RECHT UND KAPITALMARKT - KANZLEIEN IM GESPRÄCH

Noerr profiliert sich als deutsche Kanzlei mit internationalem Anspruch

Eröffnung in Brüssel und Kooperation mit Patentanwälten - Weiteres Wachstum

Noerr profiliert sich als deutsche Kanzlei mit internationalem Anspruch

Walther Becker, FrankfurtSie ist neben Hengeler Mueller und Gleiss Lutz eine der drei großen deutschen Anwaltskanzleien, die sich nicht an einen internationalen Partner angelehnt haben. Und Noerr will das auch bleiben. Wie die Managing Partner Tobias Bürgers und Alexander Ritvay betonen, soll die Eigenständigkeit als “Teil der gewachsenen Kultur” der Kanzlei, so es irgend geht, erhalten bleiben. Bürgers stellt gleichzeitig eine “gewisse Ernüchterung” bei Mandanten hinsichtlich der global agierenden Sozietäten fest. Denn die Klientel wolle einen Parter als Ansprechpartner und verlange eine Abrechnung – es sei ihnen vielfach egal, ob sie von einer einzigen Adresse ihre Dienstleistungen bekämen oder von mehreren Häusern im Hintergrund.Dabei versteht sich Noerr, die vor allem in den neunziger Jahren grenzüberschreitend expandierte, als “internationale Premiumkanzlei”. Wobei New York oder London kein lokales Geschäft machten, sondern die Mandanten dort unterstützten. Und man arbeitet mit einem Netz von “besten Freunden” in allen möglichen Ländern zusammen – allerdings nicht exklusiv. Das Geschäft in Osteuropa läuft jedoch wegen der wirtschaftlichen Probleme in vielen Ländern der Region nicht mehr so. Daher werde etwa in Ungarn, Tschechien nicht mehr ausgebaut. In der Ukraine würden “alle Optionen geprüft”. Immerhin steuerten New York, London und der Markenschutzstandort Alicante im vorigen Jahr 7,5 Mill. Euro (plus zwei Drittel) zum Umsatz bei. Kanzleiweit stiegen die Erlöse 2012 um 6,7 % auf 170 Mill. Euro. Die Partner gehen davon aus, dass Noerr nach einem “guten Start” auch 2013 ihre – offenbar bescheideneren – Wachstumsziele erreichen kann. Doch wachse das Gefälle zwischen Deutschland und Osteuropa. Hierzulande stiegen die Erlöse um 6,8 % auf 135,3 Mill. Euro, während sie in Mittel- und Osteuropa um 3,1 % auf 27,1 Mill. Euro sanken.Als Wachstumstreiber macht Ritvay die Praxen Litigation & Arbitration (Rechtsstreitigkeiten und Schiedsverfahren) – plus 25 % im vergangenen Jahr –, Gesellschaftsrecht/Fusionen und Übernahmen, Medien, Intellectual Property (Markenrecht) und IT sowie Steuerrecht aus. Auch in der estrukturierung komme die anzlei, deren Geschäft laut Bürgers zu etwa 30 % von Tranaktionen abhängt, deutlich voran. Im vorigen Jahr sei etwa ein Drittel des deutschen Marktvolumens in Public M & A auf Transaktionen entfallen, die Noerr rechtlich begleitet hat. Bürgers nennt als Beispiele die Übernahme der DKB Immobilien durch TAG. Aufbauend auf der Erfahrung im Medienrecht, legte man bei Transaktionen im E-Commerce zu und begleitete Deals wie den Verkauf von Trivago an Expedia. Im Immobiliensektor wurde die GBW bei der Übernahme durch das Patrizia-Konsortium unterstützt oder TAG beim Erwerb der TLG Wohnen und Lone Star beim Kauf der TLG Immobilien begleitet. Weiter mit Deutscher BankDas mit der Deutschen Bank vereinbarte Geschäft, wonach Noerr Streitfälle übernimmt – inklusive Litigation auch etwa im Zusammenhang mit Sal. Oppenheim oder Spread Ladder Swaps – hat bisher keine Nachfolger gefunden. Es habe da “wirtschaftliche Herausforderungen” gegeben, räumt Bürgers ein. Doch inzwischen gebe es starke Effizienzgewinne, sodass beide Seiten zufrieden seien und das Modell fortsetzen wollten.Flagge zeigen will Noerr künftig auch in Brüssel. Der wachsenden Bedeutung der Internationalisierung des Geschäfts sowie regulatorischer Themen in der Mandatsarbeit solle der neue Standort Rechnung tragen, der in den nächsten Monaten eröffnet werde. Um die “Technologiekompetenz” zu stärken, arbeitet Noerr nun mit der Patentanwaltskanzlei Bosch Jehle zusammen. Dazu sei eine exklusive Zusammenarbeit im Patentrecht vereinbart, wobei die Patentanwälte von Jehle die technische Expertise mitbrächten.———————————–Noerr im Profil- Gründer: Rechtsanwalt Dr. Eduard Oehl. Mit zwei Partnern eröffnet er 1950 eine Kanzlei in München. 1983 werden die Namen der Seniorpartner Nörr, Stiefenhofer und Lutz zur Firma.- 1989 Büro in Frankfurt. Es folgen Dresden, Budapest und Prag; dann Warschau, Berlin, Moskau und Bukarest. 1999 Düsseldorf, 2004 Bratislava, 2005 New York, 2007 Kiew, 2010 London, 2011 Alicante.- 2009 Namen zu Noerr verkürzt. Wechsel der Rechtsform in englische Limited Liability Partnership.- Umsatz 2012: 170 Mill. Euro mit 480 Professionals, davon 80 Partner.wb