Immobilien

Rentabilität von "Green Buildings" ist unklar

In Deutschland bislang wenige Bürobauten - Mieter rechnen "ganz knallhart mit jedem Cent"

Rentabilität von "Green Buildings" ist unklar

Von Ulli Gericke, Berlin Im Prinzip sind sich alle einig. Energie muss gespart werden, damit der klimaschädliche Kohlendioxidausstoß verringert werden kann. Das gilt für Autos und die Industrie, viel mehr aber noch für Wohnungen und Gewerbeimmobilien, die allein für gut ein Drittel der weltweiten CO2- Emissionen stehen. Dennoch brach ein Sturm der Entrüstung los, als die Berliner Umweltverwaltung vor wenigen Tagen einen Entwurf für ein neues Klimaschutzgesetz veröffentlichte. Die verschärften ökologischen Kriterien würden zu Mietsteigerungen von 12 % und mehr führen, warnte etwa der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), dessen Mitgliedsfirmen gut ein Drittel aller Wohnungen in Berlin verwalten. Besser zu vermarktenTeurer ist nachhaltiges Bauen auch bei Büroimmobilien. Aber speziell in wettbewerbsintensiven Lagen, wo ähnliche Gebäude mit vergleichbaren Grundrissen stehen, haben “green buildings” deutliche Vermarktungsvorteile, versichert Ingo Weiss, der Leiter Property Management bei Jones Lang LaSalle in Deutschland. Gleichwohl muss er einräumen, dass trotz dieser merklichen Vermarktungsvorteile gerade einmal 43 Gebäude in Deutschland von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) zertifiziert oder vorzertifiziert wurden – darunter ein beachtlicher Teil öffentlicher Immobilien wie das Umweltbundesamt in Dessau oder das Justizzentrum in Chemnitz. Mit Gold, Silber oder Bronze bewertet werden dabei besonders umweltfreundliche, ressourcensparende, wirtschaftlich effiziente und für den Nutzerkomfort optimierte Gebäude (siehe oben stehende Grafik).Wobei – von wenigen Ausnahmen abgesehen – die Mieter momentan “ganz knallhart mit jedem Cent rechnen”, weiß Stefan Albert, Geschäftsleitungsmitglied beim Immobiliendienstleister Aengevelt. Demnach dürfen die Erst- und Zweitmiete zusammen, also die normale Büromiete und die Betriebsnebenkosten, in “Green Office Buildings” maximal gleich hoch sein wie bei herkömmlichen Objekten. Gravierende UnterschiedeAmerikanische Studien lassen freilich an diesem streng ökonomischen Glauben zweifeln. Auf Basis ein- und desselben Datenmaterials haben US-Forscher teils gravierende Unterschiede ermittelt bei der Bemessung von Miet- und Kauftpreisaufschlägen zertifizierter versus nichtzertifizierter Gebäude. Sehen die einen nicht einmal einen 10-prozentigen Mietaufschlag bei nachhaltigen Objekten als realistisch an, sprechen andere einem Green Building ein Mietplus von gut einem Drittel zu. Bei den Kaufpreisaufschlägen sind die Differenzen noch ausgeprägter.Zahlen scheinen interpretierbar zu sein – genauso wie die Frage, was überhaupt ein “grünes Gebäude” ist. Zwar nicht zertifiziert, aber mit knallgrünem Image präsentiert sich beispielsweise in Frankfurt ein Hochhaus, dessen vollverglaste Fassade im Sommer einen enormen und teuren Energieeinsatz zur Kühlung erfordert, das aber im Keller ein kleines energieeffizientes Blockheizkraftwerk zur Wärme- und Stromversorgung installiert hat. “Eine Dreckschleuder mit grünem Bapperl”, qualifiziert ein Immobilienexperte den Wolkenkratzer ab – aber der Auftritt als “schickes, grünes Gebäude” scheint zu funktionieren. Nettes “Add on”Entsprechend bewertet Tajo Friedemann, Berater für Nachhaltigkeitsfragen bei Jones LaSalle, das Green-Building-Konzept als “Add on – gut für die PR, gut für das Marketing”. Weit jenseits der notwendigen Rentabilität gehe es hier um das “Feintuning”, wie ein Gebäude am Markt platziert werden könne.Wenn es denn überhaupt so weit kommt. Denn in Zeiten chronisch knapper Finanzierungen werden Zusatzkosten von 10 % und mehr für nachhaltig erstellte Bürohäuser oftmals zum Todesurteil für ein ehrgeiziges Öko-Projekt. Green Buildings seien derzeit “total ausgebremst”, klagt Thomas Glodek von Aengevelt. Und das, obwohl erste Büro-Passivhäuser die Nebenkosten auf magere 0,65 Euro je Quadratmeter drücken können – ein Minus von etwa 80 % verglichen mit herkömmlichen Betriebskosten von gut 3 Euro. Diese Differenz sollte auch langfristig von Vorteil sein. Denn angesichts steigender Energiekosten verbessern geringere Nebenkosten auch den Exit eines Immobilienengagements, ist sich Albert von Aengevelt sicher. Schließlich seien heute noch gefragte Immobilien künftig wegen ihrer schlechten Energieeffizienz nur noch mit massiven Abschlägen zu platzieren. In den USA StandardWeniger eindeutig ist die rein monetäre Gegenüberstellung von Investitionsmehrkosten zu realisierten Mietaufschlägen. Wenn die US-Studie Mietzuschläge von teilweise nur 6 bis 9 % aufzeigt, ist das für Entwickler bzw. Hauseigentümer bei Investitionsmehrkosten von 10 bis 12 % ein schlechtes Geschäft. Ein Blick in das Ausland zeigt jedoch, dass beispielsweise in den USA ein nach dortigem (freilich moderatem) Maßstab zertifiziertes Green Building “absoluter Standard” ist, betont Weiss. Sein eigenes Haus Jones Lang LaSalle, aber auch Coca-Cola oder Nokia, hätten sich in ihren Regularien zur guten Corporate Social Responsibility verpflichtet, nur noch grün-zertifizierte Immobilien anzumieten. Abriss besser als NeubauFür bestehende Immobilien ist der finanzielle Aufwand für eine (Energie-)Sanierung noch wesentlich höher als bei Neubauten. Nur wenn es anderweitig kaum noch eine Chance gibt, ein abgelebtes, leer stehendes Bürogebäude etwa aus den sechziger Jahren zu vermieten, wagen Eigentümer ein “Refurbishment” – eine Grundsanierung als Schadensbegrenzung, erläutert Albert. Vielfach sei es allerdings unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten sinnvoller, die alte Immobilie abzureißen und einen “grünen” Neubau zu errichten, fügt Weiss an.