Privatkunden überrennen Union Investment
Die Rekordfahrt an den Börsen in den vergangenen Monaten lässt das Misstrauen der Privatkunden gegenüber Investmentfonds dahinbröckeln. Die Publikumsfonds vermelden Zuflüsse, endlich nicht nur überwiegend von Großinvestoren, sondern auch zunehmend von Privatanlegern. Die Union Investment ist von der Dynamik überrascht und rechnet nun mindestens mit einer Verdoppelung des Vorjahresgeschäfts.Von Silke Stoltenberg, FrankfurtBei der Union Investment ist die Stimmung gelöst: Die Privatanleger kommen in Scharen zurück in die Produkte des Fondsanbieters der Genossenschaftsbanken. “Dieses Jahr ist die Dynamik doppelt so stark wie im Vorjahr” freut sich Klaus Riester, Geschäftsführer der Union Investment Privatfonds, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Er erwartet, dass sein Haus 2013 das Vorjahresgeschäft von 1,1 Mrd. Euro mehr als verdoppeln kann, wenn sich der Trend fortschreibt. Zu Jahresbeginn hatte sich der Vorstandsvorsitzende der Union Asset Management Holding, Hans Joachim Reinke, beim Ausblick für das Gesamtjahr noch vorsichtig gezeigt und lediglich wenigstens gleich viele Zuflüsse von Privaten prophezeit (vgl. BZ vom 22. Februar). 2012 hatte sich das Geschäft mit dem Kleinanleger bei dem genossenschaftlichen Asset Manager erholt, nachdem es zuvor zwei bittere Jahre mit Abflüssen von insgesamt 6,2 Mrd. Euro gegeben hatte.Aus dieser Trendwende ist aber nun ein florierendes Geschäft geworden. Im ersten Jahresdrittel 2013 wurde mit netto 1,5 Mrd. Euro bereits mehr an die Kleinanleger verkauft als im gesamten Jahr 2012 mit 1,1 Mrd. Euro. Auch der Mai sei super gelaufen, verrät Riester, exakte Zahlen liegen aber noch nicht vor. Per Ende April betreut die Union Investment nunmehr 89,7 Mrd. Euro für Privatkunden nach 85,7 Mrd. Euro Ende 2012. Das ist jeder zweite Euro des gesamten Anlagevolumens der Gesellschaft. Ein Zehntel fließt abDie tatsächliche Größenordnung des Nettozuflusses verdeutlicht Riester mit folgenden Zahlen. “In der Regel fließt aus unseren Fonds jährlich rund ein Zehntel des Anlagevolumens ab, weil die Anleger ihr Sparziel erreicht haben – das wären also für das Privatkundengeschäft unseres Hauses etwa 8 Mrd. Euro, und dieser Abfluss muss durch das Neugeschäft erst einmal überboten werden.” Die 1,5 Mrd. Euro im bisherigen Jahresverlauf seien also ein Riesenerfolg.Die Union Investment profitiert davon, dass die Volks- und Raiffeisenbanken fast ausschließlich nur die verbundeigenen Produkte verkaufen. Im Gegenzug deckt die Fondsgesellschaft die Bedarfsfelder ab, die vom Genossenschaftsverband BVR vor geraumer Zeit für das Privatkundengeschäft der gesamten Finanzgruppe festgelegt worden waren: Altersvorsorge, Vermögensaufbau, sicherheitsorientierte Geldanlagen und Vermögensstrukturierung.Dass das Fondsgeschäft vertriebsgesteuert ist, zeigt ein genauerer Blick in die Absatzstatistik der Union Investment. Sicherheitsorientierte Produkte, nämlich die Immobilienfonds der Gruppe, verkauften sich in den ersten vier Monaten mit netto 770 Mill. Euro am besten. Die Angebote um die Vermögensstrukturierung, die “PrivatFonds”-Palette, standen an zweiter Stelle mit 620 Mill. Euro. Das Thema Vermögensaufbau wird per Fondssparpläne angeboten, die 400 Mill. Euro Netto-Neugeschäft meldeten. “Unsere Kunden haben im ersten Quartal 66 000 neue Sparverträge abgeschlossen – das ist ein Rekord, so viele gab es in den ersten drei Monaten eines Jahres noch nie.” Im Gesamtjahr 2012 waren es 180 000 Verträge gewesen.Der Riester-Fonds “UniProfiRente” – in diesem Geschäft ist die Union Investment Marktführer in Deutschland – sammelte in den ersten vier Monaten 225 Mill. Euro für den Bereich Altersvorsorge ein. Bremsspuren von – 360 Mill. Euro gibt es bei den Garantiefonds, die im Vorjahr geboomt hatten. “Bei den Garantiefonds verzeichnen wir unterm Strich Abflüsse, weil derzeit große Produkte ans Ende der Laufzeit gekommen sind und damit fällig zur Auszahlung werden”, erläutert Riester.Ganz offensichtlich spielte die starke Entwicklung der Aktienmärkte bei dem Aufwärtstrend im Privatkundengeschäft der Union Investment eine Rolle. “Die Schockstarre der Vorjahre löst sich allmählich auf, auch offensivere Produkte sind wieder gefragt, und die Kunden machen sich Gedanken über das Verteilen auf verschiedene Assetklassen”, skizziert Riester die Stimmung. Direkte Aktieninvestments wollen die Kunden zwar nicht. Aber die langsame Rückkehr in dieses Segment über Sparpläne oder die vermögensstrukturierenden “PrivatFonds” sei klar erkennbar. Dabei wünschten sich die Kunden nicht mehr Asset-Allocation-Produkte, die fixe Verhältnisse je nach Risikoneigung zwischen Aktien und Anleihen bieten. “Diese Produkte können die heutigen Anforderungen der Kunden nach einer flexiblen Anpassung an die Märkte nicht erfüllen.” Angesichts der kürzeren Zyklen und der höheren Volatilitäten an den Märkten seien stattdessen Wertuntergrenzen oder festgelegte Schwankungsbreiten gefragt, wie bei den “PrivatFonds” üblich.Obwohl die Fondsbranche derzeit grundsätzlich über eine überbordende Belastung durch viele neue Regulierungsschritte jammert, kann Riester auch manchen Teilen davon etwas Positives abgewinnen: Das neue Anlegerschutzgesetz habe die Beratung verbessert, indem der Kundenbedarf bei der Produktauswahl stärker einbezogen werden müsse. Branche bestätigt TrendNicht nur bei Union Investment läuft das Privatkundengeschäft derzeit besser als im Vorjahr. Bei Allianz Global Investors gingen von Januar bis April 2,8 Mrd. Euro in Publikumsfonds. Dies sei zum größten Teil aus privater Hand gekommen, erläutert ein Sprecher. Gefragt seien vor allem Renten-Laufzeiten-, Misch-, vermögensverwaltende und Multi-Asset-Fonds. Auch das Publikumsfondsgeschäft der Deutschen Bank verzeichnete ein Plus von 2,8 Mrd. Euro. Dies sei vor allem von vermögenden Privatkunden gekommen, berichtet Ferdinand Haas, Co-Head Active Investments. Vor allem der “DWS Invest China Bonds”, der Aktienfonds “DWS Top Dividende” und Unternehmensanleiheprodukte wurden gekauft. Bei der DekaBank konnte einem Sprecher zufolge die lang anhaltende heftige Absetzungsbewegung im Retailgeschäft weitestgehend gestoppt werden. Publikumsfonds sammelten 222 Mill. Euro ein. Gefragt waren Immobilien-, Misch- und vermögensverwaltende Fonds.