Recht und Kapitalmarkt

Refinanzierungsregister vereinfacht Verbriefungen

Aussonderungsrecht in der Insolvenz - Weite Anwendungsmöglichkeiten - Risiken bleiben

Refinanzierungsregister vereinfacht Verbriefungen

Von Michael Nietsch *) Verbriefungen und Pfandbriefemissionen gewinnen an Bedeutung. Sie erlauben eine Alternative zur fremdkapitalbasierten Finanzierung und bieten vor allem Banken und Kreditinstituten Spielraum, bisherige Formen der Refinanzierung zu ersetzen. Nachteile wie etwa der Wegfall von bonitätssichernden Merkmalen, wie etwa der Gewährträgerhaftung, können so ganz oder zum Teil wieder ausgeglichen werden. Die Möglichkeit der Verbriefung besteht zwar grundsätzlich für alle Arten von Forderungsportfolien. Im Vordergrund steht allerdings die Übertragung von Forderungen, die durch Grundschulden oder auf andere Weise besichert sind (Mortgage Backed Securities). Typischerweise veräußert die sich refinanzierende Bank hierbei ein Portfolio von Darlehensforderungen an eine Zweckgesellschaft, welche ihrerseits den Erwerb über die Emission von Wertpapieren am Kapitalmarkt finanziert. Bisherige HürdenVon herausragender Bedeutung für die Anleihe- und Pfandbriefgläubiger ist die Zugriffsmöglichkeit auf die verbrieften Forderungen und Sicherheiten in der Insolvenz des sich refinanzierenden Unternehmens. Schon nach bisheriger Rechtslage konnte diese zwar hergestellt werden. Voraussetzung war jedoch stets die endgültige und wirksame Übertragung der zu verbriefenden Gegenstände auf die Zweckgesellschaft. Da die meisten Grundpfandrechte als Buch- und nicht als Briefgrundschulden bestellt werden, muss hierzu ein Grundbucheintrag erfolgen. Dieser verursacht Zeit- und Verwaltungs-, vor allem aber Kostenaufwand. Hinzu kamen in jüngerer Zeit Zweifel an der Vereinbarkeit von Abtretung und Bankgeheimnis. Für Verunsicherung und Abschreckung vor allem ausländischer Investoren hatte hier u. a. eine Entscheidung des OLG Frankfurt gesorgt, in der aus dem Bankgeheimnis ein Abtretungsverbot abgeleitet wurde. Andererseits war Gestaltungen, bei denen auf die Übertragung verzichtet und die Forderungen sowie Sicherheiten aufgrund schuldrechtlicher treuhänderischer Vereinbarung weiterhin von dem sich refinanzierenden Institut gehalten wurden, in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Insolvenzfestigkeit versagt worden. Das Ende September in Kraft getretene “Gesetz zur Neuorganisation der Bundesfinanzverwaltung und zur Schaffung eines Refinanzierungsregisters” soll diese und andere Hürden bei der Übertragung von Forderungen im Rahmen von Verbriefungen beseitigen. RechtsklarheitDie gesetzliche Neuregelung schafft in mehrerer Hinsicht, wenn auch nicht in allen Punkten, Rechtsklarheit. Sie erlaubt der Zweckgesellschaft im Insolvenzfall die Zugriffsmöglichkeit auf Forderungen und Sicherungsrechte ohne eine kostenaufwendige vorherige Übertragung. Vielmehr genügt es, dass das Refinanzierungsunternehmen Forderungen und Sicherheiten mit Eintragung treuhänderisch für die Pfandbriefbank oder die Zweckgesellschaft hält, welche die Verbriefung betreiben will. Diese erwirbt zwar lediglich den Anspruch auf Abtretung von Forderung und Sicherheit.Im Fall der Insolvenz des Refinanzierungsunternehmens erwächst jedoch bereits hieraus das zur Sicherung der Anleihegläubiger erforderliche Aussonderungsrecht nach § 47 der Insolvenzordnung. Hinzu kommen gegenüber der bisherigen Rechtslage zudem weitere Gestaltungsmöglichkeiten: Will die Zweckgesellschaft etwa keine sofortige Verwertung vornehmen, so besteht durch das neugeschaffene Mittel der Sachwaltung die Möglichkeit, das Treuhandmodell fortzusetzen. Hierdurch kann der vorhandene Deckungsstock für etwaige Restlaufzeiten der Emission weiter genutzt werden.Die Einsatzmöglichkeiten des Registers sind vielfältig. Eintragungsfähig sind eine Vielzahl von Sicherheiten, so neben Grundpfandrechten auch Schiffshypotheken, Registerpfandrechte an Luftfahrzeugen und Sicherungsabtretungen. Dasselbe gilt für Forderungen nach ausländischem Recht, was die Verbriefung von internationalen Portfolien ermöglicht. Eine Einschränkung besteht für diese Möglichkeit insoweit, als auf die Forderung im Insolvenzfall deutsches Recht Anwendung finden muss. Unterschiedlich beurteilt wird die Eintragungsfähigkeit von Personalsicherheiten.Für kleinere Institute ist vor allem die Bündelung von Deckungswerten von Vorteil. So können etwa Sparkassen, für die sich wegen geringer Volumina eine eigenständige Verbriefungstransaktion nicht rechnet, Forderungen und Sicherheiten in Zukunft an eine Landesbank verkaufen, welche diese in ihr Deckungsregister einstellt und sich ihrerseits über die Emission von Pfandbriefen den Kaufpreis refinanziert. Offene FragenVoraussetzung für die insolvenzfeste Rechtsstellung gegenüber dem Veräußerer ist die ordnungsgemäße Eintragung von Forderung und Sicherheit in das Refinanzierungsregister. Bei Pfandbriefbanken erfolgt die Einstellung in den Deckungsstock in das sogenannte Deckungsregister. Erforderlich, aber auch ausreichend ist hierzu die Bestimmbarkeit der Forderung. Weithin unklar ist, welche Grenzen das Bankgeheimnis und Datenschutzrecht den hierbei möglichen Angaben zieht. Vieles spricht dafür, bei der Eintragung, ähnlich wie bisher bei der Abtretung, die Forderung nach Art, Höhe, Entstehungsdatum und Buchungsnummer zu bezeichnen, den Schuldner hingegen zunächst nur einem Datentreuhänder zu benennen. Ungeklärt ist allerdings auch hier die Reichweite von Abtretungsverboten. Auch wenn die Rechtsprechung des OLG Frankfurt weitgehend auf Widerspruch gestoßen ist, so bietet allein das Einverständnis des Forderungsschuldners in eine Übertragung zu Zwecken der Refinanzierung sichere Gewähr dafür, dass der Verkauf nicht an zugunsten des Schuldners bestehenden Abtretungsverboten scheitert.Trotz Klarstellung der Insolvenzfestigkeit verbleiben aus Sicht der Anleihegläubiger eine Reihe von offenen Fragen. So besteht die Zugriffsmöglichkeit zwar in der Insolvenz des Refinanzierungsschuldners. Kein Schutz besteht aber gegen weitere Abtretungen oder Verfügungen gegenüber dem Schuldner. Möglich bleibt auch die Zwangsvollstreckung gegen das Refinanzierungsunternehmen. Das Register schützt also nicht vor Pfändung der eingetragenen Forderung. Anders als in der Insolvenz besteht auch keine Rückschlagsperre, die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in einem bestimmten zeitlichen Rahmen entfallen lässt. Aus Sicht der Zweckgesellschaft ist die fortbestehende Zugriffsmöglichkeit anderer Gläubiger insbesondere deshalb von Nachteil, weil sie den Gegenstand der Pfändung nicht beeinflussen kann. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor besteht in der weiteren Geltung von Schuldnerschutzvorschriften, insbesondere dem Erhalt von Einreden. Dieser kann Verbriefungen von Forderungen, die durchweg – etwa aus Gründen des Verbraucherkreditrechts – mit Einreden behaftet sind, faktisch entwerten. Keine AuslagerungAus Sicht des Refinanzierungsinstituts als zu aufwendig könnte sich die Pflicht zur Führung des Registers erweisen. Eine Auslagerung erklärt das Gesetz ausdrücklich für nicht statthaft. Die Führung durch ein anderes Kreditinstitut lässt es allerdings zu, wenn ein eigenes Refinanzierungsregister nach Art und Umfang des Geschäftsbetriebs zu einer unangemessenen Belastung führen würde. Klarheit hierüber könnte die zu erwartende Rechtsverordnung bringen. Ansonsten bleibt die Verwaltungspraxis der BaFin, die auch die Aufsicht über die Registerführung ausübt, abzuwarten. Trotz dieser und einiger anderer Zweifelsfragen dürfte das Refinanzierungsregister schnell zur weiteren Entwicklung des Marktes für Verbriefungen und Pfandbriefemissionen beitragen. Positiv erscheint auch, dass das Gesetz in seiner weitgehend offenen Fassung schon jetzt Raum für zukünftige Gestaltungen lässt. Skeptisch beurteilt werden die Impulse für den Handel mit notleidenden Krediten. Denn hier ist der Erwerber frühzeitig auf die Vollstreckungsmöglichkeit angewiesen. Diese steht ihm nur bei der Übertragung des Rechts zur Verfügung.*) Dr. Michael Nietsch ist geschäftsführender Assistent am Institut des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz.