Recht und Kapitalmarkt

Schwere Zeiten für deutsche Hedgefonds

Fondsschließungen und schlechte Performance als Menetekel - Gleiche rechtliche Bedingungen für Zertifikate?

Schwere Zeiten für deutsche Hedgefonds

Von Kai-Uwe Steck *) In den vergangenen beiden Monaten wurden allein zwei deutsche Hedgefonds von ihren Anbietern geschlossen. Angesichts dieser jüngsten Rückschläge für den deutschen Hedgefondsmarkt und des gleichzeitigen rasanten Branchenwachstums weltweit stellt sich die Frage, ob das Thema “Hedgefonds” in Deutschland überhaupt zukunftsfähig ist. Die Frage kann schon deshalb nicht einsilbig mit “ja” oder “nein” beantwortet werden, weil sich der Betrachter mit widersprüchlichen Aussagen, Rahmenbedingungen und Entwicklungen konfrontiert sieht, die eine sachgerechte und prägnante Beurteilung nahezu unmöglich machen. Widersprüchliche DiskussionStellvertretend dafür seien die folgenden Beispiele genannt: Durch das Investmentmodernisierungsgesetz hat der Gesetzgeber am 1. Januar 2004 mit großem Aufwand Dach-Hedgefonds und sogenannte Einzel-Hedgefonds in das deutsche Investmentrecht eingeführt. Damals wurden diese Investmentfonds der Öffentlichkeit und der Investmentbranche als Beweis dafür genannt, dass Deutschland für den Wettbewerb mit anderen führenden Finanzstandorten wie London und New York gerüstet ist. Der damals amtierende Finanzminister glaubte seinerzeit sogar, Frankfurt könne sich zu einem führenden Standort für Hedgefonds in Europa entwickeln. Für diese Annahme gab es angesichts der neuen Vorschriften auch gute Gründe. Allerdings hörte man nur wenige Monate danach aus Berlin ganz andere Äußerungen über Hedgefonds, die letzten Endes in einer eher volkstümlichen, aber dennoch standortschädigenden “Heuschrecken-Debatte” mündeten. Im Rahmen dieser Debatte kam es auch noch zu einer Vermischung von Hedgefonds und Private-Equity-Fonds, was weder aus rechtlicher noch aus wirtschaftlicher Sicht vertretbar ist. Neuerdings hört man aus Berlin wieder andere Äußerungen, wonach die Rahmenbedingungen für die (umstrittenen) Hedgefonds im Zuge einer bevorstehenden Novelle des Investmentrechts gelockert werden sollen. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings wagt man kaum zu hoffen, dass damit das Verwirrspiel endgültig beendet ist. Aber es greift viel zu kurz, nur den Gesetzgeber für die gegenwärtige Situation der deutschen Hedgefonds verantwortlich zu machen. Auch die Anbieter müssen sich die Frage der Investoren gefallen lassen, weshalb deutsche Hedgefonds branchenin-ternen Berechnungen zufolge in den vergangenen zwölf Monaten durchschnittlich nur 0,4 % Rendite erzielten, so dass auch insofern ein Widerspruch zwischen den anfänglichen Erwartungen und der Wirklichkeit besteht. Versachlichung nötigSchlussendlich scheint auch die Entwicklung der deutschen Hedgefonds im Widerspruch zu der Entwicklung von Hedgefonds-Zertifikaten zu stehen, die deutschen Investoren über schuldrechtliche Gestaltungen die Möglichkeit einräumen, an der Wertentwicklung von Hedgefonds zu partizipieren. Jedenfalls können die Anbieter von Hedgefonds-Zertifikaten mehr Absatzerfolge verzeichnen als die Anbieter von herkömmlichen deutschen Hedgefonds. Zwar würde es den vorliegenden Rahmen sprengen, alle der vorgenannten Widersprüche zu erklären. Aber zumindest einige zentrale Erkenntnisse lassen sich daraus ableiten.Grundsätzlich ist eine Versachlichung der Diskussion dringend erforderlich. Hedgefonds mit plakativen Begriffen zu brandmarken mag zu Wahlkampfzeiten politisch opportun sein, wird aber dem rechtlichen Anspruch der Materie keineswegs gerecht. Zudem gilt es jetzt, aus den praktischen Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre – der rechtliche Grundstein für deutsche Hedgefonds wurde ja bereits 2004 gelegt – mittels einer eingehenden rechtlichen Analyse die richtigen Schlüsse zu ziehen, um noch vorhandene Defizite zu beseitigen. Beispielsweise muss das Investmentsteuerrecht vereinfacht werden, dessen Komplexität zu einem erheblichen administrativen Aufwand führt, der eine abschreckende Wirkung auf Hedgefonds-Anbieter hat und einen klaren Nachteil gegenüber Hedgefonds-Zertifikaten darstellt. Letztere unterliegen nicht den Spezialvorschriften des Investmentsteuergesetzes.Im Rahmen der rechtlichen Diskussion ist darüber hinaus die Frage zu stellen, ob Hedgefonds-Zertifikate und Hedgefonds im engeren Sinn zukünftig unter den gleichen gesetzlichen Bedingungen koexistieren sollen. Unter Anlegerschutzgesichts-punkten ist es jedenfalls nicht zu erklären, weshalb derzeit völlig unregulierte Hedgefonds-Zertifikate deutlich mehr Zuspruch von deutschen Anlegern bekommen als gesetzlich regulierte und fortlaufend durch die BaFin beaufsichtigte Hedgefonds. Zurzeit neigen die meisten Rechtsberater dazu, ihren Mandanten, die deutschen Anlegern die Teilnahme an der Wertentwicklung von Hedgefonds ermöglichen wollen, die Ausgabe von Hedgefonds-Zertifikaten zu empfehlen. Der Anbieter von solchen Zertifikaten spart sich ein kompliziertes und zeitintensives Zulassungsverfahren, das bei der Auflegung von herkömmlichen Hedgefonds zu durchlaufen ist. Außerdem unterliegen die Zertifikate und die durch sie verkörperten Hedgefonds keinen gesetzlichen Anlagebeschränkungen. Deswegen entstehen bei der Auflegung von Hedgefonds-Zertifikaten erheblich geringere regulatorische Kosten als bei Hedgefonds im Sinne des Investmentgesetzes. Zudem können die meisten Anbieter von Hedgefonds-Zertifikaten insofern auf effiziente Strukturen zurückgreifen, als sie bestehende Produktplattformen – gemeint sind damit unvollständige Verkaufsprospekte und Emissionsvehikel – für die Ausgabe von Hedgefonds-Zertifikaten nutzen. Für die Umsetzung einer Produktidee benötigen die Anbieter von Zertifikaten in der Regel nur wenige Tage. Ganz zu schweigen davon, dass für beide Anlageformen ein unterschiedliches Steuerregime gilt. Vor diesem Hintergrund ist eine sich abzeichnende Diskussion auf EU-Ebene zu begrüßen, die sich insgesamt mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden von Zertifikatslösungen und Investmentfonds befasst. Vorbehalte im VertriebUngeachtet etwaiger Rechtsänderungen in der Zukunft wäre den deutschen Hedgefonds schon ein Stück weit geholfen, wenn ihnen von Seiten des Vertriebs genauso viel Aufmerksamkeit wie den Hedgefonds-Zertifikaten geschenkt würde. Offenbar gibt es im Vertrieb noch erhebliche Vorbehalte gegenüber den regulierten deutschen Hedgefonds, was zum einen damit zusammenhängt, dass den Vertriebsexperten die Zertifikate seit langer Zeit vertraut sind. Zum anderen scheint der finanzielle Anreiz, ein Hedgefonds-Zertifikat anzubieten, nach wie vor größer zu sein als der Anreiz, einen deutschen Hedgefonds direkt zu vertreiben. Zeit der EntscheidungDass letzten Endes auch die Performance über den Erfolg und Misserfolg von deutschen Hedgefonds entscheidet, ist eine Binsenweisheit. Der Gesetzgeber kann dafür höchstens die Grundlage schaffen, die Performance erwirtschaften müssen andere. So oder so ist für die deutschen Hedgefonds eine entscheidende Zeit angebrochen. Entweder gelingt es, durch eine sachliche Analyse verbesserte Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine positive Entwicklung von deutschen Hedgefonds ermöglichen. Oder aber das Thema “Hedgefonds” kann mit Blick auf den Standort Deutschland zu den Akten gelegt werden. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Fondsinnovation in Deutschland vollmundig angekündigt, aber letzten Endes kein Erfolg wurde; die deutschen Hedgefonds würden ihr Schicksal mit prominenten Vorgängern wie etwa den Altersvorsorge-Sondervermögen und Beteiligungs-Sondervermögen teilen. Dies wäre für die Anbieter, die viel Zeit und Geld in die Auflegung von deutschen Hedgefonds gesteckt und sich insofern zum Standort Deutschland bekannt haben, wohl nur ein schwacher Trost.*) Dr. Kai-Uwe Steck ist Rechtsanwalt und Partner bei Dewey Ballantine LLP in Frankfurt und London.