RECHT UND KAPITALMARKT

Schutzrechte bei Übernahmen im Fokus

Erfolg von Transaktionen mit Technologieunternehmen hängt maßgeblich von Verfügbarkeit des genutzten geistigen Eigentums ab

Schutzrechte bei Übernahmen im Fokus

Von Lars Lensdorf, Henning Bloß und Titus Walek *)—- Die Erholung der deutschen Wirtschaft hat zu mehr Übernahme- und Fusionsaktivitäten im Technologiesektor geführt. Neben den traditionell starken Bereichen Softwareentwicklung und sonstige IT-Dienstleistungen gewinnen, verstärkt durch die Katastrophe von Fukushima, Übernahmen im Bereich der erneuerbaren Energien an Bedeutung. Bei Technologieunternehmen hängt die Ertragskraft oft weniger von den vorhandenen “hard assets” ab als von dem Bestand und der Verfügbarkeit des von dem Unternehmen genutzten geistigen Eigentums und Know-how, dem Geschäftsmodell sowie der Position des Unternehmens in seinem jeweiligen Markt. Die Due DiligenceVoraussetzung für die erfolgreiche Übernahme eines Technologieunternehmens ist es unter anderem, sich im Rahmen der Due Diligence Gewissheit über den Bestand der für das Zielunternehmen wesentlichen Schutz- und Nutzungsrechte sowie des Know-hows zu verschaffen und den Übergang von Schutzrechten, Nutzungsrechten und Know-how des Zielunternehmens auf den Erwerber sicherzustellen. Eine zentrale Frage der Due Diligence ist, ob die maßgebliche Technik des Zielunternehmens rechtlich ausreichend geschützt ist.Bei förmlichen Schutzrechten, wie Patenten oder eingetragenen Marken, konzentriert sich die Prüfung zunächst darauf, ob die Voraussetzungen für die Begründung des jeweiligen Schutzrechts eingehalten wurden, ob eine Eintragung des Schutzrechts erfolgt ist und welche Beschränkungen sich aus der Eintragung ergeben. Bei Patenten ist in der Praxis zu klären, ob die komplexen Regelungen zur Übertragung auf den Arbeitgeber bei Arbeitnehmererfindungen eingehalten wurden. Ein Verstoß gegen diese Regelungen kann dazu führen, dass essenzielle Erfindungen nicht dem Unternehmen zustehen (wobei eine 2009 in Kraft getretene Gesetzesänderung den Rechtserwerb des Arbeitgebers erleichtert hat) oder dass der Arbeitnehmererfinder Entgeltansprüche geltend machen kann. Verlangen von FreistellungenKann die Begründung des Schutzrechts aufgrund mangelhafter Dokumentation nicht nachgewiesen werden und kommt die Durchführung entsprechender Heilungsmaßnahmen nicht in Betracht, wird der Käufer die Reduktion des Kaufpreises oder Freistellungen verlangen. Eine reine Bewertungsdiskussion greift aber oft zu kurz, da Schutzrechte häufig das zentrale Asset von Technologieunternehmen betreffen. In einer Vielzahl von Transaktionen haben Erkenntnisse der Due Diligence und der nachfolgenden Diskussionen der Parteien zu diesem Punkt zum Abbruch der Verhandlungen geführt.Soweit die Entstehung von Schutzrechten kein förmliches Verfahren voraussetzt, wie beispielsweise im Falle des Urheberrechts, wird die Prüfung des Bestands derartiger Schutzrechte ungleich schwieriger sein, da hier im Einzelfall eine Prüfung der jeweils rechtsbegründenden sachlichen Grundlagen erfolgen muss.Soweit das Unternehmen im Eigentum Dritter stehende Schutzrechte nutzt, ist zu klären, ob bzw. in welchem Umfang es zu einer solchen Nutzung berechtigt ist. So ist sorgfältig zu prüfen, ob Lizenzen, auf Grund derer das Zielunternehmen die zur Entwicklung ihrer eigenen Produkte erforderliche fremde Technologie einlizenziert, die Auslizenzierung des neuen Produkts an die Kunden des Zielunternehmens gestatten. Ein weiteres Problem ist der Einsatz freier Mitarbeiter in der Softwareentwicklung, da der Übergang der von den freien Mitarbeitern entwickelten Arbeitsergebnisse auf das Unternehmen zweifelhaft sein kann.Neben der Frage, ob und zu wessen Gunsten ein Schutzrecht besteht, ist zu berücksichtigen, dass Schutzrechte nicht selten von mehreren Unternehmen genutzt werden (Dual Use). Ein ähnliches Problem stellt sich bei der Ausgliederung eines Bereichs aus einem Technologieunternehmen, das die Schutzrechte auch weiterhin mitnutzen möchte. Hier ist insbesondere zu prüfen, ob und inwieweit entsprechende vertragliche Nutzungsregelungen bestehen oder gegebenenfalls im Zuge der Transaktion getroffen werden müssen.Der Erwerber sieht sich mit dem an sich legitimen Bedürfnis des Verkäufers konfrontiert, Unterlagen und Informationen über besonders wertvolles geistiges Eigentum erst in einem sehr weit fortgeschrittenen Verhandlungsstadium zur Verfügung zu stellen, zuweilen sogar erst unmittelbar vor Unterzeichnung der verbindlichen Vertragsdokumentation. Solange mehrere Bieter am Verkaufsprozess beteiligt sind, liegt ein solches Vorgehen auch und vor allem im Interesse des künftigen Erwerbers. Nach Gewährung von Exklusivität wird der potenzielle Käufer allerdings auf baldige Einsichtnahme drängen, da er sonst Gefahr läuft, Zeit und Kosten auf Verhandlungen zu verwenden, die sich in letzter Sekunde als vergebens erweisen. Die Lösung eines solchen Konflikts kann darin bestehen, ausschließlich den Beratern des Erwerbers Einsicht zu gewähren und den Informationsumfang zu beschränken.Erfolgt der Unternehmenskauf durch Übertragung von Gesellschaftsanteilen (Share Deal) ist eine Übertragung der Schutzrechte nicht erforderlich, soweit die Schutzrechte dem Zielunternehmen zustehen. Oft gehören die Schutzrechte jedoch den Gesellschaftern des Unternehmens oder anderen rechtlich selbständigen Dritten, so dass eine zusätzliche Übertragung bzw. eine vertragliche Befugnis zur Nutzung/Verwertung des jeweiligen Schutzgegenstandes (Lizenz) erforderlich ist.Läuft der Unternehmenskauf durch Übertragung des Geschäftsbetriebs des Zielunternehmens (Asset Deal), müssen die Schutzrechte auf den Erwerber übertragen werden, wobei je nach Art des Rechtes unterschiedliche rechtliche Anforderungen zu berücksichtigen sind. Beim Urheberrecht, das in dem hier besprochenen Kontext insbesondere bei Software und technischen Zeichnungen/Dokumentationen eine zentrale Rolle spielt, ist beispielsweise eine Übertragung des Schutzrechtes ausgeschlossen. Hier kann dem Erwerber lediglich ein Nutzungs-/Verwertungsrecht eingeräumt werden, wofür grundsätzlich die Zustimmung des Urhebers erforderlich ist. Allerdings gibt es teilweise Ausnahmen, die die Übertragung auch ohne Zustimmung ermöglichen. Boni für MitarbeiterTechnologieunternehmen sind von einem rasanten Wertverlust bedroht wenn die maßgeblichen Know-how-Träger, z. B. Entwickler, Designer, Ingenieure oder Berater, dem Zielunternehmen nach Closing nicht mehr erhalten bleiben. Die Erfahrung zeigt, dass die Veräußerung des Unternehmens oder sogar schon im Unternehmen kursierende Verkaufsgerüchte dazu führen können, dass wichtige Mitarbeiter, einschließlich solcher, die für die weitere Entwicklung der Produkte des Zielunternehmens dringend benötigt werden, das Unternehmen verlassen.Neben einer durchdachten Informationspolitik wird der Erwerber bestrebt sein, sich im Kaufvertrag garantieren zu lassen, dass bestimmte Kow-how-Träger bis zum Vollzugstag nicht kündigen. Darüber hinaus kommt der Abschluss so genannter Retention Agreements mit diesen Mitarbeitern in Betracht. In diesen Verträgen werden den maßgeblichen Know-how-Trägern finanzielle Vorteile für den Fall in Aussicht gestellt, dass sie für eine bestimmte Zeit nach Vollzug des Erwerbs das Unternehmen nicht verlassen.Auch soweit es sich bei den Know-how Trägern um externe Dritte handelt, wird der Käufer ihren Verbleib beim Zielunternehmen durch separate Vereinbarungen, z. B. durch Beraterverträge, sicherstellen.—-*) Dr. Lars Lensdorf, Dr. Henning Bloß und Titus Walek sind Rechtsanwälte und Partner von Heymann & Partner