RECHT UND KAPITALMARKT

Schutzklauseln etablieren sich in M&A-Transaktionen

Verwaltungspraxis der BaFin zieht enge Grenzen für MAC-Regelungen

Schutzklauseln etablieren sich in M&A-Transaktionen

Von Tobias Larisch und Sebastian Goslar *)Der Markt für öffentliche Übernahmen börsennotierter Gesellschaften zeigte sich in 2019 ungewöhnlich aktiv. Auch für 2020 rechnen Experten mit einem unverändert hohen Transaktionsaufkommen. Allerdings zeigen Ereignisse wie das plötzlich aufgetretene Coronavirus oder wiederkehrende Sorgen um die Konjunktur, dass es für Bieter im Rahmen von Übernahmetransaktionen von hohem Interesse ist, sich gegen wesentliche nachteilige Veränderungen (Material Adverse Change oder kurz: MAC) zu schützen.Es verwundert vor diesem Hintergrund nicht, dass im Jahr 2019 jedes zweite Übernahmeangebot eine oder mehrere MAC-Bedingungen enthielt. Die einschlägigen Gesetze und die darauf aufbauende Verwaltungspraxis der BaFin ziehen insoweit jedoch recht enge Grenzen. Bei Pflichtangeboten sowie Angeboten im Zusammenhang mit einem Delisting der Zielgesellschaft scheiden MAC-Bedingungen von vornherein aus, da solche Angebote nur sehr eingeschränkt bzw. keinerlei Vollzugsbedingungen enthalten dürfen.MAC-Bedingungen begegnen in zwei unterschiedlichen Formen. Sie beziehen sich entweder auf wesentliche Verschlechterungen der Vermögens-, Finanz oder Ertragslage der Zielgesellschaft (sog. Company oder Business MAC). In der Praxis bedeutsame Unterfälle des Company oder Business MAC sind die Insolvenz oder Insolvenzreife sowie in jüngerer Zeit verstärkt Compliance-Verstöße der Zielgesellschaft (sog. Compliance MAC). Sogenannte Market-MAC-Bedingungen dienen hingegen dem Schutz vor wesentlichen Verschlechterungen des allgemeinen Marktumfelds.Bei der Formulierung von MAC-Klauseln ist zunächst darauf zu achten, dass diese hinreichend bestimmt oder bestimmbar sein müssen und es für die Aktionäre der Zielgesellschaft keine Unklarheit darüber geben darf, ob eine solche Bedingung eingetreten ist. Ferner dürfen sich solche Bedingungen nur auf Umstände beziehen, die für den Bieter von hinreichendem Gewicht und nicht bloß vorübergehender Natur sind. In der Praxis bedeutet dies, dass Company oder Business MAC-Bedingungen grundsätzlich auf Informationen abstellen, die von der Zielgesellschaft entweder per Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht wurden oder hätten veröffentlicht werden müssen und negativen Einfluss auf bestimmte und allgemein übliche Finanzkennzahlen haben oder voraussichtlich haben werden. Zeitliche VorgabenIm Zusammenhang mit aktuell diskutierten Änderungen des Grunderwerbsteuerrechts hat die BaFin in einem Einzelfall auch die Anknüpfung an eine hypothetische Steuerbelastung akzeptiert. Bei einem Compliance MAC ist der relevante Maßstab, ob die betreffenden Informationen eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit bestimmter Leitungspersonen darstellen oder einen entsprechenden Verdacht begründen. Ferner verlangt die BaFin grundsätzlich, dass der Eintritt einer wesentlichen Verschlechterung durch einen unabhängigen Sachverständigen festgestellt wird.In zeitlicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass MAC-Bedingungen den Bieter nicht vor wesentlichen nachteiligen Veränderungen zu schützen vermögen, die zwar nach der Veröffentlichung seiner Absicht zur Abgabe eines Angebots, aber vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage eingetreten sind oder schon absehbar waren. In diesem Fall bleibt der Bieter grundsätzlich zur Veröffentlichung eines Angebots verpflichtet. Ferner können MAC-Bedingungen nach ständiger Praxis der BaFin den Bieter nur vor solchen wesentlichen nachteiligen Veränderungen schützen, die bis zum Ende der regulären Annahmefrist eintreten, die zwischen vier und zehn Wochen betragen kann. Höhere AnfälligkeitVerzögert sich, wie in der Praxis häufig, der Vollzug eines Angebots aufgrund noch ausstehender regulatorischer Genehmigungen (insbesondere Kartellfreigabe) über das Ende der Annahmefrist hinaus, ist der Bieter für einen gewissen Zeitraum ungeschützt. Um diesen “schutzlosen” Zeitraum so kurz wie möglich zu halten, kann es für einen Bieter daher unter Umständen sinnvoll sein, eine längere Annahmefrist zu wählen. Dies gilt freilich nur dann, wenn mit einer zeitnahen Erteilung der erforderlichen regulatorischen Freigaben und nicht mit einer monatelangen behördlichen Prüfung (wie etwa im Fall Linde/Praxair) zu rechnen ist. Ferner ist im Einzelfall abzuwägen, ob die mit einer Ausdehnung der Annahmefrist verbundenen Nachteile, insbesondere die höhere Anfälligkeit für konkurrierende Angebote anderer Bieter, den damit einhergehenden Vorteil eines verlängerten Schutzes vor wesentlichen nachteiligen Veränderungen nicht überwiegen.Schließlich gilt es bei der Formulierung von MAC-Bedingungen zu berücksichtigen, dass der Bieter nach dem Ausfall einer solchen Bedingung auf diese nicht mehr verzichten kann. Die Möglichkeit, das Angebot durch Bedingungsverzicht (ungeachtet der nachteiligen Veränderungen) doch zu vollziehen, besteht nicht.Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass MAC-Bedingungen ein wichtiges Gestaltungsinstrument des Übernahmerechts sind, ihr Schutz bei Übernahmen mit zeitaufwendigen regulatorischen Freigabeverfahren indes unvollkommen bleibt. *) Dr. Tobias Larisch ist Partner, Sebastian Goslar Counsel von Latham & Watkins in Düsseldorf.