PORTFOLIO - IM INTERVIEW:JOACHIM KAYSER, PRICEWATERHOUSECOOPERS, UND REINHARD LIEBING, ALCEDA REAL ASSET TRUST

"Schulen sind attraktiv"

Alternative Investments rücken in den Fokus - Die Aufnahme einer Infrastrukturquote in die Anlageverordnung wäre sinnvoll

"Schulen sind attraktiv"

Wegen der niedrigen Zinsen haben institutionelle Anleger ein steigendes Interesse an alternativen Investments wie beispielsweise Infrastrukturanlagen. Diese bieten attraktive Renditen bei überschaubaren Risiken. Im Interview der Börsen-Zeitung fordern Joachim Kayser von PricewaterhouseCoopers und Reinhard Liebing, Geschäftsführer der Alceda Real Asset Trust GmbH (Arat), eine Infrastrukturquote in die novellierte Anlageverordnung aufzunehmen.- Herr Liebing, Herr Kayser, die Dividendenrenditen liegen bei vielen Unternehmen deutlich über den Renditen von Bundesanleihen. Ist der Aktienmarkt für Versicherer ein attraktiver Ausweg aus dem Niedrigzinsumfeld?Liebing: Zahlreiche Aktien werfen dank ihrer aktuellen Dividendenzahlungen höhere Renditen als beispielsweise Staatsanleihen von Emittenten guter Bonität ab. Daher stellen sie sicherlich eine attraktive Option für Versicherer dar. Die Risikobudgets sind allerdings nicht mehr so hoch wie früher und auch die Investoren sind wesentlich risikoscheuer als in früheren Jahren. Aufgrund der bestehenden Unsicherheit an den Märkten suchen sie wertstabile Assets, die nachhaltige und planbare Erträge abwerfen und die zudem noch einen implizierten Inflationsschutz bieten.Kayser: Aktien sind zwar ein Thema. Es werden aber mittlerweile Long-Short-Strategien bevorzugt, bei denen das Marktrisiko auf null gedrückt wird. In anderen Fällen werden Aktieninvestments eingegangen, die mit einem Derivate-Overlay abgesichert werden.- Solvency II kommt später. Wie kommen die Versicherer auf entsprechende Renditen?Liebing: Immer mehr institutionelle Anleger haben ein steigendes Interesse an alternativen Investments beziehungsweise Real Assets. Dazu gehören insbesondere Immobilien, Infrastruktur, Private Equity, Waldinvestments, Kraftwerke und Agrarinvestitionen. In diesem Zusammenhang sehen wir verstärkt den Wunsch der Versicherer, sich über Fremdkapitalinstrumente an Real Assets zu beteiligen. Schön wäre es, wenn ein solches Instrument auch noch ein Rating hätte. Hier stoßen wir aber wieder an die Grenzen des regulatorischen Umfeldes. Letztlich müssen wir sicherstellen, dass nach allen Strukturierungskosten für die Investoren noch eine attraktive Rendite verbleibt, ansonsten können wir einzelne Projekte nicht gemeinsam mit regulierten Investoren umsetzen.- Warum sind Infrastrukturinvestments besonders attraktiv, obwohl sie recht illiquide sind?Liebing: Institutionelle Anleger wie Versicherer denken aufgrund ihrer langfristigen Verpflichtungen bei ihren Investitionen auch sehr langfristig. Daher passen Investitionen in Infrastruktur mit ihrem speziellen Risiko- und Ertragsprofil gut in die strategische Asset-Allokation. Infrastrukturprojekte über geschlossene Fondsstrukturen werden nicht wie eine Aktie oder eine Anleihe täglich gehandelt und müssen daher eine sogenannte Illiquiditätsprämie erwirtschaften. Während beispielsweise zehnjährige Bundesanleihen derzeit eine Rendite von ca. 1,3% jährlich erzielen, sind es bei Infrastrukturinvestments in der Regel zwischen 4,5% p.a. und 8% p.a.- Und diese Renditen sind in der Regel recht stabil?Liebing: Ja, weil sie besonderen Werttreibern – beispielsweise gesetzlich geregelten Vergütungen oder Konzessionen – unterliegen und auch die Risikoprofile sich deutlich von anderen Private-Equity-Aktivitäten unterscheiden. Es sind in der Regel keine Beteiligungen an Start-ups, sondern langweilige Investments in bewährte Geschäftskonzepte mit einem stabilen wirtschaftlichen Rahmen. Darüber hinaus lassen sich höhere Renditen im Bereich der Infrastrukturinvestments nur erzielen, wenn auch Projektentwicklungsrisiken übernommen werden. Wir sehen bereits auf Investorenseite, dass einige bewusst diese Risiken eingehen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft fordert in diesem Zusammenhang auch zu Recht eine eigenständige Quote für Projektentwicklungen.Kayser: Für viele Investoren ist es wichtig, dass Staat, Länder oder Gemeinden an den Projekten mit beteiligt sind. Das verspricht stabilere Rahmenbedingungen. Deswegen sind beispielsweise Projekte wie Schulen attraktiv, bei denen Städte und Gemeinden ein großes Interesse haben, dass sie laufen.- Welche Schwierigkeiten gibt es bei einer Investition in Infrastrukturobjekte?Liebing: Eigenkapitalinvestitionen in Infrastruktur fallen gewöhnlich unter die Beteiligungsquote. Allerdings werden hierzu in der Regel auch Fremdkapitalinvestitionen in Infrastrukturobjekte gerechnet. Das ist nicht optimal. Denn hierunter fallen eigentlich Anlagemöglichkeiten mit anderen Rendite-Risiko-Profilen wie zum Beispiel Private Equity.Kayser: Die geltende Anlageverordnung sieht Investitionen in Infrastruktur bis jetzt noch nicht als eigenständige Quote vor. Dementsprechend komplex und aufwendig sind die aktuellen Implementierungslösungen. Es kommt aber auch vor, dass Investitionen deshalb nicht getätigt werden, weil die Erträge nicht für die Beteiligungsquote ausreichen. Gremien erwarten bei Beteiligungen häufig höhere Erträge, als sie beispielsweise Infrastruktur-Debt derzeit liefert.- Sind Erleichterungen durch den Gesetzgeber in Sicht?Kayser: Das ist zu hoffen und die Notwendigkeit zur nationalen Umsetzung der AIFMD böte hierzu auch die perfekte Gelegenheit. Im ersten Entwurf hat es der deutsche Gesetzgeber jedoch leider eher verschlimmbessert. Unter dem neuen KAGB ist Infrastruktur kein taugliches Investment für jeden Fonds. Hinzu kommt nach derzeitigem Diskussionsstand auch (noch) eine klare Diskriminierung von Investitionskapitalgesellschaften durch das Steuerrecht. Der Fondsstandort Deutschland verliert damit bedauerlicherweise eher den Anschluss, als die Chancen der EU-Harmonisierung zu nutzen.- In welcher Form ist ein Infrastrukturinvestment wie beispielsweise in Kraftwerke, eine Windkraftanlage oder eine Solaranlage möglich?Liebing: Dies lässt sich nicht so einfach beantworten, da es auf die speziellen Ziele und Restriktionen unserer Investoren ankommt. Hierbei müssen wir zudem auch die steuerliche Ausgangssituation berücksichtigen. Gerade für Einzel- oder Co-Investmentstrukturen gelten spezielle Rahmenbedingungen. Grundsätzlich kommt für die angesprochenen Real Assets die sogenannte Beteiligungsquote in Betracht. Viele unserer Investoren wünschen sich allerdings eher ein Fremdkapitalinstrument, um beispielsweise einen Windpark in Irland zu finanzieren. Dieses Fremdkapitalinstrument sollte dann bestenfalls auch ein Rating aufweisen und über einen deutschen Spezialfonds erwerbbar sein. Für solche Fälle könnte eine gewinnabhängige Inhaberschuldverschreibung, die von der Projektgesellschaft ausgegeben wird, mit einem Investment-Grade-Rating passen. Dies prüfen wir gerade in einem konkreten Fall. Je nach Ausgestaltung können wir somit unterschiedliche Quoten innerhalb der geltenden Anlageverordnung ansteuern.- Sind Infrastrukturprojekte oder andere ethisch orientierte Projekte weniger risikoreich als andere Investments?Liebing: Tendenziell ja. Infrastrukturprojekte werden häufig von der öffentlichen Hand entwickelt und mit privatem Kapital umgesetzt. Sie unterliegen insoweit anderen Geschäftsmodellen als klassische unternehmerische Aktivitäten. Nehmen Sie als Beispiel die Finanzierung eines Krankenhauses. Zudem gibt es eine rund 30-jährige Erfahrung mit Investitionen in Infrastrukturobjekte und mit ihren Risiken. Diese Erfahrung zeigt, dass Infrastrukturinvestitionen eine sehr geringe Ausfallrate haben.- Wo liegen aber dann die Risiken für den Investor?Kayser: Tatsächlich liegt in der Änderung der regulatorischen Rahmenbedingungen wie beispielsweise der Einspeisevergütung wohl häufig das größte Risiko für ein solches Projekt. Weitere Gefahren liegen in der Finanzierung. Die Erfahrung aus der (Banken-)Vergangenheit zeigt, dass eine kurzfristige Finanzierung langfristiger Verpflichtungen große Risiken birgt. Da gehen beispielsweise Versicherungen wesentlich konservativer vor.- Im Juli dieses Jahres wird das Kapitalanlagegesetzbuch eingeführt. Sind alternative Investments, wie die Infrastrukturinvestitionen, bisher ausreichend berücksichtigt?Kayser: Wir haben bei der letzten Novelle die Chance nicht genutzt, in der Anlageverordnung Regeln für Infrastrukturinvestments aufzunehmen. Wir sollten jedoch bei der nächsten Gelegenheit auf eine entsprechende Anpassung der Anlageverordnung hinarbeiten. Zumindest bis zur Einführung von Solvency II würde es dabei völlig ausreichen, wenn beispielsweise Eigenkapital- und auch Fremdkapitalinvestitionen in Infrastruktur durch eine eigenständige Quotenregelung in der Anlageverordnung einheitlich erfasst werden.—-Das Interview führte Armin Schmitz.