Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Michael Schlitt

Risiko beim Debt Equity Swap begrenzt

Hürden für Forderungsumwandlung bei börsennotierten Unternehmen

Risiko beim Debt Equity Swap begrenzt

– Herr Dr. Schlitt, ein Debt Equity Swap wird in diesen Tagen häufig als Lösungsweg genannt, wenn ein Unternehmen einen akuten Refinanzierungsbedarf hat. Was versteht man darunter?Beim Debt Equity Swap handelt es sich um die Umwandlung einer Forderung in Eigenkapital. Dabei kann es sich um einen Kredit oder eine Anleihe handeln. Eingebracht werden kann die Forderung von den kreditgebenden Banken oder einem Investor, der die Forderungen zuvor mit einem Abschlag erworben hat. Durch die Umwandlung wird das Fremdkapital des Unternehmens vermindert und gleichzeitig der Cash-flow durch die Verringerung der Tilgungs- und Zinsverpflichtung entlastet. Manchmal reicht ein Debt Equity Swap allein nicht aus, um den Turn-around sicherzustellen; dann wird er von anderen Kapitalmaßnahmen, wie einer Kapitalherabsetzung oder einer Barkapitalerhöhung, flankiert. – Ist ein Debt Equity Swap leicht umzusetzen?Sofern die Gesellschaft einen überschaubaren Gesellschafterkreis hat und die Anteilseigner die Sachkapitalerhöhung mittragen, obwohl sie ja selbst vom Bezugsrecht ausgeschlossen werden, grundsätzlich ja. Komplexer ist es, wenn es sich um eine börsennotierte Aktiengesellschaft handelt und kein ausreichendes genehmigtes Kapital vorhanden ist. Dann muss die Hauptversammlung selbst über die Sachkapitalerhöhung beschließen und es besteht die Gefahr, dass der Beschluss angefochten und die Transaktion verzögert wird. – Welche Risiken bestehen für den Kreditgeber, der die Forderung einbringt? Sollte die Forderung anlässlich der Einbringung zu hoch bewertet worden sein, schuldet der Gläubiger die Differenz zwischen dem wahren und dem in Ansatz gebrachten Wert. Dieses Risiko, das sich häufig erst in der Insolvenz realisiert, ist jedoch durch die Einholung von Bewertungsgutachten beherrschbar. – Der Anteil, den der Kreditgeber nach dem Swap am Grundkapital hält, ist in der Regel nicht unbeträchtlich. Droht bei börsennotierten Gesellschaften ein Pflichtangebot?Erwirbt der Kreditgeber 30 % der Stimmrechte am erhöhten Grundkapital, ist er grundsätzlich verpflichtet, ein Pflichtangebot zum Erwerb aller Aktien der Gesellschaft abzugeben. In vielen Restrukturierungssituationen besteht jedoch die Möglichkeit, von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine Befreiung vom Pflichtangebot zu erlangen. Voraussetzung ist, dass die Gesellschaft sanierungsbedürftig und -fähig ist und der Kreditgeber als “Bieter” einen Sanierungsbeitrag leistet. Darüber hinaus muss die Gesellschaft für die Zulassung der neuen Aktien einen Wertpapierprospekt erstellen. – Was passiert, wenn der Kreditgeber nicht seine ganze Forderung einbringt?Seit vergangenem Jahr sind alle Darlehen eines Gesellschafters an die Gesellschaft grundsätzlich nachrangig, unabhängig davon, welche Rechtsform das Unternehmen hat. Anders als nach früherem Recht kommt es auf das Vorliegen einer Krise nicht an. Aber auch insoweit kommt unter bestimmten Voraussetzungen ein Sanierungsprivileg in Betracht, das die Nachrangigkeit der Forderung vermeidet. – Ist der Debt Equity Swap für die Gesellschaft steuerlich von Nachteil?Nicht notwendigerweise. Zwar ist der Gewinn, der durch die Ausbuchung des nicht werthaltigen Teils der Forderung entsteht, grundsätzlich steuerpflichtig. In bestimmten Konstellationen kann die Gesellschaft jedoch unter Berufung auf den Sanierungserlass eine Steuerbefreiung von den Sanierungsgewinnen erlangen. – Gibt es Alternativen zu einem Debt Equity Swap?Ob die Umwandlung in Eigenkapital der sachgerechte Weg ist, hängt sehr von den speziellen Verhältnissen des Einzelfalls ab. Unter Umständen kann eine Restrukturierung des Kredits, ein Tausch in andere Vermögensgegenstände im Wege eines Debt Asset Swap oder eine Umwandlung des Kredits in eine Wandelschuldverschreibung oder in einen Genussschein gleichfalls zum Ziel führen. Prof. Dr. Michael Schlitt ist Partner der internationalen Anwaltsgesellschaft Willkie Farr & Gallagher LLP und Honorarprofessor an der Universität zu Köln.Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.