Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Christian Hullmann

"Solarbranche bedarf zur Bildung der Wettbewerbsfähigkeit der Förderung"

Keine Abkehr vom Prinzip der garantierten Vergütung unter der neuen Koalition

"Solarbranche bedarf zur Bildung der Wettbewerbsfähigkeit der Förderung"

Herr Dr. Hullmann, es wurde vielfach erwartet, dass sich nach der Bundestagswahl die Rahmenbedingungen für die Solarindustrie ändern. Was tut sich tatsächlich, und was ist von der neuen Bundesregierung zu erwarten?Die Koalition aus CDU/CSU und FDP bekennt sich im Koalitionsvertrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien und zum Erhalt des dies regelnden Gesetzes EEG. Dies verwundert kaum, denn der Gesetzgeber hat in den vergangenen Jahren energiepolitische Weichenstellungen vorgenommen, die eine Abkehr von der – jedenfalls mittelfristigen – Subventionierung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien gar nicht zulassen.- Das heißt . . .dass etwa das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz Eigentümer von neu errichteten Gebäuden zur Nutzung regenerativer Energien wie solarer Strahlungsenergie verpflichtet, um den Wärmeenergiebedarf anteilig zu decken. Die Solarbranche bedarf bis zur Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Strompreise weiterer Förderung; andernfalls würden auch zahlreiche Arbeitsplätze gefährdet und bisher geleistete Subventionen nachträglich entwertet. Allerdings will die Koalition Überförderungen kurzfristig abbauen. Mit einer weiteren Senkung der Tarife für Solarstrom ist daher zu rechnen.- Ist nicht eine Abkehr vom Prinzip der garantierten Vergütung und Abnahme nach dem EEG grundsätzlich möglich?Eine generelle Abkehr von diesem Prinzip ist weder wahrscheinlich noch sinnvoll. Zum einen würde Deutschland seine Rolle als weltweiter Vorreiter dieser Industrie verlieren. Unser System der Einspeisevergütung hat aufgrund seiner Wirksamkeit in Europa zahlreiche Nachahmer gefunden. Zum anderen stellen verfassungsrechtliche Aspekte des Vertrauensschutzes hohe Anforderungen an den Gesetzgeber, wenn er tatsächlich in die bestehenden Regelungen eingreifen will.- Die von CDU/CSU und FDP geplante Verlängerung von Laufzeiten zumindest einzelner Kernkraftwerke und damit die teilweise Abkehr vom Atomausstieg ändern daran nichts?Nein. Im Koalitionsvertrag wird die Atomkraft als Brückentechnologie bezeichnet, die bis zu ihrer Ersetzung durch erneuerbare Energien genutzt werden soll. Das Neubauverbot bleibt bestehen. Außerdem sollen Mittel, die Kraftwerksbetreiber mit der Laufzeitverlängerung zufließen, zum Teil im Bereich erneuerbare Energien investiert werden. Schließlich wird die Atomkraft auch nicht helfen, Verpflichtungen Deutschlands im Hinblick auf den Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix zu erfüllen.- Was kommt aus Brüssel zu diesem Thema?Gesetzliche Regelungen auf europäischer Ebene wie die Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen verpflichten die Mitgliedstaaten zur Festlegung von Mindestanteilen von erneuerbaren Energien am Energiemix, die bis zum Jahr 2020 erreicht werden müssen. Weiterhin sind auf europäischer Ebene die Voraussetzungen für eine vertiefte internationale Zusammenarbeit im Bereich erneuerbarer Energien angelegt, das heißt, die Mitgliedstaaten geben Entscheidungsautonomie ab und vernetzen sich weiter auf wirtschaftlicher Ebene. In der Konsequenz werden nationale Alleingänge im Hinblick auf die Förderung erneuerbarer Energien zunehmend unmöglich.- Die Krise der Solarbranche in Deutschland beruht auf den im Vergleich zu asiatischen Herstellern höheren Kosten. Inwieweit wird dies erkannt?In Diskussionen mit Vertretern der Solarindustrie zeigt sich klar, dass man sich den Herausforderungen stellt. Die Solarindustrie muss niedrigere Weltmarktpreise etwa für Module darstellen; hinzu kommen die allgemeine Wirtschaftskrise und daraus folgende Absatzrückgänge. Dieser Anpassungsprozess ist in vollem Gange.- Was bedeutet das mit Blick auf die von Anfang 2010 an geltende Senkung der Vergütungen?Zusätzlich zu den genannten Problemen muss die Industrie eine niedrigere Vergütung für Solarstrom ab dem 1. Januar 2010 einpreisen. Wir sehen trotzdem eine nahezu ungebrochene Investitionsplanung auch für das nächste Jahr und hören von kräftig anziehender Nachfrage bei Herstellern. Deutschland ist, das erleben wir täglich, nach wie vor ein interessanter Standort auch für ausländische Investoren, etwa aus den USA oder Asien, und dies wird so bleiben. Die Solarindustrie scheint diese Krise insgesamt zu meistern, eine gewisse Marktbereinigung wird aber nicht ausbleiben.—-Dr. Christian Hullmann ist Anwalt bei K & L Gates. Die Fragen stellte Walther Becker.