Kapitalanlage

Pharma braucht Biotechnologie

Aktien des Sektors entziehen sich dem Abwärtstrend - Positive Produktstories gewinnen an Zugkraft

Pharma braucht Biotechnologie

Von Armin Schmitz, FrankfurtJährlich erkranken in Deutschland fast 400 000 Menschen neu an Krebs. Unter den Experten gilt es als sicher, dass diese Zahl in den nächsten zehn Jahren weiter steigt. Die Alterung der Gesellschaft, ungesunde Lebensweise und negative Umwelteinflüsse lassen die Zahl der Neuerkrankungen steigen. Es ist ein Trugschluss, zu glauben, dass die bekannten Medikamente zu einer kompletten Heilung ganzer Tumorarten führen. Tatsächlich zeigen die Statistiken, dass viele Therapien allenfalls die Überlebenszeit verbessern, aber keine Komplettheilung herbeigeführt haben. Daher sind die Augen von Ärzten, Patienten und Analysten auf die im Mai in Orlando/Florida stattfindende Tagung der American Society of Clinical Oncology (Asco) gerichtet. Die Asco-Konferenz gilt als das weltweit wichtigste Treffen von Krebsspezialisten aus aller Welt. Die Reaktion auf die Veröffentlichung der positiven Testresultate von Medikamenten wie Avastin (Lungenkrebs), Herceptin und Revlimid (Plasmozytom) zeigen, dass die Wirkstoffe gegen Krebserkrankungen derzeit das große Erfolgsgebiet der Biotechnologie sind. An die Stelle der Chemotherapie werden eher zielgenaue Therapien mit spezifischen Antikörpern oder Angiogenese-Hemmer (Avastin) treten, die die Blutgefäßbildung des Tumors unterbinden. Aber auch präventive Therapien wie die Impfung gegen Papilloma-Viren (Merck Corp.), die den Gebärmutterhalskrebs bei Frauen auslösen, werden in den Vordergrund treten. Attraktive Produktstories gewinnen daher bei den Investoren wieder an Zugkraft. Biotech-Aktien sind teuerTatsächlich werden die Kurse der Biotechnologiefirmen weniger von Fundamentaldaten getrieben als von den News über positive Testergebnisse oder die Zulassungen durch die FDA, die Food & Drug Administration, in den USA. Dank der Forschungserfolge bleibt das Gewinnwachstum auch in den nächsten Jahren in der Biotech-Branche hoch. So rechnen Analysten mit einem Gewinnplus von 21 % jährlich bis 2007. Da die Pharmabranche trotz Investitionen in Milliardenhöhe unter dem fehlenden Nachschub ausreichend neuer Wirkstoffe leidet, wird die Biotechnologie über die nächsten Jahre der Innovationsgeber für die Pharmabranche sein. Die positive Entwicklung der Biotech-Branche lässt sich an dem Anteil der Zulassungsanträge bei der FDA ablesen. Während im Jahr 2003 noch 10 % aller verkauften Medikamente von Biotechnologie-Unternehmen entwickelt wurden, beträgt der Anteil der in diesem Jahr bei der FDA zur Zulassung eingereichten Zulassungsanträge bereits 40 %. Da die Biotechnologie für die Zukunft der Pharmaindustrie gehalten wird, belohnt die Börse die Werte, die potenzielle Verkaufsschlager in der Entwicklungspipeline haben, mit einer höheren Bewertung. So wird Celgene, die jüngst positive Testergebnisse für Revlimid (eine Variante des in den sechziger Jahren in Verruf geratenen Contergan) präsentierte, bei der Therapie des Plasmozytoms, einer Bluterkrankung, mit einem KGV von 96 sehr hoch bewertet. Avastin ist der DurchbruchGenentech, eine Tochter der Schweizer Roche, ist zurzeit das Vorzeigeunternehmen der Branche. Das von ihr entwickelte Avastin gilt als großer Durchbruch in der Krebstherapie. Mit Erlösen von 676 Mill. Dollar im ersten Jahr nach der Markteinführung ist Avastin die bisher erfolgreichste Einführung eines onkologischen Medikaments. Als das Unternehmen die neuesten Testergebnisse von Avastin bei der Therapie von fortgeschrittenen Lungentumoren bekannt gab, schoss der Aktienkurs von Genentech um 45 % in die Höhe. Der Börsenwert beträgt nun 74 Mrd. Dollar – bei einem Jahresumsatz von 6,15 Mrd. Dollar! In den Bewertungen spiegelt sich ebenfalls die übertriebene Risikofreudigkeit der Anleger wider. Da die Pharmabranche trotz Investitionen in Milliardenhöhe unter dem fehlenden Nachschub ausreichend neuer Wirkstoffe leidet, wird die Biotechnologie über die nächsten Jahre der Innovationsgeber für die Branche sein. Das zeigt das Beispiel von Roche und der Tochter Genentech. Fünf der zehn umsatzstärksten Medikamente von Roche stammen aus der biotechnologischen Forschung Genentechs. Tatsächlich entziehen sich einige Biotech-Werte dem Abwärtstrend der Börse. Das zeigt, dass attraktive Produktstories bei den Investoren wieder an Zugkraft gewinnen. Aufgrund der hohen Bewertung ist allerdings das Abwärtsrisiko hoch. Anleger sollten auf ein reichhaltiges Produktportfolio der Firma achten, was den Ausfall eines Hoffnungsträgers abfedern kann. Informationen über die Art der Produkte und das Stadium der klinischen Tests sind wichtig. Andernfalls sind Biotech-Fonds, Index-Zertifikate oder Beteiligungsvehikel wie BB Biotech eine Alternative, um Abwärtsrisiken zu reduzieren.