PORTFOLIO

Rohdiamanten runden das Portfolio ab

Nur erfahrene Investoren gefragt - Komplexe Beurteilung aufgrund fehlender Expertisen - Eine Partie Steine kostet ab 250 000 Euro

Rohdiamanten runden das Portfolio ab

Ein Investment in Rohdiamanten ist nur etwas für den größeren Geldbeutel und vor allem etwas für Investoren, die über Erfahrung mit Diamantanlagen in Form von geschliffenen Steinen verfügen. Denn die qualitative Beurteilung eines Rohdiamanten ist individuell und damit komplexer als bei Brillanten.Von Kai Johannsen, Frankfurt Wer sein Kapital im Rahmen eines Diamantenportfolios in geschliffene Steine (Brillanten) investiert, ist relativ schnell auf der sicheren Seite, wenn es um die qualitative Beurteilung der Steine geht. Die sogenannten “4 C” (Carat, Cut, Clarity, Colour) geben Aufschluss über die Beschaffenheit des Steins und ermöglichen somit eine klare Einordnung. Zertifikate – sie werden auch das fünfte C (Certificate) genannt – eines international anerkannten gemmologischen Instituts wie etwa GIA (Gemmological Institute of America) geben dann die entsprechende Sicherheit: Der Stein wurde untersucht, gemäß der “4 C” kategorisiert und letztlich zertifiziert. Bei einem späteren Verkauf gibt es damit keine Diskussionen über die Qualität des betreffenden Steins, da jener klar klassifiziert wurde. Das schafft die Sicherheit – gerade für den Laien. Und genau das ist der große Unterschied zu den Rohdiamanten. Es gibt für sie keine Einzelexpertisen. Prinzipiell lassen sich Experten zufolge derartige Einzelexpertisen anfertigen, und zwar über die Kategorisierungen Farbe und Reinheit. Die Einschätzung der Qualitäten des Rohdiamanten sei aber mit einem hohen Grad an Unsicherheit behaftet.Bei einem Rohdiamanten liegt die Verwendung des Steins im Auge des Betrachters. Aus einem größeren Rohdiamanten entsteht nicht grundsätzlich nur ein Stein, sondern aus einem Rohdiamanten können später auch vier bis fünf Steine entstehen. Welche Formen das später sein werden, welche Steine letzten Endes geschaffen werden, das kann jeder Experte wiederum anders beurteilen. Tendenziell wird bei einem Rohdiamanten immer der größtmögliche Stein gesucht, denn größere Größen kommen in der Natur seltener vor und haben deshalb c.p. einen höheren Wert.Da aus Rohdiamanten später geschliffene Steine werden, zum Beispiel Brillanten, werden Anleger in diesem Zusammenhang mit dem Aspekt des sogenannten Schleifertrages konfrontiert. Der Schleifertrag gibt an, was letzten Endes von einem geschliffenen Stein übrig bleibt. Einfache Devise: Je mehr übrig bleibt, desto besser. Bei Brillanten sind das im Schnitt 40 bis 50 %. Das bedeutet: Bleiben von einem Rohdiamanten, der zu einem Brillanten geschliffen wird, zum Schluss nur 40 % übrig (60 % des Steines gehen demzufolge beim Schleifen verloren) wird von einem ungünstigen bzw. schwachen Schleifertrag gesprochen. Bleiben hingegen 50 % übrig, wird der Schleifertrag als gut bewertet. Je weißer, desto wertvollerRohdiamanten werden von Experten tendenziell ähnlich der “4 C” beurteilt, wobei das C für Cut verständlicherweise wegfällt. Somit ist die Karatzahl (Carat) ebenso relevant wie die Reinheit (Clarity), d.h. je weniger Einschlüsse der Stein aufweist, desto wertvoller ist er. Aber auch die Farbe (Colour) kommt bei der Wertbestimmung zum Tragen, d.h. je weißer der Stein, desto höher sein Wert – mit einer Ausnahme, und das sind die gefragten Fantasiefarben.Bei Rohdiamanten achten Experten zudem auf die Form des Diamanten. “Je voller und je regelmäßiger das Kristall, desto höher ist der Preis. Besonders teure Diamanten sind Steine in der Form des Oktaeder”, sagt Ulrich Freiesleben, Rohdiamantenhändler an der Börse in Antwerpen und Betreiber des Diamantenhandelsportals Diamondax. Gefragt sind dem Experten zufolge saubere, klare Kristalle, die später einer klaren Verwendung, d.h. einem eindeutigen Schleifergebnis zugeführt werden können. “Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass es sich um Steine in Gem-Quality handelt, also Rohdiamanten, die später bei der Schmuckverarbeitung Verwendung finden. Wir sprechen hier nicht von Steinen, die in der Industrie zum Beispiel als Bohrkopf oder bei Schneidgeräten eingesetzt werden”, so Freiesleben. Tausende KlassifizierungenDie Beurteilung und damit auch der Handel von Rohdiamanten ist aufgrund der fehlenden Expertise um einiges aufwändiger als der Handel von Brillanten. Größe, Form und Farbe der Steine werden in jeder Mine selbst klassifiziert. “Jeder Minenbetreiber hat für die Rohdiamanten seiner Mine ein eigenes Klassifizierungsschema. Und damit kommen wir weltweit dann recht schnell auf 5 000 bis 10 000 Klassifizierungen für Rohdiamanten. Im Grunde genommen wissen viele nicht, was sie sich einkaufen, bzw. muss man schon eine mehrjährige Erfahrung mitbringen, um das zu wissen bzw. beurteilen zu können”, sagt Freiesleben.Generell raten Experten wie Freiesleben dazu, ausschließlich klassifizierte Ware von großen Minenbetreibern zu erwerben, so zum Beispiel von De Beers oder Alrosa. “Bei einem späteren Wiederverkauf kann dann darauf verwiesen werden, welche Ware man erworben hat”. Wer also Steine aus drei unterschiedlichen Minen, d.h. von drei Minenbetreibern erwirbt, hat es mit unterschiedlichen Größen und Farben zu tun. Es existieren somit nicht mehr einheitliche Klassifizierungen. “Wenn man hingegen eine Partie Steine eines Anbieters kauft, dann lässt sich hinterher auf klare einheitliche Definitionen verweisen, was einen Wiederverkauf erleichtert”, ergänzt Freiesleben.Interessierte Anleger setzen sich dann mit ganz neuen, bis dato unbekannten Klassifizierungen auseinander. “So wird “Fine 2,5 bis 4 ct” zu den Top-Qualitäten bei De Beers gerechnet”, sagt Freiesleben. Es handelt sich um 2,5 bis 4 Karat schwere Steine bester Qualität. Eine andere Klassifizierung bei BHP Billiton lautet etwa: 2,5 bis 10 ct ZMC-CTD. Es sind Rohdiamanten von 2,5 bis 10 Karat Gewicht der Kategorie Sawable (Z), Makeable (M), Cleavage (C) und Coated (CTD), wobei Coated bedeutet, dass die Steine auf der Außenhaut einen sichtbaren Überzug aufweisen. Nichts für kleinen GeldbeutelDerartige Steine sind nichts für den kleinen Geldbeutel. Eine Partie Rohdiamanten beginnt je nach Qualität in etwa bei umgerechnet rund 250 000 Euro. “Der Erwerb einzelner Partien Rohdiamanten stellt letzten Endes die Abrundung des Portfolios nach oben dar. Wer also Rohdiamanten erwirbt, hat zuvor bereits ein Portfolio von geschliffenen Steinen erworben”, sagt Freiesleben. Das Diamantenportfolio aus geschliffenen Steinen sollte laut Freiesleben einen minimalen Wert von 500 000 Euro aufweisen, bevor der Anleger überhaupt an einen Kauf von Rohdiamanten denken sollte. Kämen dann rund 250 000 Euro in Rohdiamanten hinzu, liege der Anteil dieser Steine im Diamantenportfolio bei in etwa einem Drittel, was vertretbar erscheine.Anleger müssten aber berücksichtigen, dass es für einzelne Steine der Rohdiamanten keinen Sekundärmarkt gäbe. Das gebe es nur für Partien von Steinen oder für Ausnahmen von Steinen, womit einzelne größere Exemplare ab 20 Karat aufwärts gemeint seien. Anleger können sich bei dem späteren Verkauf an eine Diamantenbörse wenden, die auch mit Kontakten weiterhelfen würde, oder an den Verkäufer, bei dem sie den Stein erworben haben. Mit bloßem AugeFreiesleben rät Anlegern darüber hinaus, ausschließlich auf natürlich gewachsene Diamanten zu setzen und nicht auf synthetisch hergestellte Steine. Natürliche Steine können Experten sofort mit bloßem Auge von synthetischen Steinen unterscheiden. Mit einigen Jahren Erfahrung können Diamantenhändler auf den ersten Blick die Herkunft der Steine (Land, Mine) klar zuordnen. Das gehe nicht unbedingt bei jedem einzelnen Stein, aber sehr wohl bei einer Partie von Rohdiamanten. Synthetische Steine würden sich sehr deutlich von ihren Pendants aus der Natur unterscheiden. Das liege an der Form und der Regelmäßigkeit der Beschaffenheit des synthetisch hergestellten Steins. “Ein Rohdiamant hat ein unverwechselbares Äußeres, das sich synthetisch eben nicht imitieren lässt”, so Freiesleben.