Recht und Kapitalmarkt

Spacs in Deutschland gelandet

Risiko für Investoren in die Akquisitionsvehikel überschaubar - Gestaltungsspielraum ausländischer Rechtsordnungen nutzbar machen

Spacs in Deutschland gelandet

Von Hanno Sperlich und Daniel Weyde*)Mit Helikos SE gelang im Februar 2010 erstmals einem Spac – die Abkürzung steht für “Special Purpose Acquisition Company” – der Gang an den regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse. Spacs sind reine Akquisitionsvehikel ohne eigenes operatives Geschäft. Ihr Zweck besteht darin, mit den Erlösen aus ihrem Börsengang ein oder mehrere Unternehmen zu erwerben. Eine solche Akquisition muss allerdings innerhalb einer festgelegten Frist – in der Regel zwischen 18 und 24 Monaten – gelingen. Andernfalls wird das Spac liquidiert, und die Mittel aus dem Börsengang werden an die Investoren ausgeschüttet. Bis es eine Unternehmensakquisition gibt, wird der wesentliche Teil des Emissionserlöses auf einem Treuhandkonto oder in einem Trust verzinslich geparkt. BlackboxZwar wissen bei Spacs die Investoren bei ihrer Anlageentscheidung noch nicht, an welchen Unternehmen sich ihr Spac konkret beteiligen will, jedoch geben sich Spacs regelmäßig eine bestimmte Zielrichtung vor, etwa Unternehmen einer bestimmten geografischen Region und/oder bestimmter Industrien oder Branchen. Das Akquisitionsinteresse von Helikos ist beispielsweise auf führende Unternehmen des deutschen Mittelstands mit einem Unternehmenswert zwischen 300 Mill. und 1 Mrd. Euro gerichtet.Aus Sicht der Anleger ist ein Investment in einen Spac vor allem mit der Frage verbunden, ob es dessen Management gelingt, eine oder mehrere geeignete Zielgesellschaften zu identifizieren und zu attraktiven Bedingungen zu kaufen. Daher stellen die hinter dem Spac stehenden Sponsoren und das Management des Spac neben der Akquisitionsstrategie die wesentlichen Faktoren für die Anlageentscheidung der Investoren dar. Das Risiko für die Investoren bleibt überschaubar, weil sie – gibt es keine Unternehmensakquisition innerhalb der Frist – den auf sie entfallenden Anteil am Treuhandkonto oder Trust, inklusive Verzinsung, zurückerhalten.Außerdem liegt bei einem Spac die Entscheidung über einen Unternehmenserwerb bei den Anlegern selbst. Nur wenn die Mehrheit der stimmberechtigten Spac-Aktionäre der Akquisition zustimmt, kann diese durchgeführt werden. Ist das der Fall, kann die Minderheit der Aktionäre, die gegen den Erwerb gestimmt hat, verlangen, ihren jeweiligen Anteil am Treuhandkonto ausgezahlt zu bekommen. Überschreitet deren Anzahl jedoch eine gewisse Schwelle, könnten die Mittel auf dem Treuhandkonto nicht mehr ausreichen, um den Unternehmenserwerb durchzuführen. Daher sollte man eine Höchstgrenze für die Anzahl der ablehnenden Aktionäre festlegen, die ihr Auszahlungsrecht ausüben wollen.Gelingt dem Spac ein Unternehmenserwerb, werden Sponsoren und Management – in der Regel in einer Höhe von etwa 20 bis 25 % des Grundkapitals vor Akquisition – am Unternehmen beteiligt. Denn als Incentive können sie dann ihr Gründungsinvestment über den Hebel von Aktienoptionen und umwandelbaren Gründeraktien in fungible börsennotierte Spac-Aktien tauschen.Sponsoren und Management haben daher ein eigenes wirtschaftliches Interesse daran, dass das Spac eine Unternehmensakquisition durchführt. Jedoch sind die von Sponsoren und Management gehaltenen Gründeraktien des Spac bei der Entscheidung über eine vom Management vorgeschlagene Unternehmensakquisition nicht stimmberechtigt. Bedenken, das Management könne einseitig oder voreilig eine Unternehmensakquisition anstreben, lassen sich darüber hinaus durch Regelungen für die Umwandlung des Gründungsinvestments begegnen. Etwa dadurch, dass nicht das gesamte Investment sofort nach erfolgter Akquisition umgewandelt werden kann, sondern nur teilweise und im Übrigen erfolgsabhängig. So könnte – wie im Falle von Helikos geschehen – die Umwandlung des überwiegenden Teils der Gründeraktien erst dann zulässig sein, wenn bestimmte festgelegte Kursziele für die Spac-Aktien erreicht werden und damit auch die Anleger einen Wertzuwachs ihrer Aktien verbuchen.Aus Sicht von potenziellen Zielgesellschaften und deren Eigentümern bietet ein Spac die Möglichkeit, in einen bestehenden Börsenmantel zu schlüpfen und so die mit einem Börsengang verbundenen Kosten zu vermeiden. Für die Zielgesellschaft, potenzielle Investoren wie auch Sponsoren gleichermaßen von Bedeutung ist, ob das Spac neben der Notierung an einem liquiden Markt auch im Hinblick auf Corporate Governance, Unternehmenssitz und Rechtsform eine attraktive Option darstellt. Der Wahl deutschen Gesellschaftsrechts oder der Rechtsform einer deutschen Aktiengesellschaft stehen allerdings unüberwindbar scheinende rechtliche und praktische Hindernisse entgegen. Um eine möglichst strukturtypische Gestaltung eines Spac zu bewerkstelligen, muss man daher den Gestaltungsspielraum ausländischer Rechtsordnungen nutzen.Im Fall von Germany 1 Acquisition Ltd., einem seit 2008 an der Nyse Euronext Amsterdam notierten Spac, wurde beispielsweise als Firmensitz die außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs des EU-Rechts liegende Kanalinsel Guernsey gewählt. Helikos ist demgegenüber in Luxemburg ansässig. Bei der Strukturierung eines Spac empfiehlt sich grundsätzlich, über den Börsengang hinaus auch an die angestrebte Akquisition sowie die Post-Akquisitions-Struktur des Unternehmens zu denken. Die Wahl eines Standortes innerhalb der EU kann dabei viele Vorteile bieten. Wird zugleich – wie im Falle von Helikos – die europäische Rechtsform der SE (Societas Europaea) gewählt, ist eine vergleichsweise unkomplizierte Sitzverlegung nach Deutschland möglich. Steuerliche ÜberlegungenDie Wahl des Standortes eines Spac wird nicht zuletzt auch von steuerlichen Überlegungen bestimmt. Auf den ersten Blick scheint die Wahl eines Standorts in einer Steueroase attraktiv, da die Zinsen aus dem Emissionserlös dann gänzlich steuerfrei sind. Und auch Leistungen, die ein Spac im Zusammenhang mit dem Börsengang von Dienstleistern aus der EU bezieht, wären typischerweise nicht umsatzsteuerbar. Auf den zweiten Blick zeigt sich aber, dass die Vorteile, in der EU ansässig zu sein, die Vorteile einer Steueroase überwiegen. Zum einen wird die Anlage von Geldern in Steueroasen vom Fiskus zunehmend kritisch gesehen – siehe nicht zuletzt das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz. Zum anderen kann das Spac steuergünstig liquidiert werden und die Mittel aus dem Börsengang können steuerneutral an die Investoren zurückgewährt werden, falls eine Akquisition nicht gelingen sollte. Für bestimmte Anlegergruppen, insbesondere für Privatanleger, wäre es fatal, wenn die Ausschüttung des Emissionserlöses nicht als steuerneutrale Einlagenrückgewähr behandelt werden könnte, sondern als Dividende versteuert werden müsste. Umzug nach EuropaSpätestens wenn es zu einer Akquisition kommt, ist der Umzug nach Europa praktisch zwingend. Die Ausschüttung von Dividenden an eine außerhalb Europas ansässige Gesellschaft wäre mit Quellensteuer belastet, die für die Investoren verloren ist. Bei einer Ausschüttung aus Deutschland an eine Steueroasen-Gesellschaft betrüge diese Quellensteuer bis zu 26 %. Bei Ausschüttungen innerhalb Europas entfällt diese Belastung vollständig.Ein wesentlicher Vorteil von Spacs besteht darin, dass sie den Verkäufern von Unternehmen neben einem baren Kaufpreis auch Anteile an einer börsennotierten Gesellschaft als Akquisitionswährung anbieten können. Insbesondere für Inhaber deutscher mittelständischer Unternehmen stellt dies eine attraktive Akquisitionswährung dar, wenn insoweit die steuerpflichtige Realisierung stiller Reserven vermieden werden kann. Ein solcher steuerfreier Anteilstausch ist jedoch nur möglich, wenn dem Veräußerer Anteile an einer nach dem Recht eines EU- oder EWR-Staates gegründeten Gesellschaft oder einer SE angeboten werden können. Bei entsprechender Strukturierung können Spacs daher für Anleger wie für mittelständische Unternehmen eine attraktive Option darstellen.—-*) Hanno Sperlich und Dr. Daniel Weyde sind Partner im Frankfurter Büro der Anwaltssozietät Cleary Gottlieb Steen & Hamilton.