RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: GERNOT WAGNER

"One Euro, one Vote" - Investorenrechte mit neuer Emissionsstruktur gestärkt

Gleichberechtigung von Bank- und Bondgläubigern bei Schaeffler-Debüt

"One Euro, one Vote" - Investorenrechte mit neuer Emissionsstruktur gestärkt

– Herr Wagner, Sie haben die Schaeffler AG bei ihrem Kapitalmarkt-Debüt beraten. Was zeichnet die Transaktion aus?Die Schaeffler AG hat bei ihrem Debüt an den internationalen Kapitalmärkten als Teil einer umfassenden Refinanzierungstransaktion von 8,0 Mrd. Euro Anleihen im Gesamtvolumen von rund 2,0 Mrd. Euro platziert. Die Transaktion war damit die weltweit größte Transaktion für Hochzinsanleihen, also High-Yield-Bonds, mit einer Multi-Währungs-Komponente eines Neuemittenten. Das ursprünglich geplante Emissionsvolumen von 1,0 Mrd. Euro wurde dabei verdoppelt. Die Emission war mehr als fünffach überzeichnet. Die Transaktion zeichnet sich zudem durch einen ausgewogenen Währungs- und Laufzeitenmix aus. Begeben wurden vier Tranchen, jeweils zwei in Euro und Dollar. Als erste besicherte High-Yield-Bond-Transaktion in Europa, die Anleihegläubiger mit den Senior-Credit-Gläubigern hinsichtlich ihrer Stimmrechte gleichstellt, wurde mit der Transaktion auch aus juristischer Sicht ein neuer Standard gesetzt.- Inwieweit wurden neue Standards gesetzt? Was sind die wesentlichen strukturellen Merkmale?Die besicherten Hochzinsanleihen wurden gleichrangig mit dem parallel in Anspruch genommenen besicherten syndizierten Kredit begeben. Diese Pari-passu-Struktur ermöglicht es, die Abhängigkeit von reinen Bankkrediten zu reduzieren und das Maturitätenprofil zu strecken. Die Sicherheiten und Garantien zum Schutze der Anleihegläubiger folgen exakt dem Sicherheiten- und Garantiepaket der Senior-Creditfazilität. Die Anleihebedingungen enthalten daneben sogenannte Incurrence Covenants: Sie verbieten dem Schuldner zum Beispiel, dann weitere Schulden aufzunehmen oder hohe Dividenden auszuschütten, wenn dies seine Fähigkeit zur Bedienung der Anleihe beeinträchtigen würde.- Welche Besonderheiten weist die Schaeffler-Transaktion auf?Es finden sich zahlreiche Elemente, die “best market practice” reflektieren. So enthält das Offering Memorandum eine ausführliche Beschreibung der wesentlichen Bestimmungen und Klauseln (einschließlich der Covenants) der Kreditdokumentation und sonstiger Finanzierungsvereinbarungen. Des Weiteren enthält das Offering Memorandum eine sehr ausführliche Beschreibung des Intercreditor Agreement. Darüber hinaus hat die Transaktion in Europa einen Präzedenzfall geschaffen, indem die Anleihegläubiger mit der Struktur “Dollar-for-Dollar” beziehungsweise “one Euro, one Vote” den Gläubigern der Senior-Credit-Fazilitäten gleichgestellt wurden.- Mit der Forderung nach gleichem Stimmrecht sind Investoren seit geraumer Zeit an die Banken herangetreten, oder?Ja. Im März 2011 wandte sich erstmalig das European Leveraged Finance Buyside Forum in einem offenen Brief an die Banken und forderte ein gleichberechtigtes Stimmrecht auf Seiten der Anleihegläubiger sowie ausführlichere Offenlegung im Offering Memorandum. Im Vergleich zu traditionellen Pari-passu-Transaktionen wurden die Investorenrechte aufgrund der “one Euro, one Vote”-Regelung also gestärkt.- Welche Rolle spielt dies für Investoren?Aus Investorensicht spielen diese Strukturmerkmale eine große Rolle. Ihre Rechte werden weiter gestärkt. Die ausführliche Offenlegung der wesentlichen Kreditbestimmungen schafft zusätzlich Transparenz.- Erwarten Sie, dass diese Struktur künftig häufiger verwendet wird?Durchaus. Die Forderung nach gleichberechtigtem Stimmrecht wird seitens der Investoren immer wieder nachdrücklich artikuliert, auch durch die Association for Financial Markets in Europe’s Leveraged Finance Forum. Künftig werden Unternehmen darüber nachzudenken haben, ob sie ihren Anleihegläubigern gleiches Stimmrecht gewähren. Die an den Emissionen beteiligten Banken werden bei den Verhandlungen für diese Investorenrechte eintreten. Die Schaeffler-Transaktion hat also in vielerlei Hinsicht neue Standards in Sachen “best market practice” gesetzt.—-Gernot Wagner ist Partner bei Allen & Overy. Er hat Schaeffler beraten. Die Fragen stellte Walther Becker.