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Reparaturbedarf beim Testament

Gravierende Änderungen durch die Erbschaftsteuerreform - Auch Erbverträge sollten überprüft werden - Geschickt die Freibeträge nutzen

Reparaturbedarf beim Testament

Von Oskar H. Metzger Der Gesetzgeber hat zum 1. Januar 2009 das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht neu geregelt. Diese Reform betrifft unter anderem die Bewertung von Grundstücken und Betriebsvermögen. Auch Freibeträge und Steuersätze wurden neu festgelegt. Testamente und Erbverträge sind daher nach dem neuen Erbschaftsteuerrecht zu überdenken, sie haben gegebenenfalls Reparaturbedarf.”Eine Testamentsüberprüfung in steuerlicher Hinsicht dürfte unter folgenden Gesichtspunkten sinnvoll sein”, zählt Stefan Lenzenhuber vom Bayerischen Justizministerium auf: Die Vererbung des Familienwohnheims an den Ehegatten oder die Kinder ist nach der Erbschaftsteuerreform unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei.Dafür müssen der Ehegatte bzw. die Kinder nach dem Tod mindestens zehn Jahre selbst in dem ererbten Anwesen wohnen. Außerdem ist bei Enkelkindern eine deutliche Erhöhung des Freibetrags von 51 200 Euro auf 200 000 Euro erfolgt, sodass es vor allem bei größeren Vermögen sinnvoll sein kann, neben den Kindern auch gleich den Enkelkindern etwas zuzuwenden.Eine Überprüfung sollte jedoch auch erfolgen, wenn Testamente oder Erbverträge Zuwendungen an Angehörige der Steuerklassen II und III enthalten – also etwa Geschwister, Neffen, Nichten und sonstige entferntere Verwandte oder Dritte. Denn durch die höhere Bewertung von Immobilien allgemein und die im Bereich der Steuerklassen II und III erfolgte Anhebung der Steuersätze kann es unter Umständen zu einer höheren steuerlichen Belastung kommen.”Für die Zeit nach dem Tod sorgen nur wenige vor”, sagt Guido Kordel von der Rheinischen Notarkammer. 90 % der Testamente seien falsch abgefasst, unklar, widersprüchlich und häufig sogar unwirksam, warnt der Experte. Bittere Folgen sind Streit in der Familie, teure Gerichtsverfahren und Zerfall des Vermögens. Das lässt sich mit einem notariellen Testament vermeiden. Dramatische FolgenEinem Ehepartner oder eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartner können 500 000 Euro steuerfrei hinterlassen werden, jedem Kind bis zu 400 000 Euro. Nicht eingetragene Lebensgefährten sind dagegen deutlich schlechter gestellt. Auch wenn ein Paar lange Jahre zusammengelebt hat, billigt der Fiskus dem Lebenspartner gerade mal 20 000 Euro Freibetrag zu. Mit dramatischen Folgen. Denn sobald der Nachlass die Freibeträge übersteigt, fallen Steuern an – je nach Wert des Nachlasses zwischen 7 und 50 %. Durch geschickte Testamentsgestaltung kann jedoch eine optimale Ausnutzung der Freibeträge erreicht oder eine wiederholte Besteuerung vermieden werden.Das deutsche Erbrecht kennt zwei ordentliche Testamentsformen. So könne ein Testament durch einen Notar (öffentliches Testament) oder durch eine privatschriftliche Erklärung des Erblassers (eigenhändiges Testament) erstellt werden, sagt Katharina Jahntz vom Bundesjustizministerium. Je komplizierter der Wille des Erblassers ist, umso mehr lohnt sich jedoch die Beratung durch einen Fachmann. Es sei am sichersten, ein Testament beurkunden zu lassen und beim Gericht zu hinterlegen, rät Jahntz. Die Beratung vermeidet Fehler im Text und die Hinterlegung vermeidet Verlust, Fälschung und verspätetes Auffinden. Eigenhändig schreibenDas Gesetz schreibt eindeutig vor, dass ein privatschriftliches Testament eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein muss. “Deshalb ist beispielsweise ein mit der Schreibmaschine geschriebenes und nur handschriftlich unterzeichnetes Testament unwirksam”, warnt Jahntz.Am häufigsten werde in privatschriftlicher Form testiert, sagt Andreas Frieser. Er ist Fachanwalt für Erbrecht in Bonn sowie Vorsitzender des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Die Hinzuziehung eines Fachmanns lohne sich aber schon bei kleinen Nachlässen.Errichten beispielsweise Eheleute mit Kindern kein Testament, so erben – wenn die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben – nach dem erstversterbenden Ehegatten die Kinder zu 1/2-Anteil und zu 1/2-Anteil der überlebende Ehegatte. Es entsteht also eine Erbengemeinschaft. Waren die Ehegatten Miteigentümer des Familienwohnheims, sind daran nach dem ersten Erbfall rechtlich auch die Kinder beteiligt. Dies ist meist nicht im Sinne der Eltern.Und kann man auch dem geliebten Haustier etwas vererben? “Nein”, sagt Frieser. Denn Tiere können nicht erben. Besteht jedoch der Wunsch, ein Tier zu bedenken, so gibt es mehrere Möglichkeiten. Beispielsweise die, dass der Erbe durch eine Auflage verpflichtet wird, die Geldsumme auch dazu zu verwenden, das Tier zu pflegen. Möglich ist, dass man einem Vermächtnisnehmer eine Geldsumme für die Pflege des Tiers zuwendet. Man kann aber auch zu Lebzeiten mit einem Tierheim oder einem Tierpfleger einen Vertrag abschließen, an den der Erbe gebunden ist. Dieser muss dann die zu Lebzeiten eingegangene Verpflichtung aus dem Nachlass erfüllen. Die Geliebte absichernNach Scheidungen sollte man die Situation bei Kapitallebensversicherungen mit einem Versicherungsexperten genau analysieren, rät Michael Segal von den Generali Versicherungen. In der Regel ist dann nämlich eine Änderung des namentlichen Bezugsrechts erforderlich, sofern sich beide in den Verträgen gegenseitig begünstigt hatten. Eine entsprechende Verfügung im Testament zugunsten des neuen Partners reicht deshalb nicht – wie Gerichtsurteile belegen.Eine lebenslange Todesfallversicherung eignet sich nach Aussage von Dörte Lochner von der Wüstenrot & Württembergischen für Betroffene, die später Miterben auszahlen müssen. Aber auch für jemanden, der einen nicht ehelichen Lebenspartner – beispielsweise eine Geliebte – absichern will. Dabei ist der potenzielle Erbe als Versicherungsnehmer und Beitragszahler für die Auszahlung der Leistung bezugsberechtigt. Durch das Bezugsrecht ist die Auszahlungssumme kein Bestandteil der Erbschaft und kann direkt an den Begünstigten gezahlt werden. Bei dieser Vertragsgestaltung erfolgt die Auszahlung steuerfrei.Generell gilt für den Testaments-TÜV: Wenn man seinen Nachlass nach neuestem Gesetzesstand regeln will, dann muss man sich über die aktuelle Rechtslage informieren und gegebenenfalls Reparaturen vornehmen, damit man seine Vorstellungen unangreifbar durchsetzen kann. Aber auch als Erbe muss man wissen, welche Rechte und Pflichten man hat, wofür man haftet und ob man die Erbschaft überhaupt annehmen oder besser ausschlagen sollte. Zudem kann man mit einer vorausschauenden Regelung der Erbfolge seinen Erben nach dem Inkrafttreten des neuen Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts eine Menge Geld sparen.