RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: OLIVER KLÖCK

Rechte nichtärztlicher Investoren sollen eingeschränkt werden

Mediziner-Lobby macht Stimmung - "Radikale Position des Bundesrates"

Rechte nichtärztlicher Investoren sollen eingeschränkt werden

– Herr Klöck, im Frühjahr 2019 soll das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) in Kraft treten. Schnellere Termine, mehr Sprechstunden, bessere Angebote für gesetzlich Versicherte, darum soll es gehen?Richtig – das ist der Kern der Initiative. Der Gesetzgeber möchte dem Vorwurf der Zwei-Klassen-Medizin begegnen, indem er den Service für gesetzlich Versicherte verbessert.- Das geplante Gesetz bringt auch gravierende Änderungen für die ambulante Versorgung mit sich. Inwiefern?Es ist vor allem vorgesehen, das Recht nichtärztlicher Investoren, sich im ambulanten Sektor zu betätigen, deutlich einzuschränken. Sie sollen nur noch unter viel strengeren Voraussetzungen als bisher Medizinische Versorgungszentren (MVZ) gründen dürfen.- Wo verlaufen die Fronten in der aktuellen Auseinandersetzung?Einige Ärzte- und Zahnärzteverbände und -kammern machen stark Stimmung gegen nichtärztliche Investoren. Leider schrecken nicht alle vor einer Kampagne mit falschen Fakten zurück. In Wahrheit geht es um Besitzstandswahrung und eine Closed-Shop-Politik gegen Konkurrenz. Dabei verkennen sie, dass gerade junge Ärztinnen und Ärzte heute vielfach nicht mehr freiberuflich, sondern als Angestellte arbeiten möchten. Diesen verständlichen Wunsch – auch nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf – können nichtärztlich betriebene MVZ am besten befriedigen.- Inwieweit sind denn Investoren auf diesem Gebiet bereits aktiv?In vielen technikbasierten Fachrichtungen – etwa der Labormedizin, der Radiologie oder der Dialyse – sind nichtärztliche Investoren nicht mehr wegzudenken. Auch in der Zahnmedizin nimmt ihre Bedeutung zu. Immer weniger junge Ärztinnen und Ärzte möchten sich heute noch mit hohen Schulden jahrzehntelang zum Beispiel an kleinere Städte binden, um dort eine Radiologie- oder eine Zahnarztpraxis zu betreiben. Kapitalstarke Investoren sind also notwendig, um die Versorgung sicherzustellen. Sie verdrängen auch keine Freiberufler: Kein Arzt und kein Zahnarzt ist gehindert, sich freiberuflich zu betätigen. Aber er kann nicht erwarten, dies ohne Konkurrenz zu tun. Konkurrenz gehört in einer Marktwirtschaft zur unternehmerischen Betätigung. Es ist schade, dass manche Funktionäre daran erinnert werden müssen.- Mit welchen Argumenten widersprechen Sie dem Vorwurf, das Engagement von nichtärztlichen Investoren im ambulanten Sektor verschlechtere die Versorgungsqualität?Es gibt für die behaupteten Qualitätsprobleme in von Investoren betriebenen MVZ keinen Beleg – im Gegenteil. Durch gezielte Investitionen in Personal und Technik sowie ein internes Qualitätsmanagement und Benchmarking gelingt es ihnen oft besser als einzelnen Ärzten, strengste Qualitätsmaßstäbe einzuhalten. Aus meiner anwaltlichen Beratung kenne ich Fälle, in denen die Kassenärztlichen Vereinigungen froh waren, dass Investoren Praxen übernommen haben, in denen es zuvor scheinbar unlösbare Qualitätsprobleme gab. Außerdem: Sollte der Gesetzgeber wirklich Sorge um die Qualität haben, soll er die Anforderungen verschärfen und Verstöße streng ahnden bis hin zum Zulassungsentzug. Ich bin sicher, dass Investoren damit zumeist besser zurechtkämen als viele einzelne Ärztinnen und Ärzte.- Wozu raten Sie?Sollte sich die radikale Position des Bundesrates durchsetzen, würde das zu einem Oligopol der bundesweit tätigen privaten Klinikketten führen: Sie dürften weiterhin MVZ fast jeder Fachrichtung gründen, während alle anderen Investoren – auch solche, die schon jahrzehntelang im ambulanten Sektor mit hoher Qualität tätig sind – in ihrer Entwicklung gehindert oder vom Markt ferngehalten und verdrängt würden. Das wäre unverantwortlich. Ich rate dazu, am bewährten Nebeneinander von freiberuflichen Ärzten und Investoren festzuhalten. Das sichert den Wettbewerb, die Qualität und die Versorgungsstruktur, gerade im ländlichen Raum. Es ist deshalb ordnungs- und versorgungspolitisch geboten und dient den Patienten, deren Interessen der Gesetzgeber besonders im Blick haben sollte.—-Oliver Klöck ist Partner von Taylor Wessing. Die Fragen stellte Walther Becker.