Private Equity reagiert flexibel
Von Emanuel Strehle und Hans-Jörg Ziegenhain *)Wenngleich das Private-Equity-Geschäft in Deutschland noch nicht wieder das Volumen vor der Lehman-Krise erreicht hat, ist eine Erholung auf konstantem Niveau eingetreten. Private-Equity-Transaktionen mit Deutschland-Bezug kamen 2012 laut dem Branchenverband BVK auf ein Volumen von 5,8 Mrd. Euro. Anders als in den USA sind Volumina und Bedingungen aus der Zeit vor 2007 noch nicht wieder da, aber die Entwicklung geht in diese Richtung. Der Trend wird in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres bestätigt, in denen mit dem Kauf von Ista durch CVC-Fonds die erste Milliardenübernahme zu sehen war. Die Mischung macht’sSchaut man sich die M & A-Transaktionen mit Private-Equity-Bezug allerdings etwas genauer an, entdeckt man deutliche Unterschiede zu den Jahren bis 2007.Fremdfinanzierungsanteil. Konnte man bis 2007 einen Anteil an Fremdfinanzierung (Leverage) von bis zu 90 % beobachten, ging dieser Anteil in den Folgejahren deutlich zurück und pendelt sich jüngst bei 50 % bis maximal 70 % ein. Der Rückgang ist angesichts der Folgen der Finanzkrise auch für das Bankensystem nicht überraschend. Es ist derzeit nicht damit zu rechnen, dass die Quoten von vor 2007 kurzfristig wieder erreicht werden – auch angesichts der steigenden Eigenkapitalanforderungen auf Bankenseite. Vor diesem Hintergrund – und angesichts des Trends zu Corporate Bonds – liegt die Fremdfinanzierung durch eine Mischung aus Bankfinanzierung und zum Teil strukturell nachrangiger Bond-Finanzierung über den Kapitalmarkt deutlich im Trend. Aktuelles Beispiel ist die Bond-Finanzierung im Zusammenhang mit der Ista-Transaktion. .Multiple-Track-Transaktionen. Die derzeit bestehenden Unsicherheiten auf dem Finanzierungs- und Kapitalmarkt und das daraus resultierende Erfordernis, auf kurzfristige Änderungen reagieren zu müssen, machen sich häufig in flexiblen Verkaufs- oder Exit-Prozessen bemerkbar. Dies gilt insbesondere dann, wenn auch auf Verkäuferseite ein Private-Equity-Haus steht (Secondary- oder Tertiary-Transaktionen). Mit RekapitalisierungEin bekanntes Beispiel ist die Veräußerung von Kabel BW durch EQT an Liberty 2011, die Modellcharakter für andere Transaktionen hatte. Neben einer Veräußerung im Rahmen eines Bieterverfahrens planten die bisherigen Eigentümer, von der Beteiligungsgesellschaft EQT beratene Fonds, für einen Börsengang sowie ebenfalls parallel eine Refinanzierung durch Platzierung einer Anleihe am Kapitalmarkt. Durch diese parallele Vorbereitung mehrerer Varianten für einen vollständigen oder partiellen Ausstieg aus dem Investment sollte das größtmögliche Maß an Transaktionssicherheit in unsicheren Zeiten erreicht werden. Letztlich gab es einer Kombination aus einer Veräußerung an einen strategischen Bieter (Liberty) und der Platzierung eines Bonds zwischen Vertragsschluss und Vollzug der Transaktion, wodurch ein Teil der Erlöse vor Vollzug im Wege einer Rekapitalisierung ausgeschüttet werden konnten.Multiple-Track-Prozesse gehören derzeit, insbesondere bei größeren Transaktionen, zum Standard und werden auch außerhalb von Private Equity von Industrieunternehmen beim Herauslösen beziehungsweise Verkauf von Teilkonzernen angewandt (z. B. die Abspaltung Osram von Siemens oder die Veräußerung der Edelstahlsparte durch ThyssenKrupp 2012). Aufgrund ihrer hohen Komplexität stellen Multiple-Track-Transaktionen besondere Anforderungen.Management Rollover. Einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren für Private Equity ist die Beteiligung des Managements und wesentlicher Mitarbeiter am Unternehmen, um einen möglichst großen Gleichlauf der Interessen herzustellen. Die Beteiligung wird meist so gestaltet, dass das Management bei normaler oder schlechter Entwicklung des Unternehmens weniger und bei Überreichen der Ziele stärker partizipiert.Mit der Zunahme von Transaktionen, an denen auf Verkäufer- und Käuferseite Private-Equity-Fonds beteiligt sind, ergeben sich neue Herausforderungen. Bei der erstmaligen Beteiligung am Zielunternehmen ist das Management häufig wirtschaftlich aufgrund begrenzter Investitionsmittel unterlegen und bedarf nicht selten der finanziellen Unterstützung (zum Beispiel im Wege eines Kredits), um sich beteiligen zu können. Dementsprechend schwach war häufig die Position bei der Verhandlung der Bedingungen des Managementbeteiligungsprogramms.Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass sich die Kräfteverhältnisse spätestens nach dem ersten erfolgreichen Exit, bei dem das beteiligte Management am Erfolg in erheblichem Umfang partizipierte, schnell drehen können. Geht das veräußerte Unternehmen wieder an ein Private-Equity-Haus, steht diesem in den Verhandlungen über eine erneute Beteiligung des Managements an der Zielgesellschaft ein deutlich selbstbewusster Verhandlungspartner gegenüber. Das Management sieht sich dann – zumindest teilweise – eher als Co-Investor. In rechtlicher Hinsicht stellt das Überleiten der Altbeteiligung auf den Übernehmer besondere Herausforderungen, wenn man ein überflüssiges Hin-und-Her-Zahlen vermeiden will.Clubdeals. Insbesondere bei Transaktionen bei Infrastrukturunternehmen (Flughäfen, Stromnetze, Gasnetze etc.) sieht man zuletzt vermehrt Clubdeals, das heißt Bieterkonsortien. Aktuelle Beispiele sind der Erwerb von Open Grid Europe durch ein Konsortium bestehend aus Macquarie, Adia, Meag und BCIMC sowie der Erwerb von Net4Gas durch Allianz Capital Partners und Borealis Infrastructure (Tochter des kanadischen Pensionsfonds Omers).Aber auch im klassischen Private Equity schließen sich immer wieder mehrere Bieter zusammen, wie beispielsweise beim Erwerb von LR Health die Mid-Cap-Fonds Bregal und Quadriga oder beim Erwerb von Dematic die Aea Investors und der Pensionsfonds Teachers Private Capital.Neben Risikoteilungserwägungen und Erhöhung des möglichen Transaktionsvolumens spielen dabei auch regulatorische Vorgaben eine Rolle. Der Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung wäre beispielsweise Pensionsfonds regelmäßig nicht gestattet oder beispielsweise bei Versicherungsgesellschaften oder Banken unter Konsolidierungs- oder Eigenkapitalunterlegungsgesichtspunkten nicht gewünscht.Auf Verkäuferseite ergeben sich bei Clubdeals keine Besonderheiten, da sich die Beteiligten meist in einem Akquisitionsvehikel bündeln und allenfalls das Verfahren für erforderliche Kartellfreigaben aufgrund der größeren Zahlen von Beteiligten aufwendiger wird. Komplexer wird es auf jeden Fall auf Bieterseite, da neben der Erwerbsdokumentation eine Konsortialvereinbarung erforderlich wird. In dieser müssen neben der Kapitalaufbringung Regelungen zur Corporate Governance und zum späteren Ausstieg getroffen werden. Probleme können sich in diesem Zusammenhang insbesondere bei einem unterschiedlich langen Investmenthorizont ergeben.Direktinvestments. Die Entwicklung zu Megafonds und die damit verbundenen erheblichen Verwaltungsgebühren haben auf Seiten der Investoren teilweise zu Überlegungen geführt, selbst Private Equity zu betreiben. Dies gilt insbesondere für die großen kanadischen Pensionsfonds, die hier eine gewisse Vorreiterrolle einnehmen (z. B. Ontario Teachers, Canada Pension Plan oder Omers) und eigene Private-Equity-Abteilungen oder Tochtergesellschaften aufgebaut haben. Vor allem aufgrund regulatorischer Vorgaben übernehmen diese Pensionsfonds meist keine Führungsrolle beim Erwerb von Unternehmen, jedoch sind vermehrt Direktinvestments zu beobachten. Feste GrößeDabei handelt es sich um direkte Beteiligung an der (obersten) Holding, über die das Zielunternehmen erworben wird. In der Vergangenheit waren Pensionsfonds klassische Kunden der Private-Equity-Fonds, die in diese investierten und damit nur am Gesamterfolg des Fonds partizipierten. Direktinvestments erlauben zum einen eine gezieltere Risikoallokation bei Investitionen, zum anderen größere Flexibilität bei der Gebührengestaltung durch die Private-Equity-Gesellschaft.Es zeigt sich, dass Private Equity auch in Deutschland seine feste Größe am M & A-Markt behauptet. Langfristig werden die Beteiligungshäuser erfolgreich bleiben, die mit Marktveränderungen kurzfristig flexibel umgehen können. Und der Markt bietet Raum für Dynamik.—-Dr. Emanuel Strehle und Dr. Hans-Jörg Ziegenhain sind Partner bei Hengeler Mueller.