Finanzen persönlich

Schritt für Schritt entfesselt der Gesetzgeber den Pensionsfonds

Gesetzliche Restriktionen und die Vorliebe vieler Arbeitnehmer für Garantieprodukte verhindern bisher aber eine nennenswerte Verbreitung

Schritt für Schritt entfesselt der Gesetzgeber den Pensionsfonds

Von Stefan Terliesner Nur langsam entfesselt der Gesetzgeber den Pensionsfonds. Auch die 9. Novelle des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) hat nicht alle Restriktionen beseitigt. Daher dürfte der 2002 eingeführte Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung (BAV) im Bereich der Entgeltumwandlung noch eine Weile ein Schattendasein führen. Attraktivere WegeAus Sicht eines Arbeitnehmers, der Teile seines Lohns staatlich gefördert in eine Betriebsrente stecken möchte, sind Direktversicherung und Pensionskasse häufig die attraktiveren Wege. Ärgerlich bleibt für Arbeitnehmer, dass ein Pensionsfonds nicht das Recht besitzt, statt einer Rente eine Kapitalauszahlung vorzunehmen. Nur maximal 30 % des Kapitals dürfen sich Arbeitnehmer zum Versorgungsbeginn auszahlen lassen. Bei den anderen Durchführungswegen gibt es diese Beschränkung nicht. “Arbeitnehmer fühlen sich dadurch gegängelt”, sagt Ulf Kesting von der Deutschen Gesellschaft für betriebliche Altersvorsorge (DGbAV).Ein weiterer Nachteil von Pensionsfonds ist die schlechtere Portabilität (Übertragbarkeit) der erworbenen Ansprüche. Beim Wechsel des Arbeitgebers fallen für den Arbeitnehmer unter Umständen Storno- und erneute Abschlussgebühren an. Zwar gibt es – wie für die Direktversicherung und die Pensionskasse – unter bestimmten Bedingungen einen Rechtsanspruch auf Mitnahme der Ansprüche, allerdings ist die Portabilität nicht einheitlich geregelt. Ein entsprechendes Abkommen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gilt nur für Übertragungen innerhalb der Direktversicherung und innerhalb der Pensionskasse sowie zwischen diesen beiden Wegen. “Ein Übertragungsabkommen für Pensionsfonds wird es frühestens in ein paar Monaten geben”, sagt Peter Schwark, Pressesprecher beim GDV. Aktienbaisse belastetErschwert wird die Portabilität auch durch eine Baisse an den Aktienmärkten. Ein Kursrutsch könnte dazu führen, dass das Fondsvermögen unter dem Wert der Pensionsansprüche liegt. Das Problem: Der Gesetzgeber lässt nur eine zeitweilige Unterdeckung von maximal 10 % zu, die über den Pensionssicherungsverein (PSV) abgesichert ist. Überschreitet die Differenz von Fondsvermögen und Pensionsansprüchen die 10 %-Marke, muss der Arbeitgeber mit der Finanzaufsicht (BaFin) einen Sanierungsplan aufstellen und die volle Bedeckung innerhalb von zehn Jahren sicherstellen. Bei nicht versicherungsförmigen Pensionsplänen ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet. Doch was ist bei einem Jobwechsel? “Strittig ist, ob der alte Arbeitgeber im Rahmen seiner Nachschusspflicht auch in diesem Fall für einen Ausgleich sorgen muss”, sagt Kesting. Derartige Unklarheiten schrecken ab. Bis zur Verabschiedung der 9. VAG-Novelle lag die Schwelle bei 5 % und der Arbeitgeber musste sofort nachschießen. Die Folge: Der Arbeitgeber musste ständig Liquidität bereithalten. Oder er verzichtete auf die Auflage von nicht versicherungsförmigen Pensionsplänen. Zusätzliche UmlageFür Arbeitgeber kommt hinzu, dass er für eine Pensionsfonds-Entgeltumwandlung – anders als bei Direktversicherung und Pensionskasse – zusätzlich zu den aufgebrachten Beiträgen noch Umlagen an den PSV in Höhe von 20 % der Umlage für vergleichbare Direktzusagen leisten muss; bis zur 7. VAG-Novelle Ende 2005 sogar von 100 %. Auch diese Regelung machte Pensionsfonds für Arbeitgeber teuer und blockierte oft ein Angebot an Arbeitnehmer.Liegt dennoch ein Angebot vor, scheuen viele Arbeitnehmer nach Aussagen von Kesting das höhere Risiko. Pensionsfonds garantieren Arbeitnehmern zum Rentenbeginn nur die eingezahlten Beiträge – abzüglich der Kosten für die Verwaltung sowie der Kosten für eventuell vereinbarte Zusatzleistungen wie Berufsunfähigkeit oder Hinterbliebenenschutz. “Bei einer Direktversicherung und einer Pensionskasse liegt der Garantiewert der Police in der Regel über dem Wert der eingezahlten Beiträge”, so Kesting. Der Grund: Häufig basieren diese Durchführungswege auf Lebensversicherungen, für die der Gesetzgeber bei Neuverträgen einen Garantiezins von derzeit 2,25 % vorschreibt. Das ist zwar nicht viel, aber es ist eben mehr als bei einem Pensionsfonds. Arbeitnehmer, die auf eine höhere garantierte Leistung Wert legen, bevorzugen daher meist eine Direktversicherung oder Pensionskasse – vorausgesetzt, der Arbeitgeber bietet ihnen mehrere Durchführungswege zur Auswahl an. Eher wie eine VersicherungOhnehin ähneln die meisten Pensionsfonds eher einer Versicherung. Laut dem “Deutschen Pensionsfonds Survey 2007” der Beratungsgesellschaft Towers Perrin liegt der Aktienanteil der Pensionsfonds zwischen 0 und 20 % und damit im Bereich der Lebensversicherer. Nach Ansicht von Thomas Jasper, Partner und BAV-Experte bei Towers Perrin, offenbart sich in der geringen Aktienquote ein Zielkonflikt: einerseits ein langfristiger Anlagehorizont und andererseits eine jährliche, aufsichtsrechtlich geforderte Messung der Bedeckungssituation. “Investments in risikoreichere, aber langfristig ertragsstärkere Vermögensklassen können nur eingeschränkt eingegangen werden. Damit bleibt auch die Ertragsstärke des Pensionsfonds langfristig prinzipiell hinter seinen ökonomischen Möglichkeiten zurück”, so Jasper.Vor diesem Hintergrund bieten Pensionsfonds Arbeitnehmern also kaum Vorteile gegenüber einer Direktversicherung oder Pensionskassen. Das sieht auch Harald Huhn, Experte für betriebliche Altersversorgung bei MLP, so: “Arbeitnehmer, die einen höheren Aktienanteil möchten, finden diesen auch in einer Direktversicherung oder Pensionskasse. Für beide Wege stehen fondsgebundene Kapitalanlagen zur Verfügung.” Auch Kesting rät allenfalls jungen Arbeitnehmern zu einem Pensionsfonds: “Sofern der Pensionsfonds in großem Stil in Aktien investiert, besteht die Chance auf langfristig höhere Renditen.” Dass Pensionsfonds bisher kaum verkauft wurden, liegt aber auch an ihrer Provisionierung: Pensionsfonds verteilen alle (Vertriebs-) Kosten häufiger über die gesamte Laufzeit als reine Versicherungslösungen. Im Gegenzug freilich ist der Verkauf von Versicherungen für den Vertrieb attraktiver.Wenn jetzt trotzdem viele Unternehmen in den Startlöchern stehen, um die Pensionen ihrer Mitarbeiter zum Teil in eigenständige Fonds auszulagern, hat das oft andere Gründe als die reine Vorteilssuche für die Mitarbeiter. Unternehmen wie jüngst MAN oder RWE nutzen Pensionsfonds zur Ausgliederung von Pensionsverpflichtungen aus ihren Bilanzen. Das führt zu einer Verbesserung von Unternehmenskennzahlen und Ratings. Auch Siemens, Bosch und die Deutsche Telekom haben einen eigenen Pensionsfonds. Kleinere Unternehmen treten einem Gruppenpensionsfonds bei. Laut BaFin sind in Deutschland derzeit 26 Pensionsfonds zugelassen. Internationaler StandardDurch die Ausgliederung bringen die Unternehmen ihre Bilanz auf einen international vergleichbaren Stand. Im Ausland ist die über Rückstellungen finanzierte Direktzusage unbekannt. In Deutschland aber ist sie mit Pensionsverpflichtungen in Höhe von rund 250 Mrd. Euro der am weitesten verbreitete Durchführungsweg. Im Rahmen der Direktzusage müssen die Arbeitgeber Beiträge an den Pensionssicherungsverein zahlen; Bemessungsgrundlage ist die gesamte bilanzielle Rückstellung. Durch eine Ausgliederung in einen Pensionsfonds (20 %-Regel) sparen Unternehmen also auch PSV-Beiträge. Sofern sie die Ersparnis an ihre Mitarbeiter weiterreichen, hat auch die Belegschaft etwas davon. Bis Pensionsfonds im Bereich der Entgeltumwandlung für junge Arbeitnehmer interessant werden, sind wohl noch ein paar Gesetzesänderungen notwendig.