Recht und Kapitalmarkt

Rückkauf von Wandelschuldverschreibungen attraktiv

Keine grundsätzlichen rechtlichen Hindernisse - Anleihebedingungen meist ohne Verbot - Unter Umständen außerordentlicher Ertrag

Rückkauf von Wandelschuldverschreibungen attraktiv

Von Manuel Metzner und Felix Müller *) Die Finanzkrise hat auch den Kurs börsennotierter Wandelschuldverschreibungen unter Druck geraten lassen. Der Rückkauf einer unter ihrem Nennbetrag notierenden Wandelschuldverschreibung kann für einen Emittenten mit freier Liquidität unter Umständen attraktiv sein. Bei einem Rückkauf sind neben bilanziellen und anderen Erwägungen auch rechtliche Überlegungen anzustellen, die unter anderem von der Ausgestaltung des Rückkaufs (z. B. als “stiller” Rückkauf durch Markterwerbe oder als Rückkauf mittels öffentlichen Angebots) abhängen. Zur Durchführung wird sich der Emittent häufig einer Bank bedienen, welche die Rückkäufe durchführt. Die Anleihebedingungen enthalten in der Regel kein Rückkaufverbot; zumeist wird ein Rückkauf sogar ausdrücklich erlaubt, bisweilen allerdings nur zum Zwecke der Entwertung. Üblicherweise enthalten die Anleihebedingungen keine Mitteilungspflichten des Emittenten gegenüber den Anleihegläubigern im Falle des Rückkaufs. Es besteht grundsätzlich kein vertraglicher Anspruch der Anleihegläubiger, über die Höhe des nach Rückkauf noch ausstehenden Anleihebetrags informiert zu werden. Aktienrechtlich ist der Rückkauf von Wandelschuldverschreibungen (anders als der Rückkauf eigener Aktien) ohne Weiteres zulässig. Das Übernahmegesetz (WpÜG) ist von vornherein nicht anwendbar, wenn die Wandelschuldverschreibungen nicht an einem inländischen organisierten Markt zugelassen sind, sondern beispielsweise im Freiverkehr der Frankfurter Wertpapierbörse oder im Euro-MTF-Markt der Luxemburger Börse notieren (beides keine organisierten Märkte im rechtlichen Sinne). Allerdings ist selbst für Emittenten mit Notierung an einem organisierten Markt und Sitz in Deutschland das WpÜG auf den Rückerwerb eigener Wandelschuldverschreibungen genauso wenig anwendbar wie auf den Rückerwerb eigener Aktien. Obwohl der Wortlaut einer BaFin-Bekanntmachung aus dem Jahr 2006 lediglich den Rückerwerb eigener Aktien ausdrücklich vom Anwendungsbereich des WpÜG ausschließt, gilt dies erst recht für den Rückkauf eigener Wandelschuldverschreibungen.Eine Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts nach den Vorschriften des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) besteht beim Rückerwerb eigener Schuldverschreibungen nicht, solange der Rückkauf gegen Barzahlung erfolgt. Eine Prospektpflicht käme nur in Betracht, wenn die vom Emittenten zu erbringende Gegenleistung (zumindest teilweise) mit Wertpapieren erbracht würde. MitteilungspflichtenDie allgemeinen Grundsätze zur Ad-hoc-Publizitätspflicht (§ 15 Wertpapierhandelsgesetz, WpHG)) gelten auch für den stillen Rückkauf am Markt. Abhängig von den Umständen des Einzelfalls kommt eine Ad- hoc-Pflicht unter anderem in Betracht, wenn der Rückkauf über die Schuldenreduzierung hinaus erhebliche Auswirkungen auf die Finanz- oder Ertragslage des Emittenten hat oder ein Volumen erreicht, das die Marktliquidität (falls überhaupt vorhanden) in der Wandelanleihe erheblich einschränkt, oder in Fällen, in denen dem Emittenten über die Absicht des Rückkaufs hinaus kursrelevante Umstände bekannt sind. Auch die Frage möglicher Insiderverstöße ist in diesem Zusammenhang unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Unmittelbar geltende Mitteilungspflichten enthält das WpHG für deutsche Emittenten beim Rückkauf von Wandelschuldverschreibungen nicht. Die Mitteilungspflichten über bedeutende Stimmrechtsanteile gemäß § 21 WpHG sind auf Wandelschuldverschreibungen nicht anwendbar. Ebenso scheidet eine Anwendung des § 25 WpHG aus, da dieser nur für solche Finanzinstrumente gilt, die ihrem Inhaber das Recht verleihen, bereits ausgegebene Aktien zu erwerben, wohingegen Wandelschuldverschreibungen regelmäßig nur zum Erwerb neu auszugebender Aktien aus bedingtem Kapital berechtigen. Sofern auf Wandelschuldverschreibungen überhaupt anwendbar, sieht § 30 b Abs. 2 Nr. 2 WpHG zwar eine Mitteilungspflicht des Emittenten im Falle von Kündigungen, Rückzahlungen oder Auslosungen vor, der Wortlaut erfasst jedoch nicht den Rückkauf und die Entwertung. § 30 e WpHG beschränkt sich auf Fälle, in denen es zu einer Änderung der Rechte kommt, die mit der Wandelschuldverschreibung oder mit den der Wandelschuldverschreibung zugrunde liegenden Aktien verbunden sind; solche Rechtsänderungen sind mit einem Rückkauf und einer Entwertung nicht verbunden. Aus Börsengesetz, Börsenzulassungsverordnung und Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse ergeben sich keine unmittelbaren Mitteilungspflichten in Bezug auf den Rückkauf eigener Wandelschuldverschreibungen; auch die AGB Freiverkehr der Frankfurter Wertpapierbörse enthalten keine unmittelbare Mitteilungspflicht des Emittenten. GleichbehandlungDas WpHG statuiert für Emittenten, für die Deutschland der Herkunftsstaat ist, die Pflicht, alle Inhaber der zugelassenen Wertpapiere unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln. Während ein öffentliches Rückkaufangebot von vornherein an alle Gläubiger adressiert ist, stellt sich bei einem “stillen” Rückkauf die Frage, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt ist. Bei einem Rückkauf über die Börse wäre davon nicht auszugehen, da es sich nur um die Aufnahme verfügbarer Stücke von verkaufswilligen Anlegern handelt. Werden jedoch einzelne Anleger gezielt angesprochen, kann dies problematisch sein; deshalb sollte im Fall illiquider Märkte die Investorenansprache unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebots ausgestaltet werden. Beim stillen Rückkauf eigener Wertpapiere ist zu beachten, dass Transaktionen im Einklang mit dem in § 20 a WpHG enthaltenen Verbot der Marktmanipulation auszuführen sind. Problematisch wären etwa Fälle, in denen Wandelschuldverschreibungen mit dem Ziel zurückgekauft werden, den Kurs der Anleihe oder der Aktie zu beeinflussen oder eine sonstige künstliche Marktverzerrung zu bewirken, weil damit irreführende Signale für Angebot, Nachfrage und Preis gegeben würden.Demgegenüber sollten stille Rückkäufe mit dem primären Ziel der Entwertung und Schuldenreduzierung bei entsprechender Ausgestaltung der Transaktionen im Regelfall keine verbotene Marktmanipulation darstellen. Führen die Rückkauf-Volumina dazu, dass die Liquidität eines vorhandenen aktiven Marktes erheblich eingeschränkt wird, treten Marktmanipulationsgesichtspunkte möglicherweise stärker in den Vordergrund. In diesem Fall sollten neben rechtlichen Erwägungen auch Investor-Relations-Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Die für den Rückkauf von Aktien geltende Safe-Harbor-Regelung (Verordnung EG 2273/2003) gilt nicht für den Rückkauf von Wandelanleihen; dennoch wird man ihr gewisse Orientierungshilfen entnehmen können. Steuerlich ist zu beachten, dass der Rückkauf der Wandelschuldverschreibung unter Umständen zu einem außerordentlichen Ertrag führen kann. Der Ertrag ist steuerpflichtig, wenn er nicht durch laufende Verluste oder Verlustvorträge (im Rahmen der Grenzen der sog. Mindestbesteuerung) neutralisiert werden kann. Wurde die Wandelanleihe über eine Finanzierungstochter begeben und wird von der Muttergesellschaft zurückgekauft, stellen sich zusätzliche steuerliche Fragen.Fazit: Obwohl abhängig vom Einzelfall verschiedene rechtliche Aspekte zu beachten sind, begegnet der Rückkauf eigener Wandelschuldverschreibungen in der Regel keinen grundsätzlichen rechtlichen Hindernissen. *) Manuel Metzner und Dr. Felix Müller sind Rechtsanwälte der Sozietät Cleary Gottlieb Steen & Hamilton in Frankfurt.