ANLAGEPRODUKTE - IM INTERVIEW: HEIKO WEYAND, HSBC TRINKAUS

Selbstentscheider dominieren den Markt

Experte: Bonuspapiere haben Stresstest bestanden

Selbstentscheider dominieren den Markt

Teilschutzprodukte leiden unter der Krise. Durch die hohe Zahl an Schwellenereignissen sind auch die Bonuspapiere in die Kritik geraten. Im Interview der Börsen-Zeitung beschreibt Heiko Weyand, Direktor Zertifikate von HSBC Trinkaus, die Funktionsweise dieser Produkte in dieser Marktphase.- Herr Weyand, welche Anlegergruppen engagieren sich in diesen turbulenten Marktphasen mit Zertifikaten oder Hebelprodukten an den Finanzmärkten?Der Filialkunde hat sich fast vollkommen zurückgezogen. Der Markt wird derzeit von dem sogenannten Selbstentscheider dominiert. Bei den Anlagezertifikaten agieren derzeit Anleger mit hohem Selbstbewusstsein, die auch in volatilen Märkten ihre Investments tätigen. So ist der Anteil der Zertifikate mit kurzen Restlaufzeiten von drei bis sechs Monaten in den vergangenen Wochen deutlich gestiegen. Es gibt auch einige Vermögensverwalter, die sich mit Anlagezertifikaten taktisch positionieren, weil sie von einer Trendumkehr ausgehen bzw. die verbesserten Produktkonditionen nutzen wollen. Hebelzertifikate werden zur Absicherung oder von kurzfristig agierenden Anlegern genutzt.- Die Emittenten bieten mehr als 100 000 Bonus-Zertifikate an. Wie hoch ist der Anteil der Papiere, in denen Anleger überhaupt Anlegergelder verwalten?Ich schätze, dass über die Laufzeit mindestens in ungefähr 20 bis 25 % der Bonuspapiere auch Anlegergelder verwaltet werden. Da die Produkte auch vor dem Laufzeitende verkauft werden können, ist jede Messung nur eine Momentaufnahme.- Rund jedes vierte bis fünfte Bonuszertifikat hat durch ein Schwellenereignis in diesen Tagen seine Teilschutzfunktion verloren. Hat damit die Struktur generell ihren Stresstest nicht bestanden?Ich würde es anders definieren. Rund 80 % der Bonuspapiere haben mit ihren Strukturen den Stresstest erfolgreich bestanden. Natürlich befinden sich viele der Bonuspapiere derzeit im Minus, die Chance auf die Bonuszahlung bleibt aber weiterhin bestehen. Der vom Deutschen Derivate Verband (DDV) und vom Institut für Zertifikateanalyse berechnete Bonus-Zertifikate-Index zeigt sehr gut, dass sich die Bonuszertifikate nicht schlechter entwickeln als der zugehörige Basiswert selbst.- Nach welchen Kriterien sollte sich der Anleger Bonuszertifikate auswählen?Der Anleger, der zum Beispiel von einer bestimmten Aktie überzeugt ist, sollte sich das Produkt mit der für seinen Anlagehorizont geeigneten Laufzeit und einem dem persönlichen Risikoprofil entsprechenden Bonus und Puffer aussuchen. Dabei ist selbstverständlich zu beachten, dass in der aktuellen Marktphase der hohen Bonusrendite auch ein entsprechendes Risiko gegenübersteht.- Führt ein Schwellenereignis bei Bonuszertifikaten – wie von Privatanlegern häufig vermutet – auch zu einem Totalverlust?Nein. Bei einem Barrierebruch verliert der Anleger seinen Anspruch auf Bonuszahlung. Er stellt sich damit genauso gut oder auch schlecht wie ein Aktienanleger da, er hat allerdings keinen Dividendenanspruch. Der Wert des Bonuspapiers entspricht nach dem Schwellenbruch in etwa dem Wert einer Aktie abzüglich der erwarteten Dividendenzahlungen bis zum Ende der Laufzeit.- Ist der Verkauf eines Bonuszertifikats nach dem Schwellenereignis immer sinnvoll?In Abhängigkeit von der Restlaufzeit kann es für den Anleger vorteilhaft sein, den Restbetrag in attraktivere Produkte mit intakten Bonusmechanismus umzuschichten. In der Regel haben sich in fallenden Märkten dann auch die Konditionen von defensiveren Bonusprodukten verbessert. Bei Hoffnung auf eine Erholung in dem Basiswert könnte das Halten des Bonuspapiers natürlich auch sinnvoll sein. In diesem Fall spart sich der Anleger die Transaktionskosten.- Ist ein Bonuszertifikat das geeignete Produkt für Anleger, die überhaupt keine Verluste akzeptieren wollen?Nein, natürlich nicht. Bei allen aktienbezogenen Produkten muss sicher Anleger darüber im Klaren sein, dass Kursschwankungen mit einem Risiko verbunden sind. Wer kein Risiko eingehen möchte, muss sich mit den Renditen von Bundesschatzbriefen zufriedengeben.—-Das Interview führte Armin Schmitz.