Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Christoph v. Einem

"Politik soll Private Equity als Chance wahrnehmen"

Regierung koppelt Gesetz an Unternehmenssteuerreform - Doch Abgeltungssteuer wirkt kontraproduktiv

"Politik soll Private Equity als Chance wahrnehmen"

– Herr Dr. v. Einem, das Gutachten für das Bundesfinanzministerium (BMF) kommt zu dem Ergebnis, dass Private Equity gesamtwirtschaftlich eindeutig positive Effekte besitzt. Bedarf es noch Überzeugungsarbeit bei der Bundesregierung?Privates Beteiligungskapital als alternative Finanzierungsquelle wird nicht nur für die Finanzierung von zumeist technologiebasierten Unternehmensgründungen gebraucht, damit diese nicht aus Deutschland abwandern, wie die Bundeskanzlerin in der vergangenen Woche zu Recht bemerkt hat, sondern besonders auch für die Eigenkapitalversorgung des deutschen Mittelstands, um Wachstumsfinanzierungen oder Unternehmenskrisen zu bewältigen. Auch bei der Regelung von Unternehmensnachfolgen und Spin-offs hilft Private Equity, selbständige Unternehmenseinheiten und damit eine Angebotsvielfalt zu schaffen und zu erhalten. Unser Gutachten zeigt auf, wie disproportional viele Arbeitsplätze dadurch geschaffen und erhalten werden. – Wodurch?Durch die Einleitung von strategischen und operativen Maßnahmen seitens der Private-Equity-Investoren können deutlich profitablere Unternehmen geschaffen werden, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit der mit privatem Beteiligungskapital finanzierten Unternehmen in Deutschland nachhaltig gestärkt wird. Die Politik sollte die positiven Wirkungen von Private Equity als Chance für den Standort Deutschland wahrnehmen. Über das BMF und das Wirtschaftsministerium hinaus ist noch Aufklärungsarbeit nötig. – Warum bedarf es hierzu eines Private-Equity-Gesetzes?Deutschland besitzt derzeit keine wettbewerbsfähigen rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen. Dies verdeutlicht auch eine Studie der European Venture Capital Association, in der Deutschland auf dem 25. Platz unter 30 Ländern rangiert und als “Slowing Country” bezeichnet wird. Um sicherzustellen, dass die verfügbaren Gelder deutscher privater und institutioneller Investoren nicht mehrheitlich in im europäischen Ausland errichtete Fonds aufgrund günstigerer Rahmenbedingungen abfließen, müssen die Rahmenbedingungen für deutsche Fonds und ihr Management dringend verbessert werden. Davon würde die deutsche Wirtschaft, ohne dass deutsche Steuergelder eingesetzt werden müssten, profitieren. – Welche Regelungsinhalte sind in ein wettbewerbsfähiges Private- Equity-Gesetz aufzunehmen?Im Vordergrund eines solchen Private-Equity-Gesetzes sollte die Schaffung eines Anlagevehikels stehen, dessen steuerliche Transparenz gesichert ist, so dass die Fondsgesellschaften für privates Beteiligungskapital selbst nicht der Gewerbe- oder Körperschaftssteuer unterliegen. Die von den Fonds erzielten Erträge auf der Ebene ihrer Anleger sollen als Dividenden oder Veräußerungsgewinne besteuert werden, so als wenn die Fondsanleger unmittelbar in die Portfoliounternehmen der Fonds investiert hätten. Daneben sollten die Leistungen zwischen den Fonds und den diesen betreuenden Beratungsgesellschaften wie im Ausland von der Mehrwertsteuer befreit werden. So würde eine steuerliche Diskriminierung von in Deutschland ansässigen Fonds gegenüber den in anderen EU-Mitgliedstaaten angesiedelten Fonds beseitigt. – Sollen derartige steuerliche Regelungen für alle Beteiligungsunternehmen gelten?Aus Anlegerschutzgründen und zur Sicherstellung einer gewissen Transparenz der Private-Equity-Branche sollte eine Zulassungspflicht für Fonds und deren Beteiligungsmanager bestehen. Flankierend sollte sich die Private-Equity-Branche auf einen Corporate Governance Kodex verständigen, dessen Einhaltung im Rahmen einer jährlichen Entsprechungserklärung der Private-Equity- Fonds zu bestätigen wäre. – Wie sollen etwaige Missbräuche, wie die übertriebene Fremdverschuldung oder die Belastung der Portfolio-Unternehmen mit sachfremden Kosten verhindert werden? Die Praxis mancher Finanzinvestoren, das von ihnen eingesetzte Eigenkapital mittels kreditfinanzierter Sonderdividenden möglichst schnell wieder aus ihren Portfoliounternehmen herauszuholen, ist sicherlich bedenklich. Schon heute bekämpfen dies gesetzliche Maßnahmen, die aber wenig genutzt werden. Gleiches gilt bei den Kostenbelastungen, die zum Teil den Untreuetatbestand erfüllen, zumindest als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln sind. Eine Schlüsselrolle bei der Beurteilung der mit solchen Finanzierungen verbundenen Risiken kommt den finanzierenden Banken zu. Diese sind heute sehr risikofreudig. Die Tendenz des Finanzierungsverhaltens der Banken ist zu beobachten und sollte wie das Thema Hedgefonds auf G 7-Ebene behandelt werden. Hier ist die internationale Politik gefragt. – Welche Bedeutung hat die Unternehmenssteuerreform in diesem Zusammenhang?Die Bundesregierung koppelt das Private-Equity-Gesetz richtigerweise an die Unternehmenssteuerreform. Beide Gesetze wollen die Eigenkapitalfinanzierung der deutschen Wirtschaft stärken. Lediglich die vorgeschlagene Abgeltungssteuer wirkt hier kontraproduktiv. Mit der Gleichschaltung von Erträgen aus Fremd- und Eigenkapitalinvestments treibt der Gesetzgeber Anleger aus dem Eigenkapital- in den Fremdkapitalmarkt. – Und was halten Sie da für angemessen?Hier wäre ein international vertretbarer Steuersatz von maximal 20 % für Eigenkapitalinvestments und von ca. 30 % für Zinseinkünfte angemessener. Die geplante Abgeltungssteuer auf Einkünfte aus Kapitalvermögen und privaten Veräußerungsgeschäften würde dazu führen, dass Eigenkapital gegenüber Fremdkapital stärker benachteiligt und die Attraktivität von Risikokapital weiter beeinträchtigt wird. Durch erleichterte Frühphasenfinanzierung in Verbindung mit wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen besteht die große Chance, dass die Fondsinitiatoren ihre Fonds in Deutschland ansiedeln und die in die Fonds investierten Gelder auch vermehrt in deutsche Unternehmen fließen. Dr. Christoph v. Einem ist Partner bei White & Case LLP in München und Mitverfasser des für das BMF erstellten Gutachtens zu den Rahmenbedingungen von Private Equity.Die Fragen stellte Walther Becker.