Recht und Kapitalmarkt

Schwieriger Investitionsschutz für Finanzdienstleister

Bilaterale Abkommen ermöglichen Schiedsverfahren - Rechtsschutzbeurteilung gehört zur Risikoabwägung

Schwieriger Investitionsschutz für Finanzdienstleister

Von Robert Hunter *) Der rechtliche Schutz von ausländischen Investitionen deutscher Finanzdienstleistungsunternehmen gewinnt unter den Auswirkungen der Weltfinanzkrise an Bedeutung. Auftakt einer Reihe von Verfahren im Zuge der Krise könnte eine Klage der Deutschen Bank gegen die Regierung Sri Lankas sein, die im März dieses Jahres beim Schiedsgericht der Weltbank (IC-SID) erhoben wurde.Kernpunkt der Streitigkeit sind Rohölderivate, die das staatliche Raffinerieunternehmen Cylon Petroleum Corporation (CPC) im Jahr 2007 von der Deutschen Bank erworben hatte. Als 2008 die Rohölpreise einbrachen, verweigerte CPC die Zahlungen mit Hinweis auf den Schutz ihrer Volkswirtschaft. Große VoluminaNeben der Deutschen Bank hatten auch die Citibank und andere Banken Rohölderivate an Sri Lanka verkauft und keine Zahlungen erhalten. Bis zu diesem Zeitpunkt ist in dem Verfahren noch keine Entscheidung ergangen. Der Sachverhalt zeigt auf, dass sich Unternehmen des Kredit- und Versicherungsgewerbes zu Zeiten der Krise gegen hoheitliche Eingriffe durch die Einleitung von Schiedsverfahren zu wehren versuchen. Auslandsinvestitionen spielen im Finanzdienstleistungssektor eine große Rolle. Im Jahre 2007 hielten deutsche Unternehmen des Kredit- und Versicherungsgewerbes ausländische Direktinvestitionen in Höhe von 156 Mrd. Euro. Dies macht einen beachtlichen Teil der insgesamt gehaltenen ausländischen Unternehmensbeteiligungen von 879 Mrd. Euro aus.Ist ein Auslandsinvestor der Auffassung, dass seine Investitionen in einem anderen Staat von diesem nicht entsprechend geschützt werden, so war es lange Zeit üblich, Schutz gegen hoheitliche Maßnahmen entweder vor nationalen Gerichten des Gaststaates der Investition zu suchen, oder aber die eigene Regierung um Hilfe auf der Ebene des Völkerrechts zu bitten. Auf Basis des VölkerrechtsDie Defizite dieser Verfahren liegen in mangelnder Unparteilichkeit und Effektivität. Daher werden seit den 1980er Jahren sogenannte Investor-Staat-Streitbeilegungsklauseln in bilaterale Investitionsschutz- und Förderabkommen (BIT) der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen. Investoren erhalten durch sie die Möglichkeit, unmittelbar gegen die Regierung des Gaststaates ein Schiedsverfahren einzuleiten.BITs sind Verträge auf Grundlage des Völkerrechts, die Behandlungs- und Schutzstandards für Auslandsinvestitionen festschreiben. Deutschland schließt diese Abkommen seit 50 Jahren vornehmlich mit Entwicklungsländern ab und verfügt mit 128 anwendbaren Verträgen über das weltweit engste Netz dieser Abkommen. BITs beruhen auf dem Gedanken der Gegenseitigkeit. Nur Angehörige des jeweils anderen Vertragsstaats und ihm zugehörige Gesellschaften können sich auf die Verträge berufen. Berechenbares UmfeldFür die Förderung von Auslandsinvestitionen ist die Schaffung eines berechenbaren sowie wirtschafts- und wachstumsfreundlichen Umfeldes im Gaststaat vonnöten. BITs gestalten diese Rahmenbedingungen. Sie enthalten Schutz- und Behandlungsstandards, die stabile Verwaltungsstrukturen, funktionierende Märkte, Rechtssicherheit und den Schutz des Eigentums gewährleisten.Die klassischen Profiteure des Investitionsschutzes sind Unternehmen des produzierenden und verarbeitenden Gewerbes, die beispielsweise in Infrastruktur- oder Rohstoffabbauprojekten direkten Maßnahmen des Gaststaates ausgesetzt sind. Wie das eingangs erwähnte Beispiel zeigt, ist aber der internationale Investitionsschutz auch in besonderem Maße für den Finanzdienstleistungssektor von Relevanz.Das Beispiel der Deutschen Bank veranschaulicht, dass Banken in Krisenzeiten häufig hoheitlichen Markteingriffen, die mit dem Schutz der jeweils eigenen Volkswirtschaft begründet werden, ausgesetzt sind. Daher ist für direkte Vorhaben im Finanz- und Bankwesen der Investitionsschutz von erheblicher Bedeutung. So könnten etwa die aktuellen Rettungspläne für angeschlagene inländische Banken gegen das Gebot der fairen und gerechten Behandlung ausländischer Unternehmen verstoßen. Ausländischen Banken stünde auf Grundlage des Investitionsschutzes eine Rechtsschutzmöglichkeit gegen solche diskriminierenden Markteingriffe zur Verfügung. Streit in TschechienEinen Ausblick auf diese Streitigkeiten gibt der Fall Saluka Investments v. Czech Republic aus dem Jahre 2006. In diesem Fall klagte eine Tochtergesellschaft (Saluka) der japanischen Finanzinstitution Nomura erfolgreich gegen die Tschechische Republik. Saluka hatte Anteile an der staatseigenen Investicní a PoÜtovní banka (IPB) erworben. Die Streitigkeit entstand, als bei der Privatisierung des tschechischen Bankensystems Forderungsausfälle auftraten und die tschechische Regierung alle bedeutenden staatseigenen Banken mit Ausnahme von IPB unterstützte. Das Schiedsgericht entschied, dass es für diese Ungleichbehandlung keine Rechtfertigung gebe.Zwar könne die Tschechische Republik Maßnahmen zum Schutze des Bankensystems tätigen, jedoch dürften dabei nicht die legitimen und angemessenen Erwartungen des Investors verletzt werden. DokumentationspflichtenInwiefern Verfahren auf Grundlage ordnungspolitischer Maßnahmen im Zuge der Weltwirtschaftskrise zur Sicherung der eigenen Volkswirtschaft eingeleitet werden, bleibt abzuwarten. Ohnehin ist zu empfehlen, Erwartungen und Aussichten einer Betätigung im Ausland genau zu dokumentieren, um die Erfolgschancen eines etwaigen Schiedsverfahrens zu erhöhen.Daneben ist der Investitionsschutz für Banken auch mittelbar von Bedeutung. Nicht sie selbst, sondern von ihnen finanzierte Auslandsprojekte können durch hoheitliche Eingriffe belastet sein. Die Risikoermittlung bei der Finanzierung solcher Vorhaben sollte nicht nur auf der Existenz von staatlichen Investitionsgarantien beruhen, sondern auch die Frage miteinbeziehen, ob und wie Rechtsschutz gegen die ausländische Regierung gewährt wird.Den Entscheidungsträgern ist zu empfehlen, sich bei der Risikobewertung eines ausländischen Projektes ausführlich mit den Rechtsschutzmöglichkeiten der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zu befassen. Werden Rechte, die ursprünglich als Sicherheiten zur Darlehensgewährung dienten, vom Gaststaat belastet oder entzogen, kommt das gesamte Finanzierungsprojekt aus dem Gleichgewicht. Spätestens dann spielt es eine entscheidende Rolle, wie der Rechtsschutz ausgestaltet ist.Schließlich ist im Bereich der internationalen Darlehensgewährung der Investitionsschutz anzusprechen. Die Risikoermittlung bei Darlehen an ausländische Staaten, sogenannte sovereign loans, sollte auch davon bestimmt sein, ob eine effektive Rechtschutzmöglichkeit besteht. Frage der KompetenzenEntwicklungen im Investitionsschutz sind durch die Ratifizierung des Vertrages von Lissabon zu erwarten. Im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik wird die Europäische Union die ausschließliche Kompetenz für ausländische Direktinvestitionen eingeräumt, wodurch der Abschluss von BITs der staatlichen Verantwortlichkeit entzogen würde. Jedoch sind Umfang dieser Kompetenzübertragung der Mitgliedstaaten noch unklar und Grundlage von Debatten in Theorie und Praxis.Es ist anzunehmen, dass das Investitionsschutzrecht auch im Finanzdienstleistungssektor auf Grund der wirtschaftlich sich stets enger verflechtenden Welt und der zunehmenden hoheitlichen Aktivität im privaten Bereich in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. Dabei sind zahlreiche Verfahren im Zuge der Weltfinanzkrise zu erwarten, welche die Gestalt des Investitionsschutzes prägen werden.—-*) Robert Hunter ist Solicitor-Advocate und Partner im Frankfurter Büro von Lovells LLP.