Asset Management

Renditesturz bringt US-Pensionsfonds in Nöte

Zur Deckung fehlen 700 Mrd. Dollar - Kandidaten für staatliche Stützung - Verbindlichkeiten steigen aufgrund geringerer Renditen

Renditesturz bringt US-Pensionsfonds in Nöte

Von Bernd Neubacher, New York Die verfallenden Renditen am Anleihemarkt und Kursverluste von Aktien bringen die US-Pensionsfonds in höchste Not. Unter den Einrichtungen, die ehemaligen Beschäftigten noch Leistungen garantieren und nicht, wie mittlerweile zunehmend üblich, nur die Beiträge für die Altersvorsorge, ist die Zahl der unterfinanzierten Sondervermögen kräftig gewachsen. Werden die Vorgaben für die Vorsorge nicht nochmals deutlich gelockert, dürften die Fonds nach Banken und Autoherstellern der nächste Kandidat für staatliche Stützungsaktionen werden, heißt es bei Analysten. Die Schätzungen des Schadens durch die Marktverwerfungen der vergangenen Monate gehen auseinander. Sicher ist: In den Bilanzen der Pensionsfonds tun sich inzwischen gähnende Löcher auf. So veranschlagt Citigroup das Verhältnis zwischen dem fairen Wert der Assets und den Verbindlichkeiten des durchschnittlichen, Leistungen garantierenden Pensionsfonds im S & P 500 per Mitte Dezember auf gerade noch 69 %. Dies ist das niedrigste Niveau in der jüngeren Vergangenheit (siehe Grafik) und ein Absturz in Rekordzeit. Ende des vergangenen Jahres lag der Quotient noch bei 104 %. Fast alle sind unterfinanziertCredit Suisse bezifferte den Deckungsanteil in den Pensionsplänen der S & P-500-Unternehmen im vergangenen Monat noch auf 85 %. Von 371 Indexunternehmen mit Leistungen garantierenden Pensionsplänen sind demnach 342 unterfinanziert, und in 227 Fällen ist die Deckungsquote unter 80 % gerutscht – unterhalb dieser Marke drohen den Vermögen gesetzliche Beschränkungen wie ein Verbot von Einmalzahlungen. Zudem müssen sie ihre Teilnehmer über die Unterdeckung informieren. Und 25 Pensionsfonds hat Credit Suisse eine Abdeckung von nicht einmal mehr 60 % bescheinigt. Gesellschaften mit einer solchen Unterdeckung müssten ihre Pläne eigentlich einfrieren. Um den Pensionsfonds aus der Klemme zu helfen, lockerte der Kongress schon zur Monatsmitte die Vorgaben zur Finanzierung der Vermögen (siehe separater Text auf dieser Seite). Mehr als der Börsenwert Die Lockerungen dürften aber kaum reichen, wie es bei Analysten heißt. Werden die Mindestanforderungen nicht für längere Zeit ausgesetzt, dürften sich die Unternehmen mit garantierten Pensionsleistungen bald einreihen in die Phalanx jener Adressen, welche die Politik um öffentliche Hilfen bitten, meint Citigroup. Bei 64 US-Unternehmen machen die Pensionsverbindlichkeiten Credit Suisse zufolge mittlerweile mehr als die Hälfte des jeweiligen Börsenwertes aus, in neun Fällen summieren sie sich auf mehr als das Doppelte. Vor allem in den vergangenen Wochen ist die Lage eskaliert. Laut Citigroup stürzte die Finanzierungsquote der Pensionsleistungen garantierenden S & P-500-Unternehmen allein zwischen Ende Oktober und Mitte des ablaufenden Monats um 28 Punkte ab. Aus der Kurve trägt die Fonds vor allem die Bewertung ihrer Verbindlichkeiten. Der Absturz der Renditen langlaufender Staatsanleihen in den vergangenen Wochen hat dafür gesorgt, dass sich die Summe der Schulden im Vergleich zum Jahresbeginn um 13 % erhöht hat – Ende Oktober stand noch eine Reduktion um 15 % seit Anfang Januar zu Buche. Staatstitel-Entwicklung stört Fallende Renditen erleichtern es zwar den USA, Schulden zu machen . Pensionsfonds aber geraten durch diese Renditen rasch in Schieflage. Denn die Sondervermögen nutzen die Bewertungen risikoarmer Anleihen, um ihre Verbindlichkeiten abzuzinsen. Sinken die Renditen, steigt das Volumen der Verbindlichkeiten zum momentanen Wert. Wie schon nach dem Platzen der Technologieblase rächt sich überdies, dass viele Portfolio-Manager zu stark auf Dividendentitel gesetzt haben, welche im Baisse-Jahr 2008 unter die Räder gekommen sind. Die Performance der Aktiva hat sich in den vergangenen Wochen dennoch nur unmerklich verschlechtert. Bis Ende Oktober hatten die Fonds seit Jahresbeginn 22 % verloren, Mitte Dezember betrug das Minus 22,5 %. Renditeverfall und Kursschwund bescheren den Pensionsfonds mit Leistungsgarantien laut Citigroup momentan eine Unterfinanzierung von 700 Mrd. Dollar. Dies entspreche den erwarteten Gewinnen der Unternehmen im S & P 500 im kommenden Jahr, teilt das Institut mit. Wachstumsbremse In manchem Unternehmen dürfte 2009 damit nicht nur die Rezession das Ertragswachstum hemmen, sondern auch die Situation des betrieblichen Pensionsfonds. Im Oktober schon hatte der Rüstungskonzern Lockheed Martin einen mauen Ausblick auf das kommende Jahr mit der Notwendigkeit begründet, wohl 100 Mill. Dollar in sein Vorsorgevermögen einzuschießen, um Zusagen der Altersversorgung erfüllen zu können.