Recht und Kapitalmarkt

Rückkäufe von Krediten mit Fallstricken

Banken zur Veräußerung mit substanziellen Abschlägen bereit - Syndizierbarkeit wird verbessert - Positiv für den Sekundärmarkt

Rückkäufe von Krediten mit Fallstricken

Von Thomas Zimmermann *) Die von der Kreditkrise gebeutelten Banken haben derzeit nicht nur mit den milliardenschweren Abschreibungen ihrer Investitionen in Subprime-Hypothekendarlehen zu kämpfen. Als Folge der Kreditkrise ist die Nachfrage nach syndizierten Akquisitionsdarlehen am sekundären Kreditmarkt dramatisch zurückgegangen. Viele Banken haben das von ihnen begebene Fremdkapital aus diesem Grund noch immer in ihren Bilanzen, was ihre Möglichkeiten und die Bereitschaft, weiteres Fremdkapital zur Verfügung zu stellen, natürlich stark verringert. Um wieder größeren Handlungsspielraum zu bekommen, sind deshalb viele Banken dazu bereit, ihre Kredite mit substanziellen Abschlägen auf den Nennbetrag zu veräußern. Ein solcher Verkauf mit Abschlag ist dabei gerade für die jeweiligen Kreditnehmer beziehungsweise die dahinter stehenden Finanzinvestoren hoch interessant. Zum Erlöschen Mit dem Rückkauf der eigenen Kredite durch den Schuldner werden dessen Verbindlichkeiten durch die Vereinigung von Forderung und Schuld in einer Person zum Erlöschen gebracht. Warum also sollte der Kreditnehmer abwarten, bis er bei Endfälligkeit den jeweiligen Nennbetrag in voller Höhe zurückführen muss, wenn der Erwerb seiner eigenen Kredite zu einem unter dem Nennbetrag liegenden Preis ebenfalls zur Entschuldung führt und der Kreditnehmer somit selbst vom niedrigen Preisniveau auf dem Sekundärmarkt profitieren kann?Der Rückerwerb der eigenen Fremdfinanzierung wirft eine Vielzahl rechtlicher Fragestellungen auf, die vor der Inangriffnahme eines Rückkaufs geklärt werden sollten. Der Kreditnehmer besitzt naturgemäß nichtöffentlich zugängliche Informationen, die den Marktwert des zu erwerbenden Kredits beeinflussen können. Daher kann er verpflichtet sein, Informationen offenzulegen: Man stelle sich nur vor, der Schuldner erhält kurz vor dem Rückkauf einen Großauftrag, der den Ertrag substanziell verbessert.Der Kreditveräußerer mag in einem solchem Fall versucht sein, im Nachhinein einen höheren Preis für den verkauften Kredit zu verlangen oder die Transaktion mit der Begründung anzufechten, der Kreditnehmer sei nicht mit einem gewöhnlichen Marktakteur vergleichbar und deshalb aufgrund seines überlegenen Wissens zur Aufklärung verpflichtet gewesen. Zu beachten ist auch, dass bei Kreditnehmern, die beispielsweise eine börsennotierte Aktiengesellschaft oder Emittentin von am Kapitalmarkt gehandelten Finanzinstrumenten sind, bereits der Rückkauf selbst (oder die feste Absicht hierzu) eventuell durch eine Ad-hoc-Mitteilung bekannt gemacht werden muss, da es sich dabei um eine für den Kurs dieser Wertpapiere relevante Tatsache handeln kann.Die im Zusammenhang mit Akquisitionsfinanzierungen abgeschlossenen Kreditverträge sehen oftmals vor, dass die Kredite nur an Personen veräußert werden können, die Kredite oder andere Finanzanlagen vergeben bzw. erwerben oder zu diesem Zweck gegründet wurden. Bei einem Erwerb durch den am Kreditnehmer beteiligten Finanzinvestor oder einer eigens dafür gegründeten Tochter des Kreditnehmers bereitet diese Abtretungsbeschränkung keinerlei Probleme. Beim Kauf durch den Kreditnehmer kommt es darauf an, ob dieser eigens für die Akquisition gegründet wurde. Ist dies wie meist der Fall, erfüllt auch der Kreditnehmer selbst die Voraussetzungen dafür, Konsortialmitglied zu werden. Ist er dagegen eine operativ tätige Gesellschaft, können die Beschränkungen in den Finanzierungsverträgen Probleme bereiten. Kreditverträge enthalten in der Regel detaillierte Bestimmungen, welche die Voraussetzungen und Folgen einer vorzeitigen Rückzahlung regeln. Da der Rückkauf zum gleichen Ergebnis führt wie die Rückzahlung – in beiden Fällen erlischt die Kreditforderung – könnten sich die nicht am Rückerwerb beteiligten Konsortialmitglieder auf den Standpunkt stellen, der Rückkauf durch den Kreditnehmer sei lediglich eine besondere Form der Tilgung. Folgt man dieser Auffassung, dann müsste man die vertraglichen Bestimmung zur vorzeitigen Kreditrückzahlung auch auf den Rückerwerb anwenden. Verschiedene Regelungen in Verträgen für syndizierte Akquisitionsfinanzierungen können in diesem Zusammenhang problematisch sein. So sehen diese Verträge beispielsweise oft vor, dass Zahlungen, die ein Konsortialmitglied vom Kreditnehmer erhält, mit allen anderen Konsortialmitgliedern entsprechend der jeweiligen Beteiligung am Gesamtkredit geteilt werden müssen. Erachtet man den Rückerwerb als besondere Form der Tilgung, dann hätten die übrigen Konsortialmitglieder entsprechende Ausgleichsansprüche. Je nach Ausgestaltung der Vertragsbestimmung kann dies dazu führen, dass die konsortialführende Bank den Krediterwerb durch den Kreditnehmer als einen Verstoß gegen den Kreditvertrag betrachtet. Sie wird in diesem Fall nur sehr zögerlich bei der Veräußerung mitwirken und die Abtretungsverträge kaum mit unterzeichnen. Nicht ausreichende MittelKreditverträge sehen meist vor, dass ein Teil der vom Kreditnehmer bzw. seinen Töchtern nicht benötigten Barmittel zur Rückführung zu verwenden ist. Sieht man im Erwerb durch den Kreditnehmer eine besondere Form der Syndizierung und nicht eine Rückzahlung in entsprechender Anwendung des Vertrages, stehen hierfür lediglich Barmittel in der Höhe zur Verfügung, in der diese nicht gemäß Kreditvertrag zur Tilgung verwendet werden müssen. Dem Kreditnehmer stehen dann möglicherweise nicht ausreichende Barmittel zur Verfügung, um Kredite in sinnvollem Umfang zurückzukaufen.Der Rückkauf führt beim Schuldner steuerlich zu einem außerordentlichen Ertrag in Höhe des erzielten Abschlags auf den Nennbetrag. Dieser Ertrag ist grundsätzlich voll zu versteuern. Dies kann durch Gestaltungsmöglichkeiten vermieden oder auf einen Zeitpunkt hinausgezögert werden, zu dem etwa eine Verrechnung mit negativen Einkünften möglich wird. Hierzu kann der Kredit zunächst von einer Mutter oder Tochter des Kreditnehmers erworben und anschließend entweder an den Kreditnehmer weitergegeben oder durch einen Verzicht zum Erlöschen gebracht werden, wobei sich insbesondere im Hinblick auf die Zinsschrankenregelung interessante Möglichkeiten ergeben. Beim Erwerb durch eine Muttergesellschaft des Schuldners ist zu berücksichtigen, dass die erworbene Fremdverbindlichkeit als eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen angesehen wird und damit bei einer Insolvenz als nachrangig behandelt wird. Beim Erwerb durch eine Tochter wird der erworbene Kredit zum Darlehen, das der Kreditnehmer von seiner Tochter erhält. Wird dieses Darlehen später durch Abtretung an den Kreditnehmer oder durch einen Verzicht zum Erlöschen gebracht, stellt dies eine Leistung der Tochtergesellschaft an ihre Mutter dar. Solche Leistungen sind nur im Rahmen der für die Tochter geltenden Kapitalerhaltungsvorschriften zulässig. Banken und Finanzinvestoren, die zu Rückkäufen entschlossen sind, sollten und werden sich durch die dargestellten Probleme kaum von ihrem Vorhaben abhalten lassen. Die Entwicklungen am Kreditmarkt werden zeigen, ob und inwieweit Rückkäufe durch den Kreditnehmer sehr bald zu einer ganz normalen Angelegenheit werden. Es ist zu erwarten, dass die Banken auf diesen Trend auch dadurch reagieren, dass sie Rückkaufszenarien und die Rechtsfolgen in ihren Verträgen ausdrücklich regeln. Marktteilnehmer, die solchen Rückkäufen kritisch gegenüberstehen, sollten bedenken, dass die Möglichkeit zur Veräußerung an den Kreditnehmer die Syndizierbarkeit verbessert und damit zum echten Verkaufsargument auf dem Sekundärmarkt werden könnte. *) Thomas Zimmermann ist Rechtsanwalt bei Weil, Gotshal & Manges LLP in München.