ASSET MANAGEMENT - GASTBEITRAG

Sicherer Hafen im Norden

Börsen-Zeitung, 18.12.2012 In Zeiten der Finanz- und Staatsschuldenkrise suchen viele Anleger nach Sicherheit. Die skandinavischen Länder bieten gerade langfristig orientierten Anlegern die Chance auf Stabilität und kontinuierliches Wachstum. Oslo...

Sicherer Hafen im Norden

In Zeiten der Finanz- und Staatsschuldenkrise suchen viele Anleger nach Sicherheit. Die skandinavischen Länder bieten gerade langfristig orientierten Anlegern die Chance auf Stabilität und kontinuierliches Wachstum.Oslo liegt am Ende eines lang gezogenen Fjordes, gut geschützt vor den tiefen und stürmischen Wassern des Skagerrak. Schon als König Harald der Harte von Norwegen die Stadt im Jahre 1048 gründete, erkannte er diesen natürlichen und sicheren Hafen. Wo damals nur ein paar Höfe standen, erstreckt sich heute die wohlhabendste Stadt Europas. Hier schlägt das ökonomische und technologische Herz Norwegens.Und auch heute lohnt sich auf der Suche nach einem sicheren Hafen wieder der Blick in den hohen Norden: Denn auch nach vier Jahren Finanz- und Staatsschuldenkrise haben die skandinavischen Länder starke Volkswirtschaften und solide Staatshaushalte. Besonders Norwegen und Schweden sind mit ihren unabhängigen Währungen angesichts der Euro-Krise zu einer attraktiven Alternative für langfristig orientierte Anleger geworden. Vor Kraft strotzendIn Norwegen, Schweden, Finnland und Dänemark leben rund 25 Millionen Menschen – zum Vergleich: allein Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben gemeinsam mehr Einwohner – und doch strotzen die nordischen Länder vor wirtschaftlicher Kraft. Eine niedrige Staatsverschuldung, teilweise sogar Haushaltsüberschüsse, geringe Arbeitslosigkeit und stabile soziale Verhältnisse: Der Norden hat das, wovon Europa in der Schuldenkrise nur träumen kann.Verantwortlich für diese Erfolge ist nicht zuletzt die starke und innovative Exportwirtschaft. Denn die kleinen Volkswirtschaften sind seit jeher auf Absatzmärkte in Übersee angewiesen. Und schon lange erwirtschaften sie ihr Wachstum nicht mehr nur im europäischen Raum, sondern auch in zunehmendem Maße in den Schwellenländern. Technik und Know-how aus dem Norden ist auch im Süden gefragt.Ein Paradebeispiel ist Novo Nordisk, heimisch in Dänemark, Global Player bei der Diabetes-Behandlung und bereits seit den 1960er Jahren in China aktiv. Heute ist das Unternehmen Marktführer in China und Indien und erzielt hohe Gewinne.Auch der schwedische Automobilhersteller Volvo ist in Asien stark aufgestellt und erwirtschaftete dort 25 % seines jüngsten Rekordumsatzes. Nokian Renkaat aus Finnland hat sich auf hochwertige Winterreifen spezialisiert – und profitiert von seiner Nähe zum russischen Markt, wo die Nachfrage aufgrund der langen Winter besonders hoch ist. Im Touristikbereich ist Royal Caribbean Cruises, ein Kreuzfahrtanbieter mit norwegischen und US-amerikanischen Wurzeln, sehr erfolgreich. Mit einem Umsatz von rund 7,5 Mrd. Dollar in 2011 ist das Unternehmen das zweitgrößte Kreuzfahrtunternehmen weltweit; es hält unter Anderem 50 % der Anteile an TUI Cruises. Am Wachstum partizipierenNordeuropäische Werte bieten also nicht nur Stabilität, sondern auch die Chance, am Wachstum in den Schwellenländern zu partizipieren. Zwar bestehen für Anleger – wie bei allen anderen Investments auch – kurzfristig gewisse Risiken durch weltkonjunkturelle Schwankungen und der damit verbundenen Volatilität. Langfristig sollte jedoch die wirtschaftliche Stärke der skandinavischen Unternehmen überwiegen, denn viele Firmen haben sehr gute Bilanzen vorzuweisen und können im nächsten Jahr mit Gewinnsteigerungen von bis zu 10 % kalkulieren. Ein Blick auf die Kurs-Gewinn-Verhältnisse und der Vergleich von Preis und Buchwert lassen erkennen, dass viele Titel derzeit eher günstig bewertet sind. Mittelfristig ist deshalb mit einer stabil positiven Kursentwicklung zu rechnen. Stabile WährungenAuch die Unabhängigkeit der norwegischen und schwedischen Krone dürfte sich für Anleger positiv auswirken. Beide Währungen haben in 2012 Höchststände erreicht – häufig ein Zeichen für Korrekturen nach unten. Doch wesentliche Veränderungen sind in nächster Zeit nicht zu erwarten, denn die stabilen Währungen ziehen sicherheitsorientierte Geldgeber an. So lange keine Lösung für die Haushaltsprobleme in Europa und den USA gefunden ist, dürfte dieser Trend anhalten.Norwegen ist ein wichtiger Lieferant von Rohöl. Viele Anleger fragen sich, ob für ihre Kronen-Investments Währungsrisiken von der Entwicklung des Ölpreises ausgehen. Bislang ist der Wert der norwegischen Krone sogar trotz kurzfristig schwankender Ölpreise weiter gestiegen. Langfristig könnten bei dem knapper werdenden Erdöl die Preise sogar noch anziehen. Nur in einem Szenario, in dem die Weltkonjunktur deutlich nachgibt, dürfte sich der hierdurch entstehende Druck auf den Ölpreis auch negativ auf die norwegische Krone als Rohstoffwährung auswirken.Allerdings ist der Rohstoffaspekt bei diesen Währungen gerade für gut diversifizierte Aktienportfolios von geringerer Bedeutung, weil die meisten Unternehmen aus dem hohen Norden weltweit aktiv sind und nur einen Bruchteil ihrer Umsätze in der jeweiligen Landeswährung erzielen. Vielmehr haben diese Unternehmen durch ihr Engagement in verschiedenen Währungsräumen auch ein gut diversifiziertes Wechselkursrisiko. Sehr gut positioniertNorwegen ist zurzeit sehr gut positioniert. Dafür gibt es ein paar gute Gründe. Die außerordentliche Stärke der norwegischen Wirtschaft zeigt sich beispielsweise sehr deutlich in dem im Oktober vorgestellten Haushalt für 2013: Die BIP-Wachstumsprognose für das kommende Jahr liegt bei gut 3 % gegenüber 1,4 % für 2012. Der größte Wachstumsbeitrag wird dabei von der Inlandsnachfrage erwartet, die sowohl von dem hohen privaten Konsum als auch von Unternehmensinvestitionen innerhalb und außerhalb des Energiesektors profitieren soll. Die Inflation bleibt niedrig, die Beschäftigungszahlen steigen weiter und die Umsätze des Öl- und Gassektors sorgen weiterhin für Haushaltsüberschüsse. Kaum ein Land weltweit hat eine derart hohe Leistungsbilanz im Verhältnis zum BIP.In der Summe bietet die nordische Anlageregion langfristig orientierten Anlegern ein attraktives Risiko-Gewinn-Verhältnis sowie die Möglichkeit, ihr Portfolio gut zu diversifizieren, um das Anlagerisiko zu senken. Allerdings kann die Auswahl einzelner Titel für Privatanleger mit einem großen Aufwand verbunden sein, erfordert sie doch eine genaue Kenntnis der jeweiligen Unternehmen, ihrer Strategien und ihrer Bilanzen.Für Privatanleger sind deshalb Aktienfonds eine gute Lösung. Ein aktives Management vor Ort kann ein Portfolio zusammenstellen, das sich auf die skandinavischen Weltmarktführer stützt und gleichzeitig die kleinen, dynamischen Innovationsträger umfasst, um von ihren Entwicklungspotentialen zu profitieren. So können Anleger im Norden etwas von dem finden, was schon König Harald suchte und am Oslofjord fand: einen sicheren Hafen in stürmischen Zeiten.