Neues BFH-Urteil zu Optionsanleihen
Von Wilfried Schaefer und Ulf Johannemann *) Optionsanleihen verbriefen neben einem verzinslichen Anspruch auf Rückzahlung des investierten Kapitals das Recht, junge Aktien an der ausgebenden Kapitalgesellschaft zu einem festgelegten Preis zu beziehen. Als Gegenleistung für die Einräumung des Optionsrechtes zahlt der Anleger entweder einen über dem Nennbetrag der Optionsanleihe liegenden Preis (offenes Aufgeld), oder er akzeptiert eine unter dem Marktzins liegende Verzinsung (verdecktes Aufgeld). Steuerfrage umstrittenIn der Handelsbilanz des Emittenten der Optionsanleihe ist das Aufgeld gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB als Einlage zu qualifizieren und dem Eigenkapital zuzuordnen. Die steuerbilanzielle Behandlung des Aufgeldes bei der die Optionsanleihe ausgebenden Kapitalgesellschaft ist dagegen umstritten. Während Teile der Fachliteratur die handelsbilanzielle Einordnung als Eigenkapital auch steuerlich für maßgeblich halten, lässt die Finanzverwaltung eine Zuordnung zum Eigenkapital in der Praxis nur zu, soweit das Optionsrecht durch den Anleger ausgeübt wird. Verfällt das Optionsrecht dagegen, weil der Marktpreis der Aktien unter dem vereinbarten Ausübungspreis liegt, ist das Aufgeld gewinnerhöhend zu vereinnahmen (vgl. OFD München vom 22. 8. 2000, BB 2000, 2628). Zwei FälleObwohl Optionsanleihen bereits seit mehreren Jahrzehnten ausgegeben werden, hatte der Bundesfinanzhof (BFH) erst jetzt die Gelegenheit, die Verwaltungspraxis anhand von zwei Fällen zu überprüfen (I R 3/4; R 26/04). Es ging im Kern um die Frage, ob das bei der Emission von Optionsanleihen vereinnahmte Aufgeld steuerlich auch dann dem Eigenkapital der Emittentin zuzuordnen ist, wenn der Anleger sein Optionsrecht nicht ausübt und kein Aktionär der emittierenden Kapitalgesellschaft wird. Anders als die Finanzgerichte (FG München vom 4. 2. 2004, DStRE 2005, 953; FG Düsseldorf vom 28. 10.72003, EFG 2004, 288) hat der BFH diese Frage bejaht und die Verwaltungspraxis damit verworfen. Eine ausführliche Urteilsbegründung steht derzeit noch aus. Es wird jedoch erwartet, dass der BFH seine Entscheidung unter Berufung auf den Sinn und Zweck des steuerlichen Einlagebegriffs begründet. Danach sind bei der steuerlichen Gewinnermittlung diejenigen Beträge auszuscheiden, die nicht durch den Einsatz von Ressourcen des Unternehmens – wie z. B. vom Unternehmen erworbene Wirtschaftsgüter oder durch das Unternehmen eingegangene Risiken – erwirtschaftet werden und damit keinen “echten betrieblichen Gewinn” darstellen. Im Fall der Emission von Optionsanleihen hat die ausgebende Kapitalgesellschaft keine eigenen Aufwendungen, da sie bei Ausübung des Bezugsrechts die zu liefernden Aktien aus einer Kapitalerhöhung bereitstellt. Eine Erfassung des Aufgeldes als steuerpflichtiger Gewinn ist daher nicht gerechtfertigt. Unklar ist derzeit, ob aus der Zuordnung der Aufgelder zum Eigenkapital der Emittentin folgt, dass auch durch den Anleger erzielte Gewinne aus der Veräußerung der Optionsrechte steuerlich wie Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften behandelt werden und damit steuerbegünstigt sind. Zudem bleibt abzuwarten, ob die vom BFH entwickelten Grundsätze zur steuerbilanziellen Behandlung von Optionsanleihen auf Grundlage der Urteilsbegründungen auch auf Wandelschuldverschreibungen übertragen werden können.*) Wilfried Schaefer ist Partner, Dr. Ulf Johannemann LL.M Mitarbeiter im Frankfurter Büro von Freshfields Bruckhaus Deringer.