Ohne Umsatzsteuer in Diamanten investieren
Beim Diamantenkauf durch Privatpersonen wird für gewöhnlich Umsatzsteuer fällig – nicht aber, wenn eine Freihandelszone eingebunden wird. Diese Lösung war bislang ausschließlich professionellen Händlern vorbehalten.Von Kai Johannsen, FrankfurtWer in Diamanten investiert, wird unweigerlich mit dem Umsatzsteueraspekt konfrontiert. Denn bei jedem Kauf von Steinen wird für gewöhnlich Umsatzsteuer fällig. Wer also Diamanten zum Nettopreis von 100 000 Euro erwirbt, muss in Deutschland aktuell 19 000 Euro für die Umsatzsteuer berücksichtigen und insgesamt einen Kapitalbetrag von 119 000 Euro aufbringen – 19 000 davon für den Fiskus. Beim späteren Verkauf wird keine Mehrwertsteuer fällig, da es sich nicht um einen gewerblichen Verkauf handelt. Die Umsatzsteuer stellt für Privatinvestoren einen hohen Kapitalaufwand dar, Geld, das sie auch in die Steine investieren könnten. Deshalb fragen Anleger nach Lösungen für den Umsatzsteueraspekt.”Wir haben ein gutes Jahr an dieser Option gearbeitet und nun eine Lösung gefunden, wie ein Investment in Diamanten auf Basis der gegenwärtigen steuerrechtlichen Vorschriften auch ohne Umsatzsteuer vorgenommen werden kann, und zwar auf internationaler Bühne und vollkommen legal”, sagt Ulrich Freiesleben, Diamantenhändler an der Börse in Antwerpen. Im Mittelpunkt des Verfahrens aus Erwerb und Lagerung der Steine steht die Freihandelszone Genf, der Freeport Geneva, wobei Experten aber darauf hinweisen, dass auch andere Freihandelsplätze grundsätzlich in Betracht kommen.Im ersten Schritt erteilt der Interessent bzw. Käufer von Diamanten einen Auftrag an einen Diamantenhändler für ein zusammenzustellendes Portfolio aus Steinen. Je nach Kundenwunsch bzw. den vorgegebenen Prioritäten im Hinblick auf die Qualitäten und Größen der Steine wird der Diamantenhändler alternative Vorschläge für ein Portfolio unterbreiten. Dabei werden Aspekte wie Fungibilität, d. h. spätere Wiederveräußerbarkeit, und Performancepotenzial berücksichtigt. Werden die Steine im europäischen Diamantenhandelszentrum Antwerpen gekauft und wurde nach den Vorstellungen des Kunden ein entsprechendes Portfolio zusammengestellt, erfolgt im nächsten Schritt die Beauftragung einer Werttransportfirma. Hier gibt es diverse seriöse und lange im Markt agierende Firmen. Sie übernehmen den Transport der Steine zum Freeport Geneva. Die Inspektion der Diamanten durch den Kunden kann laut Freiesleben damit entweder in Antwerpen beim Kauf stattfinden oder bei Ankunft der Steine in Genf. “Generell kann aber auch jede andere Freihandelszone gewählt werden wie etwa in Hongkong, Singapur und Zürich. Für viele Europäer sind Schweizer Städte wie Genf oder Zürich aber aufgrund der Entfernung der favorisierte Ort.” Bilateraler VertragDie Werttransportfirmen sind in der Freihandelszone direkt ansässig, d. h. sie verfügen dort über Büros und Lagerräume. In Letzteren befinden sich die Tresore, in denen die Diamanten eingelagert werden. Der Kunde schließt mit der Werttransportfirma direkt einen bilateralen Vertrag über Einlagerung und Aufbewahrung der Diamanten. Der Anleger eröffnet bei der Werttransportfirma, die die spätere Lagerung übernimmt, eine Art Kontoverbindung. Fällig werden Kontoeröffnungsgebühren und spätere Lager- sowie Versicherungsgebühren. “Diese sind in ihrer gesamten Höhe aber nicht zu vergleichen mit der Umsatzsteuer. Sie liegen – in Abhängigkeit von der Größenordnung des Diamantenportfolios – im niedrigen einstelligen Prozentbereich und sind infolgedessen recht überschaubar”, so Freiesleben.In dem Transport seien darüber hinaus die Versicherungsleistungen enthalten. Der Kunde kann in der Folgezeit jederzeit auf seine Diamanten zugreifen, indem er direkt mit dem Werttransporteur in Kontakt tritt. “Dies erfolgt ohne Einschaltung des jeweiligen Diamantenhändlers, bei dem der Anleger die Steine gekauft hat. Es war uns bei der gesamten Angelegenheit sehr wichtig, dass wir bei einem Kontakt zwischen Kunde und Werttransporteur nicht als Ansprechpartner dazwischengeschaltet werden, damit der Investor direkten Zugriff auf seine Diamanten hat”, so der Experte. Nicht bei BankenAus Kundensicht sei es darüber hinaus wünschenswert gewesen, die Lagerung nicht bei Banken zu unterhalten. Zum einen säßen die Banken für gewöhnlich nicht in einem Freihandelsbereich, sodass wiederum die Einfuhrumsatzsteuer zum Tragen komme. Zum anderen gibt es bei vielen Kunden, die substanzielle Teile ihres Vermögens in Sachwerten wie etwa Kunst oder Diamanten anlegen, den Wunsch, jederzeit die Produkte in Augenschein nehmen oder mitnehmen zu können. Dies ist angesichts individueller Öffnungszeiten der Banken schwer möglich. “Bei so manchem Anleger spielt nach den Erfahrungen aus der Bankenkrise auch eine gesunde Portion Misstrauen gegenüber einzelnen ausländischen Instituten eine Rolle”, sagt Freiesleben. Insgesamt habe man es bei dieser Lösung mit einer Vorgehensweise zu tun, die bislang im internationalen Diamantenhandel nur für den Business-to-Business-Bereich zu finden war und die nun auch Privatanlegern geöffnet wurde.Die Diamanten werden demzufolge ohne Umsatzsteuer von Antwerpen in den Freeport Geneva exportiert. Würde sich der Kunde allerdings entscheiden, die Steine aus dem Gebäude des Freihandelsbereiches mit herauszunehmen, d. h. in physischer Form, würde er sie zunächst direkt in die Schweiz einführen, wodurch unmittelbar die Schweizer Umsatzsteuer fällig wird. Dies sind gegenwärtig 8 % bezogen auf den Waren-/Diamantenwert.Nach einer bestimmten Haltedauer und damit Einlagerung in der Freihandelszone – zum Beispiel für zehn Jahre – entscheidet sich der Anleger für eine Realisierung der Gewinne, die ein Jahr nach dem Erwerb steuerfrei sind. In diesem Fall wird er den Werttransporteur mit dem Rücktransport nach Antwerpen, direkt in den Diamantenhandelsbereich, beauftragen. “Bei einem Import in die Diamanten-Community in Antwerpen wird ebenfalls keine Umsatzsteuer fällig, denn der Bereich ist umsatzsteuer- und zollfrei. Von da aus werden die Steine via Verkauf wiederum in den internationalen Handel eingespeist”, sagt er. Würde der Kunde sich allerdings – zu welchem Zeitpunkt auch immer – für einen Lagerpunkt in Deutschland entscheiden und sich die Steine zum Beispiel nach Hause schicken lassen, fällt sofort die Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von gegenwärtig 19 % an. Eine Ausnahme bei der Umsatzsteuerthematik bilden Family Offices und gewerbliche Vermögensverwalter, die einen Vorsteuerabzug vornehmen können.Ein wichtiger Aspekt ist darüber hinaus die Due Diligence. Laut Freiesleben wird bei jedem Kunden eine sehr sorgsame Prüfung der Herkunft der Gelder vorgenommen, um Geldwäsche zu vermeiden. “Es erfolgt eine sehr genaue Kontrolle im Rahmen des Geldwäschegesetzes. Bargeldgeschäft führen wir grundsätzlich nicht durch”, sagt er. Ohne Frage kommt dieses Geschäft nicht für jeden Geldbeutel in Betracht. Es ergebe keinen Sinn, einen einzelnen Viertelkaräter im Freeport Geneva aufzubewahren. Das würde den Aufwand nicht rechtfertigen. Eine derartige Vorgehensweise bei einem Diamanteninvestment komme ab einer Kapitalgrößenordnung von 100 000 Euro aufwärts in Betracht.