Schadenspotenzial nimmt deutlich zu
Der Markt für verbriefte Versicherungsrisiken (Insurance Linked Securities, ILS) gilt als ein boomender Wachstumsmarkt. Er ist für Versicherer und institutionelle Investoren gleichermaßen interessant. Eine Anlage in diesem Segment erfordert jedoch tiefe Kenntnisse. Die Schweizer Secquaero Advisors hat nun einen Ucits-III-Fonds auf ILS aufgelegt. Im Interview der Börsen-Zeitung beschreibt Hans Peter Boller, Gründungsmitglied von Secquaero Advisors, die Investmentstrategie des Fonds.- Herr Boller, Secquaero Advisors hat vor wenigen Monaten mit dem NGAR Absolute Return Secquaero ILS Fund einen Ucits-III-Fonds aufgelegt. Aber Sie sind doch kein reines Asset-Management-Unternehmen?Nein. Unsere Gesellschaft hat mit der Beratung von Erst- und Rückversicherungen im Bereich Risiko-Management und dem Management von Investments von Insurance Linked Securities (ILS) zwei Schwerpunkte. Wir können hierbei auf eine umfangreiche Erfahrung und die Kenntnisse aus dem Beratungsgeschäft zurückgreifen, die uns auch beim Bewerten von Versicherungsrisiken, beispielsweise bei Naturkatastrophen, Luftfahrt, Langlebigkeit und Sterblichkeit, helfen.- Handelt es sich bei dem neuen Ucits-III-Fonds um einen eigenständigen Fonds, in dem eigene Strategien umgesetzt werden, oder wird die Performance ihrer Offshore-Fonds durch eine Swapkonstruktion übertragen?Es handelt sich um zwei voneinander unabhängige Produkte. Der Ucits-III-Fond fokussiert auf das liquide Spektrum von ILS, das sind vornehmlich Cat Bonds, also Bonds, die Naturkatastrophenschäden absichern. Der Offshore-Fonds hält zusätzlich weniger liquide Titel und kann sich durch das breitere Universum, das dadurch offensteht, besser diversifizieren. Außer durch die Tatsache, dass für den Cat-Bond-Bereich in beiden Fonds in sehr ähnliche Positionen investiert wird, gibt es keine Verbindung.- Welche verbrieften Versicherungsrisiken kommen ins Depot?Wir sind in der Lage, aus einer breiten Auswahl an Insurance Linked Securities zu selektieren. Das Spektrum reicht von Papieren auf Nicht-Leben-Risiken wie insbesondere den sogenannten Cat-Bonds, also den Katastrophen-Anleihen, über Schadenrisiken wie Kraftfahrt und Luft- oder Schifffahrt bis hin zu Bonds auf die Risiken von Lebensversicherern, wie beispielsweise eine höher als erwartete Sterblichkeit (etwa durch Auftreten einer Pandemie) oder die Langlebigkeit bei Rentenversicherungen. Die auch in der Öffentlichkeit bekannten Cat-Bonds dominieren im Ucits-Produkt, im stärker diversifizierten Offshore-Produkt machen sie nur knapp die Hälfte aus.- In welcher Form werden die Versicherungsrisiken ins Depot transferiert?Die meisten ILS haben klassische Anleiheform. Daneben nutzen wir auch andere Instrumente wie Swaps beziehungsweise indexbasierte Derivate. Entscheidend ist, dass immer Versicherungsrisiken zugrunde liegen.- Halten Sie die Positionen bis zur Endfälligkeit im Depot?Wir verfolgen grundsätzlich eher eine Long-only-Strategie in unseren Fonds, betreiben aber dennoch ein aktives Portfoliomanagement. Dabei wird laufend das Chance-Risiko-Profil der Investitionen im Portfoliozusammenhang überprüft. Das hat beispielsweise dazu geführt, dass wir durch Schäden aus dem Erdbeben im japanischen Fukushima so gut wie nicht betroffen gewesen sind. Gemäß unserer Analyse waren die Renditen verschiedener Bonds im Verhältnis zum Risiko so niedrig, dass wir solche Positionen bereits im vergangenen Jahr abgestoßen haben. Ein weiteres Beispiel ist, dass wir in der Finanzkrise die Turbulenzen nach der Insolvenz von Lehman Brothers genutzt und opportunistisch bei günstigen Gelegenheiten zugegriffen haben.- Wie funktioniert Ihr Portfolio-Optimierungstool SPOT?SPOT ist eine Eigenentwicklung; es verbindet klassische, aus Kapitalmärkten bekannte Ansätze der Portfoliooptimierung mit dem Kerngedanken von Versicherung, nämlich dem Ausgleich in einem Risikokollektiv. Das ist deswegen hilfreich, weil wir – anders als Versicherer – kontinuierlich Risiken zu Marktpreisen kaufen und verkaufen und hierzu eine verlässliche Entscheidungshilfe haben wollten. Es ist auch insofern einzigartig, weil man intime Kenntnisse über die Bewertung und Modellierung von Versicherungsrisiken haben muss und dies mit Portfoliotheorien verknüpfen muss. Das ist nicht trivial, und nicht jeder kann das.- Gibt es denn für die oben genannten Versicherungsrisiken auch in turbulenten Marktphasen einen liquiden Handel?Es gibt verschiedene Market Maker und einen liquiden OTC-Handel. Für uns gab es bisher keine Engpässe, selbst bei drohendem Eintritt eines Schadens. Vereinzelt gibt es zwar illiquide Papiere, aber das Risiko wird entsprechend bezahlt. Die Liquidität ist darüber hinaus auch dadurch gesichert, dass es kontinuierliche Rückflüsse aus fälligen Anleihen – die meist Laufzeiten um drei Jahre haben – und Strukturen gibt. Außerdem gibt es kontinuierliche Zinseinkünfte aus den laufenden Bonds.- Gibt es eine Korrelation zu anderen Assetklassen an den Finanzmärkten?ILS haben nachweislich eine sehr geringe Korrelation mit Aktien, Anleihen oder Rohstoffen. Das wurde sowohl in der Finanz- als auch in der Staatsschuldenkrise deutlich. Außerdem entwickeln sich ILS unabhängig von Konjunkturzyklen. Auch untereinander besitzen die Versicherungsrisiken ein hohes Diversifizierungspotenzial, denn ein Cat-Bond auf Erdbeben korreliert nicht mit den Lebensrisiken wie Übersterblichkeit.- Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung des Marktes ein?Wir sind sehr optimistisch für den Markt für Insurance Linked Securities. Mit einem nominalen Volumen von 40 bis 45 Mrd. Dollar ist es zwar ein kleiner Markt – allerdings mit hohen Wachstumsraten. Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, warum das Volumen kontinuierlich wachsen wird. Zunächst nimmt das Schadenspotenzial im Vergleich zur Vergangenheit deutlich und kontinuierlich zu, insbesondere auch in Emerging Markets. Denken Sie nur an die Überschwemmungen im Moment in Thailand! Zum anderen müssen die Versicherer Risiken in ihren Portfolios reduzieren, da die Risikoeinschätzungen durch Modellanbieter für das Risikomanagement deutlich nach oben korrigiert wurden. Darauf reagieren Versicherer; ILS ermöglichen es ihnen, einen Teil dieser Risiken weiterzugeben und dadurch ihr Versicherungsportfolio besser zu diversifizieren. Ebenso werden auch die strengere Regulierung und höhere Kapitalerfordernisse, etwa durch Solvency II, dazu führen, dass mehr Versicherungsrisiken an den Markt weitergereicht werden.—-Das Interview führte Armin Schmitz.