Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Gabriele Apfelbacher

Rechtliche Fallstricke bei Privatplatzierungen

Spezielle Vereinbarungen mit den Investoren bieten sich an

Rechtliche Fallstricke bei Privatplatzierungen

– Frau Dr. Apfelbacher, in letzter Zeit war beim Einstieg von Investoren in Unternehmen von sogenannten Pipe-Transaktionen die Rede. Worum handelt es sich?Pipe steht für Private Investments in Public Equities, also den Einstieg eines Investors in ein börsennotiertes Unternehmen im Rahmen einer Privatplatzierung. Von einer Pipe-Transaktion spricht man, wenn es sich um einen mit dem betreffenden Unternehmen individuell verhandelten Einstieg eines Investors handelt, der in der Regel auch eine Kapitalzufuhr beinhaltet. Anders als bei einer normalen Privatplatzierung wird nicht bei einer Vielzahl von institutionellen Investoren platziert, sondern bei einem einzelnen Investor oder einer geschlossenen Investorengruppe.- Ist eine Pipe-Transaktion gleichzusetzen mit dem diskutierten Einstieg eines Ankerinvestors?Für eine Pipe-Transaktion kann es auf Seiten des Unternehmens und des Investors unterschiedliche Motive geben. Die Suche nach einem Ankerinvestor ist ein solches Motiv. Ein weiteres ist das Bedürfnis nach der Stärkung der Eigenkapitalbasis zu einem Zeitpunkt, zu dem weder der Markt noch institutionelle Investoren für Aktienemissionen aufnahmebereit sind. Außerdem gibt es Sonderfälle, wenn etwa der Erwerb einer bestimmten Technologie oder sonstiger im Unternehmensinteresse liegender Vermögenswerte von einem anderen Unternehmen nur gegen Ausgabe von Aktien möglich ist.- Welche Einstiegsmöglichkeiten gibt es für einen Pipe-Investor?Grundsätzlich kann der Einstieg eines Pipe-Investors im Rahmen einer Kapitalerhöhung oder der Ausgabe einer Wandelanleihe oder einer Kombination der beiden erfolgen.- Welche Beteiligungshöhen sind üblich?Die Beteiligungshöhe richtet sich primär nach dem Kapitalbedarf des Unternehmens und dem Beteiligungsinteresse des Investors. Sofern nicht eine Befreiungsmöglichkeit von der Abgabe eines Pflichtangebots vorliegt, wird die Beteiligung unter 30 % der Stimmrechte bleiben. Dabei zählen die stimmberechtigten Aktien, zu deren Bezug der Inhaber einer Wandelanleihe berechtigt ist, vor Ausübung des Wandlungsrechts nicht mit. Im Übrigen richtet sich die Beteiligungshöhe auch nach der Transaktionsstruktur. Soll die Ausgabe der Aktien unter Ausschluss des Bezugsrechts und die Börsenzulassung prospektfrei erfolgen, bietet sich eine Barkapitalerhöhung in Höhe von maximal 10 % minus eine Aktie an. Bei Kombination mit einer Bezugsrechtsemission, bei der der Pipe-Investor die nicht bezogenen Aktien aufnimmt, kann auch eine Beteiligung bis zur übernahmerechtlich erheblichen Schwelle von 30 % erfolgen.- Was ist außer dem Aktienerwerb mit dem Investor zu regeln?Spezielle Vereinbarungen empfehlen sich, wenn der Investor eine Mitwirkung an der Corporate Governance, insbesondere eine Vertretung im Aufsichtsrat, anstrebt, die über die gesetzlich vorgesehenen Minderheitenrechte hinausgeht. Aber auch dann, wenn Investor und Unternehmen eine strategische Kooperation eingehen wollen. Weitere Punkte können eine Mindesthaltefrist für die Aktien, Beschränkungen hinsichtlich einer Aufstockung der Beteiligung, Wirksamkeitsbedingungen für den Aktienerwerb und das Zusammenwirken bei Presseerklärungen oder Vertraulichkeitsvereinbarungen sein.- Wo liegen die Knackpunkte in der rechtlichen Strukturierung?Über die Zulässigkeit einer Due-Diligence-Prüfung durch den Investor und die Möglichkeiten, eine bestimmte Vertretung im Aufsichtsrat und Ausschüssen vertraglich zu vereinbaren, wurde zuletzt viel diskutiert. Räumt das Unternehmen gegenüber einem Pipe-Investor Gewährleistungen hinsichtlich der Richtigkeit erteilter Informationen oder der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens ein, ist dies aktienrechtlich problematisch. Hierin würde regelmäßig eine unzulässige Einlagenrückgewähr liegen. Im Zeitraum zwischen Abschluss der Investorenvereinbarung und Zeichnung der Aktien können gegebenenfalls erweiterte Bedingungen für den Einstieg des Investors helfen. Die Gewährung einer Gegenleistung durch das Unternehmen an den Pipe-Investor für dessen Verpflichtung, im Rahmen des Bezugsangebots nicht bezogene Aktien aufzunehmen, ist im Hinblick auf die aktienrechtliche Zulässigkeit differenziert zu betrachten: Hierin kann bei entsprechender Ausgestaltung die zulässige Vereinbarung eines Entgelts für eine gesondert erbrachte Leistung liegen.—-Dr. Gabriele Apfelbacher ist Partnerin bei Cleary Gottlieb Steen & Hamilton LLP. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.