in einer Analyse. “Wir empfehlen, Schwächephasen zum Aufbau von Beständen in Exportwerten zu nutzen, weil diese zusätzlich von einer möglichen Abschwächung des Yen gegenüber dem Dollar profitieren sollten.” Für Anleger aus dem Euroraum sieht die Bank nur ein moderates Währungsrisiko im Yen. Bei Barclays Capital ist man hoffnungsvoll und geht davon aus, dass der Nikkei bis Jahresende um rund 1 000 auf 10 800 Zähler ansteigt.Klar ist aber auch: Die Folgen des Bebens sind noch nicht ausgestanden. Sowohl bei der Energieversorgung – Verbraucher und Unternehmen sollen künftig rund 15 % Strom sparen – als auch in den Produktionsketten und in der Zulieferindustrie klaffen noch Lücken. Allerdings geht die Notenbank davon aus, dass diese Löcher langsam, aber sicher gestopft werden und dass die bald wieder produzierten Güter zahlreiche Abnehmer in Japan wie auch in vielen anderen Staaten finden werden.Das bleibt jedenfalls zu hoffen. Die Exportabhängigkeit Japans kann auch ein Risiko sein. Was das Land in Zeiten eines globalen Aufschwungs attraktiv machte, kann zur Gefahr werden, wenn es bergab geht. Japan exportiert viel in die asiatischen Schwellenländer – dort aber ist zu beobachten, dass der Wachstumstrend abflacht. Sollte die Nachfrage aus den Schwellenländern ausbleiben, werden das die japanischen Unternehmen zu spüren bekommen. Zögernde InvestorenDer Optimismus scheint indes viele Anleger noch nicht zu überzeugen. Laut einer Umfrage von Bank of America Merrill Lynch ist Japan nach wie vor die Region, an der die globalen Asset Manager lieber vorbeigehen. Die Untergewichtung japanischer Titel in den Portfolios hat sich von 17 auf 22 % im Juni sogar noch erhöht, obwohl die japanischen Fondsmanager laut Bank of America Merrill Lynch besonders optimistisch sind. Damit hat sich die Stimmung gedreht: Noch in den Monaten zuvor waren es vor allem die japanischen Investoren, die die heimischen Aktien auf den Verkaufslisten hatten. Investoren aus anderen Ländern hingegen stellten einen Rekord auf, indem sie bis Mai dieses Jahres 29 Wochen in Folge als Nettokäufer japanischer Aktien auftraten.Die derzeitige Zurückhaltung der Ausländer könnte freilich auch daran liegen, dass die Lage auch dreieinhalb Monate nach der Naturkatastrophe noch unübersichtlich ist und die Anleger grundsätzlich auf Sicherheit spielen. Die Spätfolgen des Reaktorunglücks sind noch nicht genau einzuschätzen. Allerdings erwartet auch Barclays, dass von Herbst an neben den japanischen auch die Investoren aus anderen Nationen in Japan wieder als Käufer auftreten. Die Voraussetzung dafür dürfte aber sein, dass sich die Lage in Europa und den USA ebenso wie in Japan dann etwas übersichtlicher gestaltet.