RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: RICHARD MAYER-UELLNER

Seltener Schlagabtausch um Osram

AMS geht mit höherem Gebot gegen Bain und Carlyle ins Rennen

Seltener Schlagabtausch um Osram

Herr Mayer-Uellner, der überraschende zweite Anlauf des österreichischen Halbleiterherstellers AMS zur Übernahme des Münchener Leuchtmittelherstellers Osram kann in einer der in Deutschland seltenen Übernahmeschlachten münden. Was ändert sich im Rennen um Osram, sollte AMS tatsächlich ein konkurrierendes bindendes Übernahmeangebot abgeben?Sollte AMS innerhalb der Annahmefrist des Bain/Carlyle-Angebots ein konkurrierendes Angebot abgeben, verlängert sich das Bain/Carlyle-Angebot automatisch bis zum Ablauf der Annahmefrist des konkurrierenden Angebots. Bain/Carlyle könnten zudem ihren Angebotspreis erhöhen, um das Konkurrenzangebot auszustechen. Hierauf könnte AMS wiederum mit einer Angebotserhöhung reagieren. Jede Erhöhung des angebotenen Preises stellt eine Änderung des Angebots dar. Erfolgt sie innerhalb der letzten zwei Wochen vor Ende der Annahmefrist, verlängert sich diese jeweils um weitere zwei Wochen. In der Situation konkurrierender Übernahmeangebote verlängern sich beide Annahmefristen entsprechend, so dass immer ein Gleichlauf der Fristen besteht. Theoretisch kann das über Wochen und Monate gehen, allerdings wird die Übernahme irgendwann für einen oder beide Bieter wirtschaftlich unattraktiv. Wie sehen die Abläufe für das Übernahmeangebot von AMS aus?Der Übernahmeprozess beginnt mit der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebots. Offenbar haben Osram und AMS die bisherige Stillhaltevereinbarung aufgehoben, die den Erwerb von Osram-Aktien untersagte. Nach Veröffentlichung der Übernahmeentscheidung hätte AMS vier Wochen Zeit, der BaFin eine Angebotsunterlage zu übermitteln. Die BaFin prüft diese innerhalb von zwei bis drei Wochen, anschließend müsste AMS das Übernahmeangebot veröffentlichen. Geschieht dies innerhalb der Annahmefrist des Bain/Carlyle-Angebots, entsteht ein Bieterwettkampf mit den vorstehend beschriebenen Konsequenzen. Das Management hat den Aktionären bereits empfohlen, das vorliegende Angebot der beiden Finanzinvestoren Bain und Carlyle anzunehmen. Kann es hier nun zurückrudern?Das Management von Osram ist verpflichtet, zu jedem Übernahmeangebot eine begründete Stellungnahme abzugeben. In der Stellungnahme sind in erster Linie die Interessen der Zielgesellschaft und ihrer Aktionäre zu berücksichtigen. Eine solche Stellungnahme müsste das Management auch für das konkurrierende Angebot von AMS abgeben. Die zum Bain/Carlyle-Angebot abgegebene Empfehlung kann zwar nicht zurückgenommen, wohl aber aktualisiert werden. Sollte das AMS-Angebot innerhalb der Annahmefrist des Bain/Carlyle-Angebots erfolgen, könnte das Osram-Management eine klare Empfehlung für eines der beiden Angebote abgeben oder auch beide Angebote als gleichrangig bewerten. Und wie sieht es mit denjenigen Aktionären aus, die ihre Papiere zu den Konditionen der bisherigen Offerte angedient haben?Falls AMS ein konkurrierendes Angebot abgibt, können Aktionäre, die bereits das Bain/Carlyle-Angebot angenommen haben, hiervon zurücktreten. Stattdessen könnten sie das AMS-Angebot annehmen, sind hierzu jedoch nicht verpflichtet. Kommt es tatsächlich zu einem Bieterwettkampf mit gleichlaufenden Annahmefristen, könnten Aktionäre, die eines der beiden Angebote angenommen haben, nach jeder Angebotsänderung erneut von ihrer Annahme zurücktreten. Welche Chancen räumen Sie dem Erfolg der Übernahme ein, wenn der größte Einzelaktionär auch das konkurrierende Angebot ablehnt?Entscheidend ist, welche Beteiligungshöhe ein Bieter anstrebt. Damit er diese sicher erreicht, stellt er sein Angebot typischerweise unter eine Mindestannahmeschwelle. Das Angebot wird dann nur vollzogen, wenn es für eine Mindestzahl von Aktien angenommen wird. Im Fall von Bain/Carlyle beläuft sich diese Annahmequote auf 70 %, weil eine solche Beteiligungshöhe den Finanzinvestoren erlauben dürfte, nach der Übernahme auf die finanziellen Ressourcen von Osram zuzugreifen. Legt AMS eine ähnlich hohe Schwelle fest, dürfte es schwierig werden, diese ohne Annahme durch den größten Einzelaktionär zu erreichen. Dr. Richard Mayer-Uellner ist Partner von CMS Deutschland. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.