Recht und Kapitalmarkt

Rolle rückwärts bei Regelungen zu Kreditverkäufen

Neue Anforderungen zum Erwerb grundpfandrechtlich gesicherter Darlehensforderungen in der Diskussion - Teure Refinanzierung

Rolle rückwärts bei Regelungen zu Kreditverkäufen

Von Okko Hendrik Behrends *) Im vergangenen Jahr war durch Medienberichte der Eindruck entstanden, Finanzinvestoren könnten nach dem Erwerb von Immobilienkrediten aus von ihnen erworbenen Grundschulden ohne Rücksicht darauf vorgehen, ob sich der Darlehensnehmer mit der gesicherten Verbindlichkeit im Verzug befindet. Die Justizministerin reagierte darauf im Dezember mit einem Bündel von Gesetzesvorschlägen, “um redliche Darlehensnehmer besser zu schützen”. Die zunehmende Praxis von Banken, Forderungen aus Krediten an Finanzinvestoren zu verkaufen, beobachte sie mit Sorge. Wer seine Raten ordentlich zahle, so die Ministerin, müsse sicher sein, dass sich niemand aus den Sicherheiten bediene. Das gelte für Häuslebauer genauso wie für mittelständische Unternehmer. Es dürfe nicht ein Finanzinvestor vor der Tür stehen und Rückzahlung verlangen, mit Zwangsvollstreckung drohen oder die Zwangsvollstreckung durchführen.Politisch war diese Initiative leicht nachvollziehbar. Viele Juristen fragten sich allerdings, wie es zu den angeblichen Übergriffen von Finanzinvestoren auf redliche Darlehensnehmer gekommen sein sollte. Denn der Erwerber einer Darlehensforderung hat nach deutschem Recht keine weitergehenden Rechte als vorher der ursprüngliche Darlehensgeber. Die einzige Ausnahme ist der Fall des sogenannten gutgläubigen einredefreien Erwerbs einer Grundschuld. Dieser Fall ist theoretisch möglich, aber auch schon nach geltendem Recht praktisch ausgeschlossen. Denn Banken sind nach der Rechtsprechung verpflichtet, die ihnen durch den Sicherungsvertrag auferlegten Beschränkungen an den Erwerber der Grundschuld weiterzugeben. Andernfalls machen sie sich dem Darlehensnehmer gegenüber schadenersatzpflichtig. Gesetzgeberisches PlaceboNach einer Anhörung zu ihren Gesetzesvorschlägen im Januar dieses Jahres erklärte auch die Ministerin, der durch Medienberichte erweckte Eindruck, der Erwerber einer Grundschuld könne unabhängig von der zugrunde liegenden Forderung vollstrecken, sei nicht richtig. Der gutgläubige Erwerb der Grundschuld sei in der Praxis der Kreditverkäufe auszuschließen. Nach geltendem Recht hätten Kreditnehmer, die ihre Raten ordentlich bezahlten, nichts zu befürchten. Wer seine Kreditpflichten erfülle, müsse nicht damit rechnen, dass plötzlich ein Finanzinvestor vor der Tür stehe, Rückzahlung verlange und mit der Zwangsvollstreckung drohe. “Das ist heute schon so, und daran halten wir fest.” Es gebe keinen Grund zur Sorge und schon gar nicht zur Panik. Ihr seien keine Fälle bekannt, in denen es trotz ordnungsgemäßer Bedienung des Darlehens zu einer Zwangsversteigerung des Eigenheims gekommen sei.Eigentlich war damit der Anlass für das Reformvorhaben weggefallen. Der Missstand, dem es begegnen sollte, hatte sich als Fehlinformation herausgestellt. Trotzdem wurde an dem Reformvorhaben festgehalten. Die Änderungsvorschläge wurden sogar erweitert. Insbesondere soll die Beweislast im Fall des gutgläubigen einredefreien Erwerbs derart neu geregelt werden, dass nun der Erwerber seine Gutgläubigkeit zu beweisen hat. Damit würde der ohnehin praktisch ausgeschlossene Fall des einredefreien gutgläubigen Erwerbs einer Grundschuld noch um eine kleine Nuance unwahrscheinlicher. Es handelt sich um ein gesetzgeberisches Placebo: eine Regelung, die harmlos, aber völlig wirkungslos ist, weil sie einen Fall betrifft, den es praktisch nicht gibt. Der gutgläubige Erwerb von Sicherungsgrundschulden spielt praktisch eine so geringe Rolle, dass der Verband der Auslandsbanken sogar angeregt hat, ihn kurzerhand ganz abzuschaffen. Andere ursprünglich vorgeschlagene Regelungen sind in ihren negativen Begleiterscheinungen zumindest abgemildert worden. So hat sich im Finanz- und Justizministerium (nicht zuletzt auf das Betreiben der Vertreter der Verbraucher und Unternehmer, d. h. der zu schützenden Darlehensnehmer) die Erkenntnis durchgesetzt, dass Beschränkungen der Verkehrsfähigkeit von Kreditforderungen auf keinen Fall die Refinanzierung der Banken durch Verbriefungen oder Pfandbriefe erschweren und Kredite damit verteuern dürfen. Allerdings wird dies nicht von allen verstanden. Neuerdings sind daher wieder Regelungsvorschläge in die Diskussion eingebracht worden, die Refinanzierungstransaktionen deutlich erschweren würden.Dazu gehört zum einen eine Regelung, wonach der Erwerb grundpfandrechtlich gesicherter Darlehensforderungen einen neuen Erlaubnistatbestand nach dem Kreditwesengesetz darstellen und deswegen das Erfordernis einer Bankerlaubnis auslösen soll. Dies würde insbesondere die Refinanzierung der Banken durch Verbriefungen deutlich erschweren und so Kredite verteuern, obwohl Verbriefungen (anders als Portfolioverkäufe) in der Regel auf stillen Zessionen der Darlehensforderungen beruhen und sich deswegen (außer im Fall der Krise der Bank) keine Änderungen für den Kreditnehmer ergeben. Angesichts der wesentlich liberaleren Regeln im europäischen Ausland würde außerdem ein deutlicher Wettbewerbsnachteil für den Finanzstandort Deutschland entstehen. Zum anderen wird mit neuem Nachdruck über eine Regelung gesprochen, die Darlehensnehmern ein Sonderkündigungsrecht für den Fall einräumen soll, dass bei Immobilienkrediten in der Person des Darlehensgebers ein Wechsel stattfindet oder (nach einem Alternativvorschlag) auch schon im Fall einer bloßen Abtretung der Darlehensforderung. Ein solches schon bloße Abtretungen erfassendes Sonderkündigungsrecht würde die Refinanzierung durch Verbriefungen oder das Pfandbriefpooling, d. h. die Abtretung an Pfandbriefemittenten, erheblich behindern. Auch die für den Fall der Krise einer Pfandbriefbank im Pfandbriefgesetz vorgesehene Übertragung der Deckungswerte auf eine andere Pfandbriefbank wäre praktisch nicht mehr möglich, weil dies ein Kündigungsrecht der Darlehensnehmer auslösen würde. Hoher Preis Für den Kreditnehmer würden diese Erschwerungen der Refinanzierung höhere Darlehenskosten bedeuten. Dies wäre ein hoher Preis für ein Kündigungsrecht, von dem ohnehin nur die Darlehensnehmer Gebrauch machen könnten, die eine alternative Finanzierung finden. Es ist deswegen zu hoffen, dass diese Bestimmungen trotz des mittlerweile bestehenden Zeitdrucks (die Regelungen sollen noch vor der Sommerpause verabschiedet werden) nicht Gesetz werden.*) Okko Hendrik Behrends ist Partner der Kanzlei Allen & Overy in Frankfurt am Main.